Fast 500 Jahre sind es her, dass sich im Taubertal die Bevölkerung gegen ihre Obrigkeit erhob. Bauern auf dem Land und Bürger in den Städten forderten Ermäßigung der Steuern, politische Mitbestimmung und freie Predigt des Evangeliums.
Röttingen, im Mittelalter stark ummauert und mit 14 Türmen gesichert, gehörte seit 1345 zum Hochstift Würzburg, dem weltlichen Herrschaftsbereich der Würzburger Fürstbischöfe. Als in der Rothenburger Landwehr, dem Territorium der benachbarten Reichsstadt, die Bauern rebellierten und zum Sturm auf Klöster, Stifte und Burgen aufriefen, verschlossen sich Rat und Gemeinde in Röttingen nicht lange deren Forderungen. Die durch Weinbau und Getreidehandel reiche Stadt mit der Ritterburg Brattenstein schien für den von Rothenburg anrückenden sogenannten Schwarzen Haufen ein geeigneter Sammelplatz zu sein.
Am 6. April 1525 teilte der Röttinger Amtmann Hans von Rosenberg dem Bischof mit, die Röttinger Einwohner hätten ihm wohl Treue und Solidarität geschworen, sich jetzt aber in Massen den Aufständischen angeschlossen. Es sei zu befürchten, dass nun auch die Dörfer im Amt abfallen. Der Landesherr Konrad von Thüngen antwortete von Würzburg aus den Bürgern. Er habe ihnen feste Mauer und bereits vor Jahren genug Pulver, Gewehre, kleine und große Geschütze, zudem genügend Pferde zukommen lassen. Sie sollten die Stadt halten und sich wie ihre Vorfahren als treue Untertanen erweisen.
Viele Röttinger liefen zu den Aufständischen über
Der Chronist Lorenz Fries bemerkt, dass einige Röttinger ihre Pflicht gegen den Landesherrn erfüllen wollten, der größere Teil aber zu den Aufständischen überlief. Sie glaubten, unter christlichem Vorzeichen nun eine glänzende Freiheit zu erreichen. Ein besonderer Aufrührer in Röttingen sei der geschwätzige Wilhelm Reichart gewesen, der sogar in den Bauernrat, das Führungsgremium der Aufständischen, aufgenommen wurde.
Die Bauern forderten Bürgermeister und Gemeinde auf, die Stadttore zu öffnen. Die Stadt wiederum beauftragte sechs Mann, um mit den Bauern zu verhandeln: diese sollten an Röttingen vorbeiziehen. Das wurde abgelehnt. Von der Burg Reichelsberg aus, wo bischöfliche Reiterei lag, sagten Silvester von Schaumberg und der bischöfliche Marschall den Röttinger Bürgern Unterstützung zu. Sie würden Kriegsknechte zu Fuß, mit Geschützen und Spießen bewaffnet, zur Hilfe schicken. Die Röttinger wollten jedoch nicht weiter abwarten. Am Mittwoch, den 19. April 1525, ließen sie die Bauern in die Stadt.
Hier warben diese erfolgreich unzufriedene Leute – Gesellen, Knechte, Handwerker, Arbeitslose – für ihren Feldzug an. Der Zulauf war beträchtlich. Waffen und Pferde wurden gesammelt sowie Beute versprochen. Laut dem Chronisten Peter Harler gelang es den Rebellen, drei sogenannte Fähnlein, insgesamt circa 1200 bis 1500 Mann stark, hier zusammenzuziehen und auszurüsten.
Am Freitag zogen diese früh morgens los nach Bütthard, wo ihre Vorhut vor dem Ort plötzlich auf 130 Reiter des Bischofs stieß. Diese waren offensichtlich rechtzeitig gewarnt worden, attackierten die Bauern und erstachen einige. Als das Hauptkontingent nachrückte, setzten sich die Reiter ohne Verluste nach Würzburg ab.
Verteidiger der Burg Reichelsberg
Der Marschall Heinz Truchsess und Silvester von Schaumberg warnten ihren Landesherrn in Würzburg, es seien nur 30 Verteidiger auf der Burg Reichelsberg. Diese wankten bereits. Sie benötigten dringend eine Verstärkung um 100 Mann. Zudem wisse man nicht, wie sich Aub verhalten würde. Der Bischof vermochte jedoch nur 12 Fußknechte mit Geschützen und Spießen zu schicken. Er forderte dazu auf, das Bauernlager anzugreifen und zu beschießen.
Die Aufständischen nahmen Bütthard ein, plünderten die Burg und steckten sie in Brand. Dann zog der Haufen weiter nach Aub, wo man außerhalb der Stadt das Lager aufschlug. Von dort aus eroberte man am 22. April 1525, dem Samstag nach Ostern, die Burg Reichelsberg, räumte sie aus und brannte sie ebenfalls nieder. Der Würzburger Amtmann Georg von Rosenberg hatte sich rechtzeitig abgesetzt. Er ließ sich später im Auber Schloss nieder.
Der Bischof nahm Rache
Am Montag brach man auf zum großen Sammelplatz Ochsenfurt, der Stadt des Würzburger Domkapitels. Hier war reiche Beute zu erwarten. Strategisches Ziel nach der Einnahme des Landes und der Plünderung der Burgen und Klöster blieb die Eroberung der Marienburg, festummauerter Sitz des bischöflichen Landesherrn.
Als nach den beiden vernichtenden Niederlagen der Bauernheere in Königshofen an der Tauber und in Ingolstadt im Gäu der Bischof im Umritt die Bürger seiner Städte aufsuchte, Gericht hielt und die Untertaneneide erneuern ließ, kam er am 19. Juli 1525 nach Röttingen. Jeder Haushalt hatte 4 Goldgulden Schadensersatz zu leisten. Vier Personen - Hans Straub, Stefan Clemens, Christoph Hofmann und Conrad Meuschel - wurden hingerichtet, Wilhelm Reichart, der Röttinger Vertreter im Bauernrat, war bereits bei den Strafaktionen in Heidingsfeld Anfang Juni 1525 erstochen worden.
Text: Ulrich Wagner
Der Autor war langjähriger Leiter des Würzburger Stadtarchivs