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Würzburg
Vor den Käfigen der Macht
Die Geschichte vom Rosshändler Michael Kohlhaas zeigt das Würzburger Theaterensemble (von links): Jolantha Herting, Linus Schläger und Roya Dengler.
Foto: Katharina Gebauer | Die Geschichte vom Rosshändler Michael Kohlhaas zeigt das Würzburger Theaterensemble (von links): Jolantha Herting, Linus Schläger und Roya Dengler.
Manfred Kunz
 |  aktualisiert: 29.01.2023 02:58 Uhr

Der Unterschied zwischen allgemeingültigem Recht und subjektivem Gerechtigkeitsempfinden ist nicht erst seit den Protesten radikaler Klimaschüzter Gegenstand öffentlicher Debatten. In der Erzählung "Michael Kohlhaas" aus dem Jahr 1810, verhandelt der Autor Heinrich von Kleist diese Thematik wie kein Zweiter in der Literatur, und fordert damit jede Generation von Theatermachern aufs Neue heraus. So zeigen mit dem Würzburger Theater Ensemble und dem Theater Schloss Maßbach aktuell gleich zwei unterfränkische Bühnen die Geschichte vom Rosshändler Kohlhaas, dessen unerfülltes Verlangen nach Gerechtigkeit schließlich in einem verzweifelten Rachefeldzug endet.

Regisseur Tobias Schmidt eröffnet im Theater Ensemble mit dem Prolog "Was ist besser? Gut sein oder gut handeln?" und bringt damit bereits im ersten Satz die Spannweite seiner Inszenierung auf den Punkt. Sein Kohlhaas will gut sein, will sich an Recht und Gesetz halten, verlangt das aber auch von seiner Obrigkeit. Umso mehr als er beim Ausüben seines Geschäfts, des Handels mit Pferden, mit fadenscheinigen Gründen behindert und schikaniert wird.

Pferde übel malträtiert

Als der Junker Wenzel von Tronka schließlich auch noch seine als Pfand zurückgelassenen Pferde übelst malträtiert, fordert er Gerechtigkeit und Entschädigung für sich, Bestrafung für den Junker. Doch als seine Klage abgewiesen wird, der Vermittlungsversuch seiner Frau schändlich verweigert wird und mit deren Tod endet, gehen mit Kohlhaas im wahrsten Sinn des Wortes die Gäule durch. Er nimmt das Recht in die eigene Hand, greift zur Selbsjustiz und weitet seine persönliche Rache am Junker zu einem Feldzug gegen alles und jeden aus.

In seiner gut 130-minütigen Bühnenfassung bleibt Schmidt eng an der Textgrundlage, gibt aber keine feste Rollen vor, sondern läßt Philipp Oehlenschäger, Jolantha Herting, Annika Moucha, Michael Jansky, Linus Schläger und Roya Dengler im ständigen Wechsel in die verschiedensten Figuren schlüpfen, wobei nicht wenige Passagen sogar chorisch gesprochen und damit in den Vordergrund gerückt werden.

Hochtouriges Geschehen

Alle spielen alles, sind mal Gerechtigkeitssucher und Rächer, mal intrigante Machtpolitiker und spitzfindige, obrigkeitshörige Juristen. Und wir Zuschauer mittendrin, gebannt und atemlos dem hochtourigen Geschehen folgend, das durch einen überdimensionierter, vielfältig eingesetzten Metallkäfig immer wieder neue Raumsituationen schafft. In denen wir uns selbst unseren Helden suchen müssen, auch wenn die Inszenierung den Sympathieträger nahelegt.

von links: Michael Jansky, Annika Moucha
Foto: Katharina Gebauer | von links: Michael Jansky, Annika Moucha
 
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