Die Stadt Ochsenfurt weist heute noch einen respektablen, mit beeindruckenden Türmen gesicherten Mauerring auf. Wie die Ganzhornchronik des Staatsarchivs Würzburg in Text und Bildern berichtet, bewährten sich diese mächtigen Festungsanlagen insbesondere am 3. und 4. Dezember 1440.
Das Jahr 1440 war in Mainfranken geprägt von den Auseinandersetzungen zwischen dem umstrittenen, jedoch von der Stadt Würzburg unterstützten neuen Bischof Sigmund von Sachsen und seinem Gegenspieler, dem Domkapitel, das große Teile der Geistlichkeit im Bistum auf seiner Seite hatte. Die Stadt Ochsenfurt war Stadt des Domkapitels, auch wenn man sie zu dieser Zeit für 6300 Goldgulden, eine beträchtliche Summe, an den Deutschen Orden verpfändet hatte.
Ochsenfurt sollte im Handstreich erobert werden
Mit Bischof Sigmund verbündet war der kriegerische Markgraf Albrecht Achilles, der mit seinen Truppen über Schweinfurt und Werneck nach Ochsenfurt, zur Stadt des feindlichen Domkapitels zog. Diese wollte er im Handstreich einnehmen, plündern und gefangene Bürger teuer auslösen.
Der Winter hatte bereits eingesetzt, das Wetter war widrig, als in der Nacht vom 3. zum 4. Dezember 1440 an St. Barbara zahlreiches Kriegsvolk mit Pferden, Geschützen und Karren zur Stadt gelangten, um nachts mittels einer dreifachen Leiter am sogenannten Schlösschen über die hohe Mauern zu klettern. Lorenz Fries, der berühmte Würzburger Chronist, benennt hingegen das später erbaute Palatium, Amtsgebäude des Domkapitels, als Ort des Angriffs.
Plötzlich brach die Holzkonstruktion zusammen
Etwa 45 Soldaten stiegen zusammen mit dem Fähnrich in die Stadt, als unter dem schweren Gewicht der Nachfolgenden plötzlich die Holzkonstruktion zusammenbrach. Nun konnte niemand mehr auf diesem Weg nach Ochsenfurt hinein noch herausgelangen. Das Krachen der Balken alarmierte den Turmwächter, er warf brennendes Stroh auf die Eindringlinge, läutete die Sturmglocke und rief die Bürger zur Hilfe herbei.
Diese kamen im Harnisch, mit Gewehren, Armbrüsten und Spießen bewaffnet, um die Feinde niederzukämpfen. Bis zur sechsten Stunde morgens, so schreibt Fries, schleuderte man vom Turm und von den Mauern Steine sowie Ziegeln auf die Aggressoren. Markgraf Albrecht Achilles selbst versuchte, den Eingeschlossenen zur Hilfe zu kommen, scheiterte aber an den hohen Mauern und der Abwehr der Ochsenfurter Bürger. Er ritt, wie Fries weiter schreibt, „mit schwerem zornigen Mute wieder hinweg“. Besonders schändlich war für ihn, dass sein beim Sturm mitgeführtes Panier, seine Kriegsflagge, in die Hände der Ochsenfurter gefallen war.
Sieben Angreifer blieben tot in der Stadt zurück, darunter sein Getreuer Erkinger von Seinsheim, dem im Getümmel versehentlich von den eigenen Leuten der Kopf abgeschossen wurde. Die Ochsenfurter Bürger konnten 45 Mann, darunter mehrere Adelige, gefangen nehmen. Sie selbst verloren drei Verteidiger, nämlich den Kriegsknecht Hans Wilden, den Orgler Klüglein und einen Metzger.
Zum Dank für den glücklichen Ausgang des Überfalls stifteten die Bürger in der Stadtkirche St. Andreas einen Barbara-Altar, der bereits am 19. März 1441 geweiht wurde. Bis ins 16. Jahrhundert feierte die Stadt laut Fries zudem jedes Jahr an St. Barbara „ein fröhliches Fest“.
Text: Ulrich Wagner
In loser Folge veröffentlicht die Redaktion Beiträge zur Ochsenfurter Stadtgeschichte.
Der Autor, Ulrich Wagner, ist ehemaliger Leiter des Stadtarchivs Würzburg.