Im Jahr seiner Gründung hatte der Würzburger Sängerverein 1847 e.V. einen wichtigen Auftritt geplant: Wie aus den Chroniken von Würzburgs ältestem noch bestehenden Chorverein hervorgeht, hätte dieser damals für Lola Montez, die Geliebte des König Ludwig I. von Bayern, singen sollen. Der König hatte Montez zu sich nach Würzburg geholt, wo er eine Zeit lang in der Residenz lebte. Würzburger Bürgerinnen und Bürgern waren von ihrer Anwesenheit allerdings nicht begeistert und verjagten sie kurzerhand aus der Stadt – das Konzert in royaler Atmosphäre fiel aus.
Die Monarchie hat mittlerweile ausgedient, der Chor jedoch feiert in diesem Sommer sein 175-jähriges Bestehen. Im Gegensatz zu anderen Chören, die mit mangelndem Nachwuchs zu kämpfen hätten, sei der Chor in letzter Zeit noch gewachsen, berichtet Christian Klotzky, der stellvertretende Vorsitzende des Vereins: "In den vergangenen beiden Jahren haben wir 20 bis 30 junge Leute dazu gewinnen können, was sehr erfreulich ist."
Das Miteinander von Jung und Alt funktioniert gut
Woran das liegen könnte, darüber kann auch er nur spekulieren: "Vielleicht am gesellschaftlichen Zusammenhalt, das Klima im Chor ist sehr gut." Das Miteinander zwischen Jung und Alt funktioniere ausgezeichnet und man helfe sich gegenseitig auch außerhalb der Chorgemeinschaft. "Vor einem halben Jahr ist ein Chormitglied umgezogen und da kamen spontan zwei jüngere Chormitglieder bei ihm vorbei und haben geholfen", berichtet Klotzky stolz.
Es könnte aber auch an seinem Profil liegen, dass sich der Chor nach wie vor großer Beliebtheit erfreue: "Bei uns kann jeder mitsingen, der einigermaßen bei Stimme ist. Man muss nicht mal unbedingt Noten lesen können. Das ist keine Grundvoraussetzung." Die meisten hätten es im Laufe der Zeit dann aber noch gelernt, berichtet er.
Unter den 180 Vereinsmitgliedern seien 105 aktive Sängerinnen und Sänger. Der Chor selbst sei bunt gemischt: "Wir haben im Prinzip Leute aus allen sozialen Schichten in unserem Chor – von Studierenden über Reinigungskräfte bis hin zu Professorinnen und Professoren", so Christian Klotzky. Unter ihnen befindet sich auch ein blinder Sänger, der sich die Noten in einer speziellen Druckerei in Blindenschrift umwandeln lässt, sodass er aktiv mitwirken kann.
Jubiläumskonzert findet am 17. Juli im Parkhaus am Hauger Kirchplatz statt
Neben dem Valentin-Becker-Chor gibt es seit September 2019 den Simon-Breu-Chor. Letzterer ist vor allem für die Mitglieder, die nicht an großen Aufführungen teilnehmen können oder wollen, aber dennoch Spaß am Singen und an der Gemeinschaft haben. Mitglieder im fortgeschrittenen Alter, die nicht mehr stundenlang während eines Konzertes stehen könnten, oder denen berufsbedingt das intensive Proben für Aufführungen zu zeitintensiv sei, fänden hier ihren Platz, um dennoch am Chorleben teilhaben zu können. Mitglieder, die sich für das Mitsingen im kleineren Chor entscheiden würden, wären dennoch herzlich eingeladen an Vereinsaktivitäten, wie dem Sommerfest, der Weihnachtsfeier oder Chorfahrten des Valentin-Becker-Chores teilzunehmen, betont der stellvertretende Vereinsvorsitzende. Auch kleinere Aufführungen des Simon-Breu-Chores gebe es, beispielsweise bei städtischen Veranstaltungen oder in der Kirche.
Am 17. Juli feiert der Würzburger Sängerverein mit 350 geladenen Gästen sein 175-jähriges Bestehen. Veranstaltungsort ist das Parkhaus am Hauger Kirchplatz. Ein ungewöhnlicher Ort für eine Jubiläumsfeier, aber das hat auch seine Gründe: "Wir haben uns als Veranstaltungsort das Parkhaus […] ausgesucht, zum einen, da es gut durchlüftet ist und wir in Corona-Zeiten nicht im geschlossenen Gebäude feiern wollten und zum anderen, weil wir finden, dass der eher ungewöhnliche Ort wieder einmal gut zu unserem Vereinsprofil passt", erklärt Klotzky.
Am 31. Juli ab 20 Uhr findet das große Jubiläumskonzert im Innenhof der alten Universität in der Domerschulstraße statt. Hier wird der Chor "A Mass for peace" von Carl Jenkins präsentieren, ein Antikriegsstück, für das noch Karten erworben werden können.