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WINTERHAUSEN
Wandern auf Mondweg und Muschelkalkweg
Winterhäuser Mond- und Muschelkalkweg: Auf diesen spirituellen Wanderungen kann man die Landschaft neu entdecken, Skulpturen auf sich wirken lassen - und zur Ruhe kommen.
Regt zum Nachdenken an: Inschrift auf einem Stein entlang des Muschelkalkwegs bei Winterhausen.
| Regt zum Nachdenken an: Inschrift auf einem Stein entlang des Muschelkalkwegs bei Winterhausen.
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:14 Uhr
„Ich hatte schon viele schöne Begegnungen auf den beiden Wegen.“
Paul Lorenz Kraus,T Mitinitiator des Mondweges

Wer Urlaub hat, möchte oft einmal abschalten, den Kopf frei kriegen von den Gedanken, die uns im Alltag im Griff haben. Dass man dafür nicht unbedingt in die Ferne reisen muss, zeigen zwei Wanderwege bei Winterhausen – unser Tipp für Daheim-Urlauber. Wer sich einen halben bis einen Tag Zeit nimmt, kann auf dem Mond- und dem Muschelkalkweg die Landschaft neu entdecken, Skulpturen auf sich wirken lassen und spirituelle Anregungen mitnehmen.

Der Mondweg oberhalb Winterhausens gilt als ein Markenzeichen im südlichen Landkreis Würzburgs. Im Sommer 2005 eingeweiht, besticht durch seine zwölf Skulpturen, die sich alle um das Thema „Mond“ drehen: von der ersten, der „Porta Luna“, die den Weg eröffnet, über den „Mann im Mond“ bis hin zur „Mondguckerin“, die – die Arme über den Knien verschränkt – neben einer Bank sitzt, von der man einen herrlichen Blick ins Maintal über Sommerhausen und die Weinberge hat.

Ihr Erschaffer, Hans-Gerd Böhmer, hatte zu seiner Figur folgende Gedanken: „Vielleicht erzählt der Mondguckerin mancher ein Geheimnis, und sicher erlebt sie einiges mit. (…) vielleicht wird sie ein wenig schmunzeln, aber sie wird alle Geheimnisse für sich behalten.“ Anhand eines Flyers, in dem die Assoziationen der Künstler zu ihrem jeweiligen Werk festgehalten sind, kann jeder Wanderer den etwa fünf Kilometer langen Mondweg für sich erleben und sich von den Figuren inspirieren lassen.

Der Mondweg als Lebensweg

Die Entstehungsgeschichte der Skulpturen begann 2003 in der Toskana, bei einem Steinbildhauerkurs mit dem Winterhäuser Bildhauer Thomas Reuter. Auch Paul Lorenz Kraus, Mitinitiator des Mondweges und aktives Mitglied des Bund Naturschutz, gehörte zu den Teilnehmern. „Wieder zurück in der Heimat, entstand in der Gruppe der Wunsch, mal etwas 'Großes‘ zu machen“, erinnert er sich. Dazu kam die Idee, entlang der vom Bund Naturschutz und der Gemeinde Winterhausen ausgewiesenen Wanderwege Muschelkalk-Skulpturen aufzustellen. Auf Kraus‘ Anfrage an die Gemeinde hin erhielten die Freizeitbildhauer den "Fröhlichschacht“ zwischen Heidingsfeld und Winterhausen für ihr Tun.

Als übergeordnetes Motiv für die Skulpturen wählte man den Mond, die Steine besorgte sich die Gruppe aus den Resten der gesprengten Autobahnbrücke über den Main bei Dettelbach. „Der Gemeinderat, der von unseren Plänen erfuhr, beschloss, dass der südliche Wanderweg 'Mondweg‘ heißen soll – auch weil das Wappen von Winterhausen den Mond enthält –, und der nördliche 'Muschelkalkweg‘“, so Kraus.

Für ihn hat der Mondweg auch eine spirituelle Dimension: „Man kann ihn als eine Art Lebensweg sehen, beginnend von der Geburt an.“ Auf diese Weise würde die Strecke zu einem Gleichnis für das eigene Leben: mit Irrungen und Umwegen, und einem Halt in einem Steinbruch, bei dem man sich wieder neu orientieren kann. Zum Steinbruch, dem Zentrum des Mondwegs, führt auch ein Pfad von Winterhausen nach Goßmannsdorf: der Steinhauerweg – eine kurze und steile Wanderung, die etwa eine halbe Stunde dauert und auch über Treppen führt.

Wo Mond- und Steinhauerweg zusammentreffen, findet sich auch das so genannte Russengrab, ein Ort mit Geschichte: Im April 1945 sollen sich dort Zwangsarbeiter auf ihrer Flucht in die Kantine des Steinbruchs zurückgezogen haben. Nachdem einige Goßmannsdorfer einen Schuss gehört hatten, fanden sie einen Arbeiter namens Abas Shagbanov tot in der Kantine. Sie begruben ihn, ein Birkenholzkreuz zeugte bis 1953 vom Grab, dann wurden die sterblichen Überreste auf dem Hammelburger Soldatenfriedhof beerdigt. Dies veranlasste Paul Lorenz Kraus dazu, aktiv zu werden: „Mir fiel auf, dass, im Gegensatz zu den gefallenen deutschen Soldaten, den Zwangsarbeitern sehr wenig gedacht wird.“ So entstand die Idee, auf einen heimischen Muschelkalkfindling einen Kopf aus Marmor – wie es ihn auch in Weißrussland und den baltischen Staaten gibt –, zu setzen. „Den Kopf hat meine Tochter gemacht, die Inschriften im Muschelkalk stammen von mir“, so Kraus.

„Gehe bis ans Ende Deiner Träume

Inschriften auf Muschelkalksteinen sind auch das Markenzeichen des Muschelkalkweges, der mit acht Kilometern Länge eine Art großer Bruder des auf der anderen Talseite verlaufenden Mondwegs ist. Für den Wanderer kann der Muschelkalkweg zum Besinnungsweg werden: Er lädt an idyllischen Plätzen dazu ein, auf Ruhebänken aus großen Steinblöcken und Holzlatten eine Pause zu machen und die Zitate auf sich wirken zu lassen, die in roter Farbe auf Muschelkalksteinen entlang des Weges zu finden sind. „Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis“, erinnert da Goethe; „Nie ist zu wenig, was genügt“, meint Seneca, und die Frage „Wo gehen wir hin?“ beantwortet Novalis mit „Immer nach Hause!“.

Auch bei den Zitaten hat Paul Lorenz Kraus seine Hände im Spiel. Der Winterhäuser kümmert sich um die Ausgestaltung der Wanderwege und kommt dabei auf immer wieder neue Ideen. „Ich sammle Sprüche“, sagt der passionierte Freizeitbildhauer. „Irgendwann treffe ich dann auf einen Stein, bei dem ich weiß: Da passt der Spruch.

“ Und auch nach getaner Arbeit wirken die Zitate, die sich nicht immer sofort erschließen und Spielraum für Interpretationen lassen, nach: „Die Sätze bleiben bei mir, ich begegne ihnen immer wieder.“ Die Steinblöcke, auf die Kraus bei seinen Streifzügen durch die Natur stößt, sind oft Schwergewichte. Um sie an ihren jeweiligen Bestimmungsort zu bringen, wird ein Baggerfahrer benötigt. Für diese Dienste kommt die Gemeinde Winterhausen auf. „Wir haben einen Bürgermeister, der mich unterstützt und schaffen lässt“, betont Kraus.

„Gehe bis ans Ende Deiner Träume“, diesen Spruch hat Kraus in diesem Jahr auf einem Stein verewigt. Zu seinen Träumen gehört sicherlich, die Landschaft um ihn herum zu gestalten: „Ich bin immer wieder stundenlang draußen und klopfe Inschriften.“ Er möchte die Menschen durch seine Werke anregen, während einer Wanderung innezuhalten und mit anderen ins Gespräch zu kommen. „Ich hatte schon viele schöne Begegnungen auf den beiden Wegen.

“ Sein neuestes Werk hat mit der Begegnung zweier Engel zu tun: In Anlehnung an Paul Klees Engel schmücken zwei freundlich dreinblickende Exemplare in rot und gelb einen weiteren Stein entlang des Muschelkalkwegs.

Mond- und Muschelkalkweg

Beide Wege sind Rundwege. Zur Orientierung während der Wanderung: Das Symbol für den Muschelkalkweg ist ein Meißel mit einem Hammer, das für den Mondweg ein Mond mit einer Weintraube. Parkmöglichkeit fürs Auto zum Beispiel am Bürgerhaus Winterhausen. Ein Flyer, der die Figuren des Mondwegs erläutert, ist unter anderem in der Tourist-Information Ochsenfurt, dem Rathaus Winterhausen und einem Kasten an der Landkarte von Winterhausen (vor dem Raiffeisen-Parkplatz) erhältlich. Muschelkalkweg: etwa acht Kilometer Länge; Laufzeit circa drei Stunden; Start in der Fuchsstadter Straße in Winterhausen – am Ortsende beim letzten Haus links gibt es einen Parkplatz, dort beginnt der Muschelkalkweg.

Mondweg: etwa fünf Kilometer Länge; reine Laufzeit circa eineinhalb Stunden, mit Führung zweieinhalb bis drei Stunden. Beginn: etwa 200 Meter vor dem Muschelkalkweg – an der Fuchsstadter Straße, nach der Bahnunterführung links. Text: cat

Die Skulptur „Mondguckerin“ von Hans-Gerd Böhmer – auf dem Winterhäuser Mondweg.
Foto: Paullo Kraus | Die Skulptur „Mondguckerin“ von Hans-Gerd Böhmer – auf dem Winterhäuser Mondweg.
Das neueste Werk von Freizeitbildhauer Paul Lorenz Kraus auf dem Winterhäuser Muschelkalkweg: „Begegnung der Engel“ – in Anlehnung an die Engel des Malers Paul Klee.
Foto: Paullo Kraus | Das neueste Werk von Freizeitbildhauer Paul Lorenz Kraus auf dem Winterhäuser Muschelkalkweg: „Begegnung der Engel“ – in Anlehnung an die Engel des Malers Paul Klee.
Geschichtsträchtiger Ort: der Steinbruch entlang des Muschelkalkwegs – hier die Kantine.
| Geschichtsträchtiger Ort: der Steinbruch entlang des Muschelkalkwegs – hier die Kantine.
 
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  • A. H.
    Da können sich die Sommerhäuser gegenüber eine Scheibe abschneiden; alles was die auf ihren Höhen außer dem Wildpark noch zu bieten haben sind ein paar mittlerweile von den Reitern zertretene Pfade, da kannste Dir die Füß brech.... geradezu erbärmlich!
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