Auch ein Jahr nach dem tödlichen Flugzeugabsturz von McFit-Gründer Rainer Schaller ist in seinem Heimatort Schlüsselfeld die Bestürzung über das Unglück zu spüren. Indes verändert Schallers Schicksal den 6000-Einwohner-Ort im Kreis Bamberg zumindest am Rande, während einige Fragen bis heute unbeantwortet sind.
Es ist der 21. Oktober 2022, als Schallers Privatflugzeug vor der Küste von Costa Rica ins Karibische Meer stürzt. Wenige Tage später werden der Leichnam des damals 53-Jährigen sowie der seines Sohnes im Meer gefunden. Ums Leben kommen auch Schallers Lebensgefährtin, deren Tochter, der Pilot sowie ein McFit-Mitarbeiter. Die vier gelten bis heute als vermisst.
Tief erschüttert, unfassbar: Solche Worte machten in den Tagen nach dem Absturz häufig die Runde. Ausgesprochen von McFit-Vertretern, Bürgermeister Johannes Krapp und anderen Menschen, die Schaller gut kannten.
Was Menschen in Schlüsselfeld heute über Schallers Tod sagen
Ein Jahr später ist die Stimmung unverändert. "Unfassbar" - dieses Wort benutzt auch eine Schlüsselfelderin, die zufällig auf dem Friedhof des Ortes anzutreffen ist. "Ich kann es immer noch nicht glauben, dass da eine ganze Familie ausgelöscht worden ist", sagt die grauhaarige Frau.
Eine Bekannte kommt dazu und betont, dass Rainer Schaller nie abgehoben und in Schlüsselfeld "sehr, sehr beliebt" gewesen sei. "Er hat sich immer am Stammtisch dazu gesetzt - immer", ergänzt die Frau. Bescheiden sei Rainer Schaller sowieso gewesen.
Wo Schaller beerdigt ist
Diese Bescheidenheit lässt sich an der letzten Ruhestätte des Unternehmers erkennen. Schaller und sein Sohn wurden in einem gut 130 Jahre alten Familiengrab beigesetzt, in dem auch Schallers Mutter und weitere Verwandte liegen. Auf einer kleinen Steintafel in Form eines Buches stehen auch die Namen seiner verschollenen Lebensgefährtin und deren Tochter. Zu lesen sind nur Namen, Geburts- und Sterbejahre. Wenn man die Stelle nicht kennt, findet man Schallers Grab kaum.
Nichts an der Ruhestätte lässt darauf schließen, dass hier der berühmteste Sohn von Schlüsselfeld und einer der schillerndsten Figuren der fränkischen, ja sogar der deutschen Wirtschaft beerdigt wurde. Bescheidener Blumenschmuck, eine übliche Grabkerze – von Pomp nichts zu sehen. Im Gegenteil: Direkt nebenan rauscht hinter einer hüfthohen Mauer der Autoverkehr in Richtung Geiselwind (Lkr. Kitzingen) vorbei.
Was aus Schallers Edeka-Markt geworden ist
Wie nach Schallers Tod in Schlüsselfeld immer wieder zu hören war, wollte die Familie nie ein Aufsehen machen rund um das Unglück des berühmten Sohnes. Das ist ihr gutes Recht und zu respektieren. Dennoch wundern sich die beiden Damen auf dem Friedhof noch heute, dass von der Beerdigung Schallers im Ort nichts zu erfahren war. "Es haben damals nicht einmal die Kirchenglocken geläutet", erinnert sich die Grauhaarige.
Indes ist der Name Schaller an einer prägnanten Stelle in Schlüsselfeld verschwunden: Der Edeka-Markt am Rande eines Neubaugebiets im Norden des Städtchens ist nach Medienberichten kürzlich von einem Bamberger Kaufmann übernommen worden. Noch vor wenigen Tagen war an der Eingangstür zu lesen: "Inhaber: R. Schaller".
Wo die unternehmerische Keimzelle von Rainer Schaller ist
In der Tat hat der gelernte Kaufmann unter anderem mit seiner 2020 verstorbenen Mutter wesentlich zur Lebensmittelversorgung der Menschen in Schlüsselfeld beigetragen. Denn neben dem Geschäft am Stadtrand gibt es noch heute im Altort einen kleinen Edeka-Laden, der den Schallers einst gehörte.
Dieser Laden war so etwas wie die unternehmerische Keimzelle von Rainer Schaller, bevor er 1997 in Würzburg das erste McFit-Studio eröffnete. Schnell hatte er mit dieser Billigpreis-Idee bundesweiten Erfolg. Später stieg er zudem in die Loveparade ein, weswegen Schallers Name auch mit dem Loveparade-Unglück 2010 in Duisburg mit 21 Toten in Verbindung gebracht wurde.
Heute bündelt sich das weit verzweigte Unternehmenswerk von Schaller in der RSG Group, die in Berlin und Schlüsselfeld ihren Sitz hat. Das nüchterne McFit-Gebäude direkt neben dem Edeka-Markt am Schlüsselfelder Stadtrand ist eine dieser Adressen.
Dort gibt man sich zurückhaltend bei der Frage, welche Folgen Schallers Tod für RSG und McFit hat. "Das läuft alles über die Pressestelle", antwortet an der Eingangstür eine freundliche Angestellte, während sie den Blick freigibt auf den Empfangstresen, wo ein gerahmtes Bild von Rainer Schaller steht.
Die Pressestelle von RSG zitiert auf Nachfrage Hagen Wingertszahn als Nachfolger von Rainer Schaller als Geschäftsführer: "Der tragische Unfall und Tod Rainer Schallers, seiner Lebensgefährtin, deren Kindern sowie eines Kollegen und dem Piloten hat die gesamte RSG Group global schwer erschüttert. Aus Blick des Konzerns gesehen, ist es eine fundamentale Umstellung gewesen, die damit in Gang gesetzt worden ist." Wie es RSG mittlerweile wirtschaftlich geht, ließ Wingertszahn offen.
Was am Jahrestag von Schallers Tod geschieht
Ob zum Jahrestag von Schallers Tod in Schlüsselfeld öffentlich etwas Besonderes geschehen wird, bezweifelt Bürgermeister Krapp gegenüber dieser Redaktion. Man wolle den Wunsch der Familie respektieren, in Ruhe gelassen zu werden.
Die RSG-Beschäftigten werden indes Gelegenheit bekommen, am 21. Oktober in Gedanken besonders intensiv bei Rainer Schaller zu sein: "Zum Jahrestag werden wir wieder verstärkt anbieten, in den gemeinsamen Austausch zu gehen, und hierfür Raum bieten", teilte Co-Geschäftsführer Jobst Müller-Trimbusch mit.