"Also, das kann ich mir nicht vorstellen, wie soll denn ein Waldkindergarten funktionieren?" – "Das klappt bestimmt, ich bin schon jetzt begeistert." So in etwa waren die Reaktionen von Herta und Theo Salvasohn, als ihnen ihr Sohn Frank zum ersten Mal die Idee des Waldkindergartens Gerbrunn vorgestellt hatte. Der Vater war fasziniert, die Mutter skeptisch. Aber nur, bis sie zum ersten Mal ihren Enkel aus dem Waldkindergarten abholte.
"Diese leuchtenden Kinderaugen, das Lachen, das ganze Glück – das hat mich überzeugt", sagt Herta. Ihren Sohn ohnehin, und der war eine der treibenden Kräfte hinter dem AWO-Waldkindergarten "Eulennest" in Gerbrunn. Der eingruppige Kindergarten mit 20 Kindern und vier Erzieherinnen und Erziehern ist schon seit gut zwei Jahren in Betrieb, aber erst jetzt holten das Personal, der Elternbeirat sowie Jutta Kahl und Julia Belov vom Förderverein mitsamt Mitgliedern und der Kinder das wegen Corona ausgefallene Eröffnungsfest nach.
Grundlegend unterscheidet sich ein Wald- von einem Regelkindergarten darin, dass sich in einem Waldkindergarten so gut wie alles im Wald abspielt, zu jeder Jahreszeit. Nur bei zu viel Kälte oder Regen sind die Kinder und das Personal im von der Gemeinde aufgestellten Schutzhaus, bei extremem Wetter weichen alle aus in einen Raum in der Mehrzweckhalle.
Kinder unbeobachtet im Wald unterwegs
Auffällig war beim Sommerfest die entspannte Stimmung, sowohl bei den Kindern als auch bei den Eltern. Da wurde keine Mutter nervös, weil der Nachwuchs unbeobachtet im benachbarten Waldstück unterwegs war, da wurde kein Kind davon abgehalten, auf einem langen und zugegeben schmalen Bäumchen zu balancieren, und da waren keine Eltern damit beschäftigt, die Kinder zu ermahnen, dieses oder jenes gefälligst zu lassen.
Während andere Eltern Schnappatmung bekommen, wenn sich ein Vierjähriger an einem Seil festhält und einen kurzen, aber steilen Abstieg wählt, lassen sich beim Eröffnungsfest die Erwachsenen vom Vierjährigen genau erklären, dass das Ganze nach Regen oder Schnee noch viel mehr Spaß macht.
Greifvögel und Eulen als heimliche Stars
Heimlicher Star des Festes waren der Falkner Harald Dellert und Sibylle Schneider von der Auffang- und Pflegestation für verletzte Greifvögel und Eulen. Ihre Präparate von Eulen und Käuzen waren allein schon der Hingucker, übertroffen nur von den mitgebrachten echten Greifvögeln: ein Sperlingskauz (einer der kleinsten Käuze Europas), eine Zwergohreule, einen Steinkauz und eine Schleiereule (die Gesichtsform ähnelt einem Herz).
Dellert übrigens ist "Schuld" daran, dass der Waldkindergarten "Eulennest" heißt. Vor zwei Jahren hatten die Kinder im Wald eine verletzte kleine Eule gefunden und in die Auffangstation nach Oberdürrbach bringen lassen. Dellert hatte den Vogel aufgepäppelt und den Kindergarten nunmehr zum dritten Mal mit einigen seiner Vögel besucht. Er und Schneider wechselten sich bei der Vogelvorstellung ab, später durften die Kinder den Sperlingskauz und die Eltern die Schleiereule auf die Hand nehmen.
Eine weitere Aktion war ein vom Personal für alle erstelltes Kreuzworträtsel. Der Erste Preis war ein Spiel rund um die Natur, der zweite Preis ein Kartenset, um Wildtiere zu bestimmen, der dritte Preis ein Schaum-Waldbad. Ein Waldbad genießen die Kinder ohnehin fünfmal die Woche, dafür stehen ihn gut 2.000 Quadratmeter Wald zur Verfügung. Da brauchen sie kein Lego und keinen Fußball, das vermissen sie im bis 2025 ausgebuchten Waldkindergarten nicht.