Junge Leute waren im Ausland zum Freiwilligendienst. Das hat sie beeindruckt. Wieder daheim schlossen sie sich dem Ehemaligen-Netzwerk EuroPeers an. Und zusammen hatten sie eine Idee: Wie wäre es, wenn wir Jugendliche einlüden, Fotos zum Thema "Europa – gestern, heute, morgen" zu schießen? Das wurde für gut befunden.
In fünf Städten riefen die EuroPeers im Frühherbst einen so genannten Fotomarathon aus, in Freiburg, Würzburg, Fulda, Lüne- und Magdeburg: Die Teilnehmer sollten am 5. Oktober letzten Jahres drei Stunden lang Bilder zu fünf Themenkreisen machen, zu europäischer Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft oder beispielsweise zu dem Imperativ: "Europa, schau auf diese Stadt". Dieser Aufforderung kam man beherzt nach.
Die fertigen Beiträge durchliefen dann zwei Jurys. Deren Endauswahl hängt nun bis Ende des Jahres im Würzburger Rathaus und zeugt davon, dass sich die Idee Europa wirklich schwer versinnbildlichen lässt. Denn es stimmt wohl: Ein Bild sagt mehr als 1000 Wörter. Aber dieses Bild hängt nicht in der Ausstellung.
Fast jedes Motiv braucht eine Erläuterung. Ein erster verbaler Kommentar ergibt sich schon automatisch aus dem ausgewählten Themenkreis. Den benennt jede Bildbeschriftung ausführlich, zum Beispiel: "Wenn Träume wahr werden. Mein Traum für Europa. (morgen)". Mit dieser Rahmeninformation wird kein Betrachter das händchenhaltende Paar missverstehen: Da gehen zwei über unseren Kontinent – vereint!
Kommentare von Fotografen ergänzen die Bilder
Mancher Beiträger ging auf Nummer sicher und verließ sich weder auf die stumme Bildsprache der Fotografie noch auf das begleitende Bapperl unter dem Exponat, sondern lichtete gleich schriftliche Botschaften ab, einmal sogar ein Wahlplakat. Zudem konnten die Lichtbildner selbst einen Kommentar zu ihrem Werk schreiben. Besonders eindringlich machte das Cam Nhung Le mit einer Naturstudie zum Thema "Was muss sich heute ändern, damit es morgen besser sein kann als früher?". Der Begleittext erklärt die abgelichtete Wasserspiegelung als "Reflexion – wenn etwas geändert werden soll, sollte zuerst darüber reflektiert werden". Schöner lassen sich die Schwierigkeiten, die wir mit Europa haben, und auch das Glück, Europäer zu sein, kaum symbolisieren.
Hier und da sticht durchaus eine kräftige Bildsprache hervor. Da schaukelt ein Kind mit extrem viel Schwung. Man muss gar nicht wissen, wohin es sich aufschwingt. Schon allein, dass seine Bewegung aus dem Dunklen ins Helle führt, spricht für sich. Informativ auch, wie der Magdeburger sich an die historischen Vakuumexperimente in seiner Stadt erinnert: Mit den Magdeburger Halbkugeln schrieb der Wissenschaftler Otto von Guericke die Stadt in die Europakarte der Physik ein. Der Fotografin Dishan Khan genügte das nicht, sie betitelte ihre Denkmalsabbildung "War inside Us: Once United We are Whole", zu Deutsch etwa: Innerer Kampf: Erst vereint sind wir Ganzheiten. Khans Formulierung schließt die Luftdruckforschung kurz mit Platons mythischen Seelenhalbkugeln aus dem "Symposion", einem europäischen Grundtext.
Die Bilder dieser Wanderausstellung im Format A3 passen immer zu fünft auf einen Treppenabsatz – im Würzburger Rathaus in dem Treppenhaus, das vom Gang gegenüber der Passstelle abgeht. Die Lichtverhältnisse sind dort nicht ideal, aber das sind die politischen Prozesse in der Europäischen Union ja auch nicht.
Öffnungszeiten des Rathauses: Montag bis Donnerstag, 8-18 Uhr, Freitag 8-13.30 Uhr.