Bei der Frage nach dem tiefsten Punkt in Würzburg würden Zyniker vielleicht das Rathaus nennen. Nimmt man die Frage aber ernst und ausschließlich geografisch dürften auch Alteingesessene ins Grübeln kommen. Nach Angaben der städtischen Infobroschüre „Würzburg in Zahlen“ ist es der Alte Kranen am Mainufer, der 166 Meter über dem Meeresspiegel liegt und damit Würzburgs Tiefpunkt darstellt. In diesem Jahr jährt sich sein Baubeginn zum 250. Mal. Zu diesem Jubiläum lädt der Main-Franken-Kreis am Samstag, 2. September, 11 Uhr, zu einer Feierstunde am Baudenkmal ein.
Auf der Liste der am meisten fotografierten Sehenswürdigkeiten gehört der Alte Kranen mit seinen markanten Auslegern neben Residenz, Festung, Käppele, Falkenhaus, Marienkapelle und Alter Mainbrücke zu den Top Ten der Tourismus-Stadt. Als Anfang September 1767 mit seinem Bau begonnen wurde, wollte der regierende Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim dem Güter- und Handelsverkehr auf dem Main neuen Schwung verleihen. Er beauftragte mit der Planung den Ingenieur und Architekten Franz Ignaz Michael Neumann, einen Sohn des Residenz-Baumeisters Balthasar Neumann. Es dauerte sechs Jahre bis der Kran Anfang September 1773 schließlich in Betrieb genommen werden konnte. Der Neubau ersetzte damals eine einfachere Krankonstruktion aus dem Jahr 1560.
Industriedenkmal der Barockzeit
Nicht nur sein äußeres Erscheinungsbild macht den Alten Kranen zu einem besonderen Industrie-, Architektur- und Wirtschaftsdenkmal der Barockzeit und einer noch heute bewunderten Besonderheit der Ingenieurskunst. Ähnliche Krankonstruktionen gibt es sonst nur noch an Rhein und Mosel. Besonders bedeutend beim Würzburger Kran ist seine heute noch funktionierende Mechanik im Inneren. Davon kann man sich am 2. September einen Eindruck verschaffen, wenn Mitglieder des Mainfranken-Kreises die Funktion des Räderwerkes demonstrieren.
Betrieb durch Menschenkraft
Um die zwei drehbaren Kranausleger, der eine ist elf, der andere 14 Meter lang, zum Heben und Senken der Lasten in Bewegung zu setzen, gibt es Inneren zwei große Treträder mit einem Durchmesser von 5,2 und einer Breite von 1,45 Meter. Um die Kranarme zu bewegen, mussten bis zu sechs Personen im Inneren der Räder aus Eichenholz laufen. Beaufsichtigt wurden sie von einem vereidigten Kranmeister, der die Lade- und Entladevorgänge leitete.
Bombennacht unbeschadet überstanden
Bis zum Jahr 1846 blieb der Alte Kranen in dieser Form in Betrieb. Die Bombennacht des 16. März 1945 überstand das Bauwerk unbeschadet. Allerdings wurden am Kranenkai danach täglich hunderte Tonnen Schutt der zerstörten Gebäude in der Stadt auf Schiffe verladen und abtransportiert. Daran erinnert heute eine vor einigen Jahren am Alten Kranen aufgestellte Kipplore, mit denen damals die Steine aus der Stadt angeliefert wurden. Um die Pflege des Krans kümmert sich seit 1974 der Main-Franken-Kreis, der dort auch immer wieder Führungen veranstaltet.
Das Kranen-Ensemble heute
Heute ist der Alte Kranen und sein Umfeld ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Touristen. Besonders an der Uferpromenade tummeln sich bei schönem Wetter zahlreiche junge Leute. Neben dem Kranen gibt es seit vielen Jahren einen beliebten Biergarten mit Festungsblick, im ehemaligen Zollhaus neben dem Kranen sind ein italienisches Restaurant und ein Brauerei-Gasthof eingezogen, nachdem sich dort zunächst das Haus des Frankenweins befunden hatte.
Durch den Kran fuhren die Autos
In direkter Nachbarschaft des Kranen liegt auf dem Main die Fischbar zum Krebs, die fast so etwas wie ein Teil des Kranen-Ensembles geworden ist. Im Untergeschoss der Kranen-Bastion, durch deren Gewölbe noch bis in die 1960er-Jahre der Straßenverkehr geführt wurde, befindet sich jetzt eine Tiefgarage. Außerdem wurde neben dem Biergarten ein japanischer Garten angelegt.