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WÜRZBURG
Vision von Frieden nie aus dem Blick verloren
Abschied und Neubeginn: Die Würzburger Nagelkreuzgemeinschaft verabschiedete die bisherigen Vorstandsmitglieder Barbara Müller-Speer und Johanna Falk (von links, mit Blumen). Im neuen Leitungskreis sind (von links): Erik Soder von Güldenstubbe, Elisabeth Peper, Wigbert Baumann und Elisabeth Nikolai.
Foto: Nagelkreuz-Initiative | Abschied und Neubeginn: Die Würzburger Nagelkreuzgemeinschaft verabschiedete die bisherigen Vorstandsmitglieder Barbara Müller-Speer und Johanna Falk (von links, mit Blumen).
Von unserem Mitarbeiter Gideon Zoryiku
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:04 Uhr

Ihren Namen verbindet man selbstredend mit der ökumenischen Nagelkreuzinitiative. Ein wenig verschämt stellt man aber fest, dass es auch weitere unermüdliche Mitstreiter für diese Sache gibt. Gleichwohl: Johanna Falk ist das Gesicht der Würzburger Nagelkreuzgemeinschaft, deren Sprecherin sie 15 Jahre lang war. In dieser Zeit hat sie eine Menge bewegt. Jetzt tritt sie von der Bühne ab – für die Initiative engagiert sie sich weiterhin.

Für den Leitungskreis stellt sich Johanna Falk nicht mehr zur Verfügung. Auch Schriftführerin Barbara Müller-Speer hat nicht mehr kandidiert. Auf der Mitgliederversammlung im Kapitelsaal der Dekanatskirche St. Stephan wurde ein neues Leitungsteam gewählt.

„Uns liegt daran, die Arbeit rechtzeitig in neue Hände zu legen“, sagt Johanna Falk im Gespräch mit der Redaktion. Denn Versöhnung und Frieden müssten immer wieder neu gelebt werden. Das als Aufgabe zu begreifen und eigene Anstöße zur Umsetzung zu geben, sei eine bleibende Herausforderung. Von der alten Führungsriege macht Elisabeth Nikolai im neu gewählten Vorstand weiter. Wolfram Preuß, das andere Vorstandsmitglied, verstarb letzten Dezember.

Wer von den Neuen die Sprecherrolle übernimmt, steht noch nicht fest. Intern regeln will dies demnächst der Leitungskreis. Dieser besteht aus: Erik Soder von Güldenstubbe, Elisabeth Peper, Wigbert Baumann und Elisabeth Nikolai.

Am Anfang stand eine Vision, die Johanna Falk ab 1990 mit sich herum getragen hatte: ein Nagelkreuzzentrum in der Stadt zu etablieren. Ökumenisch sollte es sein. Aber das war kein leichtes Unterfangen. So viele Menschen in Kirche und Stadt zu überzeugen, dass ein derartiges Zentrum etwas Gutes ist. Für Johanna Falk war diese Überzeugungsarbeit „mit die größte Schwierigkeit“ zu Beginn ihres Weges. Obwohl sie das viel Kraft gekostet hatte, habe sie die Vision nicht mehr aus dem Blick verloren, erzählt sie.

Mithilfe vieler Unterstützer und Befürworter wurde die Vision am 16. März 2001 dann Wirklichkeit: Würzburg wurde in das weltweite Netz der Nagelkreuzgemeinschaft aufgenommen, die 1940 in der mittelenglischen Stadt Coventry entstanden ist.

Die „Ökumenische Initiative für Frieden und Versöhnung“ hat seither dem Gedenken am 16.März neue Inhalte und eine neue Ausgestaltung verschafft. Die Nagelkreuzgemeinschaft organisiert die jährlichen „Wege der Versöhnung“ am Gedenktag der Bombardierung Würzburgs durch die Alliierten Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg. Damit soll der 16. März nicht nur der Tag der Erinnerung an die Zerstörung der Stadt sein, sondern auch Mahnung zur ständigen Suche nach Versöhnung.

Von Anbeginn wird die Arbeit des Nagelkreuzzentrums von einem Kreis engagierter Christen verschiedener Konfessionen getragen. „Die wichtigsten Unterstützer unserer Arbeit sind die Menschen vor Ort“, so Falk. Durch ihre große Teilnahme an den Veranstaltungen schlössen sie sich dem Motto der Nagelkreuzinitiative „Erinnerung bewahren - Versöhnung leben“ an. Dabei sei ein „einzigartiges Netzwerk“ von 15 Gastorten in Würzburg entstanden. Für Falk ist das die eigentliche Bilanz aus den letzten 15 Jahren. Denn: „Ein Netzwerk wunderbarer Menschen ist entstanden, die in ihrem Willen zu Versöhnung und Frieden diese Stadt prägen.“ Dabei sei die „Erinnerungskultur“ gemeinsam mit der Stadt am 16. März zum Positiven hin verändert worden.

Für die scheidende Sprecherin der Nagelkreuzgemeinschaft ist die Übergabe der Versöhnungsstatue an die Muslime von bleibender Erinnerung. „Das war ein ganz großer Schritt.“ Man habe mit diesem Zeichen die Grenzen der Religionen durchbrochen, betont Falk. Sie verhehlt auch nicht, dass dieser Schritt viel Überzeugungsarbeit abverlangt hatte. „Das war ein großer Kraftakt, die anderen zu überzeugen, diese Möglichkeit wahrzunehmen.“ Ähnlich erging es ihr bei der Weitergabe des Nagelkreuzes an die Justizvollzugsanstalt. „Da gab es damals auch viele Stimmen, die dagegen waren.“ Das habe sich aber bald gelegt. Rückblickend sagt sie: „Das ist es eine wunderbare Geschichte, zumal dort heute alle Nagelkreuze geschmiedet werden.“

Nach eigenem Bekunden hat die gute Verbindung nach Coventry ihren Blick erweitert, so Falk, die in den Leitungskreis der Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland gewählt wurde. „Diese Arbeit über den “örtlichen Zaun„ hinaus ist mir ein großes Anliegen.“ Wenn Johanna Falk von den letzten 15 Jahren spricht, schwelgt sie in Erinnerungen und erzählt von den großartigen Begegnungen mit Persönlichkeiten aus England.

Sie erinnert sich zum Beispiel an Paul Oestreicher. Der frühere Leiter der Versöhnungsarbeit an der Kathedrale von Coventry, der mit 83 Jahren immer noch weltweit tätig ist, hat Würzburg mehrmals besucht und das einzigartige Konzept des Wandernagelkreuzes immer unterstützt. Auch Namen wie Canon Andrew White, Bischof Colin Bennetts oder Canon David Porter fallen. Sie alle waren zu verschiedenen Anlässen hier und hätten die Menschen in der Stadt und Ökumene aufhorchen lassen.

„Erst vor wenigen Wochen durften wir zum 70. Jahrestag nach der Zerstörung Würzburgs und zum 15. Versöhnungsweg Lord Bischof Christopher Cocksworth begrüßen, der die Botschaft von der Versöhnung hier vor Ort erneuert und uns mit seiner Menschenfreundlichkeit begeistert hat“, erläutert Falk.

Das neue Leitungsteam will die Johanna Falk aus dem Arbeitskreis heraus noch ein Stück weit begleiten. Dieses brauche Gottes Segen genauso wie die Unterstützung aller Würzburger.

Wandernagelkreuz

An folgenden Gastorten war das Würzburger Wandernagelkreuz bisher:

2001: Evangelisch-lutherische Dekanatskirche St. Stephan 2002: Römisch-katholisches Stadtdekanat Stift Haug 2003: Justizvollzugsanstalt 2004: Ev.-luth. Gemeinde St. Johannis

2005: Zentrum für Körperbehinderte Heuchelhof 2006: Grombühl 2007: Christophorus-Gesellschaft

2008: Gemeinden in Höchberg, Hettstadt und Waldbüttelbrunn 2009: Franziskanerinnen Oberzell

2010: Ökumenisches Zentrum Lengfeld 2011: Evang.-methodistische Kirche 2012: Sanderau 2013: Zellerau/Mainviertel 2014: Rettungsleitstelle Würzburg 2015: Dom zu Würzburg

 
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Kommentare
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  • H. R.
    Lieber Herr Zoryiku,

    schöner Artikel! in der letzten Zeile muss es heißen: 2015: Dom zu Würzburg.

    Herzliche Grüße

    Heiner Ratsch
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  • R. M.
    ... für den Hinweis. Wird im Internet verbessert. Leider ist es in der Zeitung aber schon gedruckt.
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