Glanzvoll soll der Abgang sein, mit dem sich die bisherigen künstlerischen Leiter der Frankenfestspiele heuer aus Röttingen verabschieden. Mit „Sunset Boulevard“ steht eines der bekanntesten Musicals von Andrew Lloyd Webber auf dem Spielplan. Den Operetten-Part vertritt Kálmáns ohrwurmreiche „Gräfin Mariza“. Und für das Sprechtheater haben die Festspielleiter „Kunst“ eingeplant, eine der erfolgreichsten zeitgenössischen Komödien weltweit.
Seit vier Jahren sind Schauspielleiter Sascha O. Bauer und Musikdirektor Walter Lochmann in Röttingen tätig. Sie zeichnen für einen grundlegenden Wandel der Festspiele verantwortlich. Angefangen von der Umbenennung in Frankenfestspiele bis zum Aufbau eines Extra-Ensembles aus ambitionierten Laien aus der Region hatten sie mit ihrem neuen Konzept versucht, die Festspiele über den näheren Umkreis Röttingens hinaus bekannt zu machen und neue Zuschauerschichten anzusprechen.
Bekannte Bühnengrößen
Darüber hinaus war es ihnen gelungen, bekannte Bühnengrößen auf die Burg Brattenstein zu holen und den Festspielen damit bundesweit Aufmerksamkeit zu schaffen. Der Neuanfang mit einer Doppelspitze, zu dem sich die Stadt Röttingen nach rückläufigen Zuschauerzahlen und steigenden Defiziten entschlossen hatte, scheint geglückt. Um 40 Prozent sind die Ticketverkäufe seit 2012 gestiegen, heißt es aus dem Rathaus. Der finanzielle Fehlbetrag hat sich seitdem auf unter 90 000 Euro nahezu halbiert.
An diese Erfolge wollen Lochmann und Bauer auch heuer anknüpfen, bevor der Intendant des Stadttheaters Ingolstadt, Knut Weber, ab der kommenden Spielzeit die Gesamtverantwortung für die Frankenfestspiele übernimmt. Die Ziele der beiden sind weiterhin ambitioniert.
Stummfilm-Diva
„Sunset Boulevard“ (Premiere 14. Juli), angelehnt an den gleichnamigen Film des österreichisch-amerikanischen Regisseurs Billy Wilder, handelt von der alternden Stummfilm-Diva Norma Desmond, die in Allianz mit einem abgebrannten Drehbuch-Autor auf ein Comeback im Tonfilm-Zeitalter hofft.
Mehrfach schon habe man sich vergeblich um die Aufführungsrechte bemüht, sagt Regisseur Sascha O. Bauer. Die Zurückhaltung des Verlags liegt an der erforderlichen Umarbeitung. Um die opulente Broadway-Inszenierung auf freilicht-taugliches Format zu bringen, muss kräftig am Stück gefeilt werden.
Bauer will dazu die gesamte Bühnentechnik zum Einsatz bringen, in die die Festspiele in den vergangenen Jahren investiert haben – von der Drehbühne bis hin zur Video-Projektion. Ein Coup ist den Festspielmachern bei der Besetzung der Hauptrolle mit Daniela Ziegler gelungen. Die aus zahlreichen Fernsehserien bekannte Schauspielerin hatte den Part der Norma Desmond bereits in einer der ersten deutschsprachigen Aufführungen im Jahr 1997 übernommen, so Musikdirektor Walter Lochmann. Im vergangenen Jahr war sie bei den Frankenfestspielen zu Gast und hatte von sich aus ihr Interesse an der Rolle bekundet, obwohl ihre üblichen Gagen weit über dem Budget der Frankenfestspiele liegen, so Lochmann.
„Es hat mit der Qualität des Spielorts zu tun, dass die Leute gerne hierherkommen“, sagt Paul Schmitzberger und verweist damit auf eigene Erfahrungen. Nach 25 Jahren als Kulturjournalist beim ORF war der gelernte Schauspieler und Sänger vor zwei Jahren erstmals in Röttingen zu sehen und übernimmt in diesem Jahr die Regie in der Operette „Gräfin Mariza“ (Premiere 30 Juni).
Anders als Sascha O. Bauer will er sich in seiner Inszenierung sehr nah ans Original von Emmerich Kálmán halten. Man müsse an dieser Operette nichts entstauben, sagt Schmitzberger, so zeitgemäß sei das Stück bis heute. Für Musikdirektor Walter Lochmann sind es vor allem die „unsterblichen Melodien, die jeder kennt“, die Qualität dieser Operette ausmachen.
Ins zeitgenössische Theater wagen sich die Festspiele mit der Komödie „Kunst“ (Premiere 21. Juli). Das Anfang der 1990-er Jahre erschienene und inzwischen in über 40 Sprachen übersetzte Kammerspiel handelt von drei Freunden. Als sich einer von ihnen für viel Geld ein völlig weißes Bild kauft, entbrennt eine ebenso geistreiche wie komische Diskussion über den Kunstbegriff.
In Wien hat Regisseur Sascha O. Bauer das Stück bereits vorproduziert. In Röttingen findet nur noch die Bühnenprobe statt. Anders verhält es sich mit den beiden anderen Stücken. Musical und Operette werden erstmals ausschließlich in Röttingen geprobt. Um parallel proben zu können, wurde im städtischen Bauhof die Bühne nachgebaut.
Starkonzert ausverkauft
Ausverkauft ist inzwischen das Starkonzert am 4. Juli mit der A-Capella-Formation „Wise Guys“. Jede Menge Spaß verspricht Moderator Paul Schmitzberger aber auch beim Festkonzert mit dem Ensemble am 24. Juli. Es obliegt dabei den Akteuren, selbst zu entscheiden, welchen Beitrag sie zum Konzert leisten. „Jeder macht das, was ihm am meisten Freude macht, und diese Freude überträgt sich aufs Publikum“, so Schmitzberger.
An diesem Wochenende gibt es außerdem alle Hauptstücke der Frankenfestspiele in Folge zu sehen, eine Herausforderung nicht nur für die Schauspieler, sondern vor allem für die Bühnenarbeiter. An theaterinteressierte Jugendliche und Erwachsene richtet sich der Theaterworkshop vom 1. bis 5. August, der in diesem Jahr unter dem Titel „Nachts im Wachsfigurenkabinett“ steht.
Kinderfestspiele
Einen Vorgeschmack auf die Frankenfestspiele geben die Kinderfestspiele, die bereits am Dienstag, 3. Mai, mit dem Stück „Pippi Langstrumpf“ beginnen. Höhepunkt ist eine gemeinsam mit der Grundschule Röttingen erarbeitete Eigenproduktion des Singspiels „Der kleine Tag“ mit der Musik von Rolf Zuckowski. Premiere hat das Stücke am Muttertag, 8. Mai. Autor Wolfram Eicke wird die Rolle des Erzählers übernehmen.
Frankenfestspiele 2015
Kinderfestspiele:
„Pippi Langstrumpf“ nach Astrid Lindgren, Dienstag, 3. Mai, 10 Uhr, Burghof, ab vier Jahren.
„Der kleine Tag“ von Wolfram Ecke, Sonntag, 8. Mai, 16 Uhr, und Montag, 9. Mai, 10 Uhr, Burghof.
„Feuerwehrmann Sam live“, eine flammende Bühnenshow für Kinder ab drei Jahren, Mittwoch, 11. Mai, um 10 Uhr.
Frankenfestspiele
„Gräfin Mariza“, Operette von Emmerich Kálman, Premiere: 30. Juni, Aufführungen: 1./2./8./9./22. Juli, 3. bis 7. und 19. bis 21. August.
„Sunset Boulevard“, Musical von Andrew Lloyd Webber, Premiere: 14. Juli, Aufführungen: 15. bis 17. Juli, 23. Juli, 27. bis 30. Juli, 10. bis 15. August.
„Kunst“, Komödie von Yasmina Reza, Premiere: 21. Juli, Aufführungen: 31. Juli, 3. und 18. August.
Beginn ist jeweils um 20.30 Uhr, sonntags um 18.30 Uhr. An verschiedenen Tagen verkehrt ab Würzburg der APG-Festspielbus.
Nähere Informationen und Eintrittskarten gibt's bei der Tourist-Information Röttingen, Tel. (0 93 38) 97 28-55, -57, -59. E-Mail: karten@frankenfestspiele.de, Internet: www.frankenfestspiele.de