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Vom Kachelofen zum Nachtwächter
würzburg 1974: Der amerikanische Präsident Richard Nixon muss wegen der Watergate-Affäre zurücktreten, Bundeskanzler Willy Brandt wegen des DDR-Spions Günter Guillaume. Die BRD-Kicker verlieren gegen die DDR und werden doch Weltmeister.
Von unserem Redaktionsmitglied Herbert Kriener
 |  aktualisiert: 17.10.2017 17:11 Uhr
Auch nach drei Jahrzehnten hat die schummrige Musikkneipe nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. Hier war und ist die Szene zu Hause, hier haben viele, die längst prominent sind und würdige Ämter bekleiden, Bier gezapft. Hier haben Generationen von Studenten am raumgreifenden Tresen gezecht. Die Enge in der Menge hat damals wie heute niemanden gestört: Anbandeln gehört im "Nachtwächter" dazu.

Früher war die Gaststätte hinterm Reuererkloster das "Scharfe Eck" - weil die Straßenbahn in der Sanderstraße um das Kloster einen Haken schlagen musste. 1974 hat Gerd Ehehalt, damals Student in Darmstadt, das Eckhaus in der Korngasse mit seinem Großcousin Reinhard "Sony" May gepachtet. Viele gastronomische und andere Objekte tragen inzwischen Mays Handschrift, das "Backöfele", der "Hofbräukeller", die neuen "Juliusspital-Weinstuben".

Damals hatte May eine Schreinerei in Zellingen. Dort entstand die gesamte Einrichtung, wie sie heute noch steht. Eigentlich sollte die Kneipe "Kachelofen" heißen, erinnert sich May. Gerd Ehehalt hatte in Paris einen aufgetrieben. Doch als er eingebaut werden sollte, fehlte die Hälfte. "So wurde aus dem Kachelofen der Nachtwächter."

Der Lengfelder Maler Rainer Sieke, der später europaweit Karriere als Diskotheken-Ausstatter machte, hat sich hier erstmals verewigt, und die Musikanlage hat Claus Bolza-Schünemann zusammengebastelt, heute im Vorstand von Koenig & Bauer.

1980 haben Ehehalt und May die Disco "Paramount" in der Karmelitenstraße eröffnet. So begann im "Nachtwächter" die Ära Georg Stößel. Der hatte seine Lehre in der Buchhandlung Schöningh gemacht. Sein Vater, Richter am Landgericht, sei vom Wechsel an die Theke alles andere als begeistert gewesen, erinnert sich Stößel. Doch der ließ sich nicht beirren: Legendäre Partys hat er mit seinen Gästen gefeiert, darunter die beliebten Riverboat-Shuffles.

Und zwischen den rustikal verputzten Wänden, die er mit 180 historischen Emaille-Schildern ausgestattet hat, begrüßte Stößel jede Menge Prominenz: Dieter Hallervorden und Dr. Thomas Bach, Brian Adams und Dirk Nowitzki, Otto Waalkes und die Sportfreunde Stiller.

Inzwischen hat Stößel den "Nachtwächter" an Manfred Rosenbauer verpachtet, den Sohn des früheren Staatssekretärs Heinz Rosenbauer. Und auch unter seiner Ägide drehen sich die alten Schallplatten aus jenen Zeiten, die - da sind sich May und Stößel einig - "einfach geil waren".

 
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