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WÜRZBURG
Vor fünf Jahren: Bahnhofs-Arcaden abgelehnt
„Wir pfeifen auf die Arcaden“: Würzburger Geschäftsleute und ihre Angestellten demonstrierten im Juli 2006 lautstark gegen die geplante Konkurrenz am Hauptbahnhof.
Foto: ThereSA Müller | „Wir pfeifen auf die Arcaden“: Würzburger Geschäftsleute und ihre Angestellten demonstrierten im Juli 2006 lautstark gegen die geplante Konkurrenz am Hauptbahnhof.
Von unserem Redaktionsmitglied Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 02.12.2011 17:05 Uhr

Der Untergang Würzburgs schien zu drohen, als die Bürgerinnen und Bürger der am 3. Dezember 2006 aufgerufen wurden, über das mfi-Einkaufszentrum am Bahnhof abzustimmen. Die Gegner des Shoppingcenters malten den Tod der Innenstadt, der Bahnhofsquellen und des Ringparks an die Wand. Für die Befürworter konnte nur ein Einkaufszentrum den Abstieg Würzburgs auf Provinzniveau verhindern und für einen neuen Bus- und Hauptbahnhof sorgen.

Auf der einen Seite kämpften der Investor, die Essener mfi-AG, die Stadtverwaltung mit Oberbürgermeisterin Pia Beckmann und SPD- und CSU-Fraktion für das 250 Millionen Euro teure Gesamtpaket. Auf der anderen Seite versuchten die Bürgerinitiative „Ringpark in Gefahr“, der Einzelhandelsverband und die kleinen Fraktionen im Stadtrat, die Arcaden zu verhindern.

Nach monatelangem Streit, Debatten und einer Werbeschlacht entschied schließlich eine dünne Mehrheit: 20 995 gegen 20 010 Würzburger lehnten die Arcaden nebst neuen Bahnhof ab.

Die Stadt ist nicht untergegangen, aber wo steht sie fünf Jahre nach dem Bürgerentscheid?

Unstrittig ist, dass Würzburg auch in den letzten fünf Jahren an Umsatz und Verkaufsfläche verloren hat. Strittig sind die Rezepte, mit denen man die Innenstadt attraktiver machen will.

Volker Wedde, Bezirksgeschäftsführer des Handelsverbandes Bayern (HBE), wünscht sich eine 13.500 bis 14.500 Quadratmeter große Einkaufsgalerie auf dem Areal von Mozartschule und Kardinal-Faulhaber-Platz als innenstadtintegrierten Standort – wie es der Stadtrat beschlossen hat. „Würzburg verträgt durchaus größere Flächen am richtigen Standort direkt in der Innenstadt, aber keine massiven Einkaufskomplexe an Bahnhof, WVV-Areal oder Stadtrand.“

„Wenn man sich die Gutachten anschaut, hat Würzburg zuletzt weiter an Umsatz und Verkaufsfläche verloren.“

Volker Wedde Bezirksgeschäftsführer Handelsverband Bayern

Einzelhandel auf dem Mozart-Faulhaber-Gelände will auch Oberbürgermeister Georg Rosenthal. Allerdings nicht große Flächen, sondern viel Qualität. Die Innenstadt stünde schon heute durch zusätzliche, qualitätsvolle Geschäfte, wie zum Beispiel die neuen von s.Oliver, besser da als vor fünf Jahren. Rosenthal: „Würzburg hat noch weiteren Bedarf im gehobenen Bereich.“

Aber nicht nur schöne Läden sollen die Innenstadt attraktiver machen. Möglichst schnell will der OB Teile von Hof-, Theater-, Spiegel- und Eichhornstraße verkehrsberuhigen, Kaiserstraße und oberen Markt umgestalten. „Alles Investitionen in die Aufenthaltsqualität der Innenstadt.“ Das nach dem Arcaden-Aus vom Stadtrat beschlossene Einkaufszentrum hält die Rathausspitze dagegen nicht mehr für attraktivitätssteigernd. Von dem vom Stadtrat vor vier Jahren beschlossenen Einkaufszentrum auf dem Mozart-Areal ist man ohnehin weit entfernt.

Auch die Schweinfurter Stadtgalerie setzt Würzburg nicht so sehr unter Zugzwang wie befürchtet. In dem im Februar 2008 eröffneten, 22 500 Quadratmeter großen Einkaufszentrum sehen die Würzburger keine große Konkurrenz. Schweinfurt hat es Umsatzzuwächse gebracht – allerdings auf Kosten der Innenstadt.

In Würzburg setzt man jetzt auf das HypoVereinsbank-Gebäude in der Eichhornstraße. Durch die dort geplanten 7000 Quadratmeter Einzelhandel sei auf dem MOZ-Areal weniger nötig – viele planen nur noch auf dem Faulhaber-Platz. Doch Wunschkandidaten, wie das Modehaus Breuninger, sind mit dieser Planung nicht so einfach zu locken. Wie diese Zeitung erfuhr, hat Breuninger weder an Faulhaber- noch an Hypovereinsbank-Gelände Interesse.

Auch der einstige Arcaden-Befürworter Christian Baumgart hält große Einkaufsflächen heute nicht mehr für die richtige Lösung: „Es scheint sich allmählich auch durchaus ein Wandel in den Zuschnitten des großflächigen Einzelhandels abzuzeichnen.

„Wir möchten in Würzburg nach wie vor ein Einkaufszentrum mit 20 000 Quadratmetern verwirklichen.“

Klaus Martin Callhoff mfi-AG Essen Leiter Projektentwicklung

Auch die großen Investoren und Projektentwickler beschäftigen sich zunehmend mit kleineren Einkaufszentren.“ In kleinen Großstädten wie Würzburg ginge der Trend zu „möglichst innenstadtnahen, individuelleren und überschaubareren Einkaufsgalerien“.

Laut Klaus Martin Callhoff, Leiter der Projektentwicklung, der Essener mfi-AG stimmt das so nicht ganz. „Heute werden Shopping-Center anspruchsvoller gestaltet als noch vor fünf Jahren“, bestätigt Callhoff zwar den Trend zu aufwendigeren Einkaufsgalerien. Doch kleiner würden die mit Innenhöfen und -fassaden ausgestatteten Centers deswegen nicht. „Verschiedene Untersuchungen belegen, dass kleine Shopping-Center ein hohes Risiko des Scheiterns tragen“, sagt der mfi-Manager.

„Wir möchten in Würzburg nach wie vor ein Einkaufszentrum mit 20 000 Quadratmetern verwirklichen“, sagt Callhoff. Die mfi hat in das Post-Areal nach eigenen Angaben für 20 Millionen Euro gekauft und wartet seit dem Arcaden-Bürgerentscheid auf eine zweite Chance zur Verwertung. Laut Callhoff würde man gerne mit der Stadt gemeinsam ein Konzept für die brachliegende Fläche entwickeln.

Nach Informationen dieser Zeitung konnten sich verschiedene Stadtratsfraktionen in jüngster Zeit für eine neue Idee erwärmen: Durch den Tausch der Grundstücke könnte das WVV-Gelände in der Bahnhofstraße Standort von mfi-Arcaden werden. Im jüngsten Einzelhandelsgutachten lehnt die Verwaltung diese Möglichkeit allerdings deutlich ab.

 
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  • hannes.sazyma@arcor.de
    Danke, für das sinnlose Verhindern und Danke dafür, dass der Ringpark davor geschützt wurde, am jetzigen Busbahnhof geschlossen zu werden. Leider haben sich zu viele von diesem unsäglichen Namen der BI blenden lassen und sind zudem der Panikmache des Einzelhandelsverbandes auf den Leim gegangen.
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  • Für die Befürworter konnte nur ein Einkaufszentrum den Abstieg Würzburgs auf Provinzniveau verhindern

    Ähhm, verhindern ist zu leider viel zu spät, Würzburg ist voll auf Provinzniveau...
    Besser wäre der Satz: "Für die Befürworter könnte nur ein Einkaufszentrum Würzburg aus dem tiefen Provinzsumpf retten..."
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  • wolfgang.stimmler@mail.de
    war in Würzburg nach der Ablehnung des Bahnhofsumbaus lange Zeit Stillstand angesagt. Am Bahnhof tut sich nun laaangssaaam was. In Sachen Einkaufszentrum (wo auch immer) ging gar nichts voran. Vielleicht ist es auch gut so. Zwar zeigen andere Städte, dass die Innenstadt wegen ei ner Shoppingmall keineswegs ausbluten muss. Das sind dann aber Städte, bei denen das Einkaufszentrum als Ergänzung zu einer lebendigen Stadt dient.In Würzburg kann man nicht von einer lebendigen Innenstadt sprechen. Die einzige Änderung der letzten 5 Jahre sind noch mehr amerikanische Klamottenläden. Egal, Schweinfurt ist nicht weit weg und wenn man unbedingt Wert darauf legt, dass das Einkaufserlebnis Arcadenshopping heißt, ist Erlangen auch keine Weltreise.
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  • Egal, Schweinfurt ist nicht weit weg

    Richtig!
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