
Viermal (1864, 1877, 1893 und 1907) war Würzburg der Austragungsort des deutschen Katholikentags, der als „Generalversammlung des katholischen Vereins Deutschlands“ 1848 in Mainz begann.
Die Zusammenkünfte der deutschen Katholiken in früheren Jahren waren keine Mammut-Veranstaltungen, wie man sie heute erlebt. Da war der 54. Katholikentag vom 25. bis 29. August 1907 in Würzburg keine Ausnahme. Es handelte sich nämlich um Delegierten-Tagungen. Daher wurden sie treffend auch „Generalversammlungen der Katholiken Deutschlands“ genannt. Bei der letzten Veranstaltung in der Bischofsstadt am Main tagten die Delegierten unter anderem in der Ludwigshalle, dem Alten Bahnhof, wo heute das Mainfranken Theater steht.
Im Vordergrund der vier öffentlichen und vier geschlossenen Versammlungen standen Arbeitnehmerfragen. Überhaupt spiegelten die sozial-karitativen Anliegen und Beschlüsse ein eindringliches Bild „der ganzen sozialen Not der Zeit“ wider. Manche Delegierte sollen deshalb bei den Diskussionen Dampf abgelassen haben. Es fielen Sätze wie „Gegen das rücksichtslose Vordringen der Macht des Geldes setzen wir die unverbrüchlichen Rechte der wirtschaftlich Schwachen“.
Bereits bei der ersten öffentlichen Versammlung wurden die Eckpunkten für weitere Diskussionen umrissen: „Wir beschränken unsere Tätigkeit nicht speziell auf kirchliche Gebiete. Alles, was die christliche Weltanschauung zu fördern vermag, alle Fragen der sozialen Wohlfahrt, der bürgerlichen Gerechtigkeit, des Ausgleichs der großen Interessengegensätze nehmen in unseren Verhandlungen einen breiten Raum ein.“
Der Fabrikant und Sozialpolitiker Franz Brandts (1834-1914), Mitbegründer und erster Vorsitzender des „Volksvereins für das katholische Deutschland“, würdigte die Bedeutung der Arbeitervereine.
In der dritten öffentlichen Versammlung wurde die segensreiche und wichtige zeitgemäße Caritasarbeit gewürdigt. In einem Referat über „Katholizismus und wirtschaftliches Leben“ hieß es unter anderem: Gerechtigkeit und Liebe trügen als zwei mächtige Grundpfeiler die auf dem Gesetz der Solidarität aufgebaute Wirtschaftsordnung. Eindringlich wurden Gesellschaft, Staat und Wirtschaft zur Zusammenarbeit aufgefordert, um den Mittelstand zu erhalten und den Arbeiterstand zu heben.
Auf dem Programm des 54. Katholikentags standen aber auch ein Festzug von über 300 katholischen Arbeitervereinen aus dem ganzen Reich, eine Männerwallfahrt zum Käppele, ein Kellerfest im Hofbräukeller und Festgottesdienste im Kilians-Dom.
Als 1906 auf dem Essener Katholikentag Würzburg als Tagungsort im nächsten Jahr vorgeschlagen wurde, war man in der Bischofsstadt am Main zunächst begeistert von der Idee. Doch dann bekam manch einer kalte Füße. Angesichts des Essener Erfolgs befürchtete man hier, dass man nichts Gleichwertiges entgegensetzen könnte. Manche sahen auch in den gegenläufigen, geistigen Strömungen in der philosophisch-theologischen Fakultäten der Universität ein Konfliktpotential: Man hatte Angst, dass diese negativ die Debatten beeinflussen könnten.
Trotz dieser Bedenken sagte man dann doch zu. Am Ende war man vermutlich froh, dies getan zu haben. Auch das „Fränkische Volksblatt“ jubelte.