Das Hotel, die Wohnanlage und das Pflegeheim am Kapellenberg in Eibelstadt hat der im Sommer 2019 verstorbene Altbürgermeister Heinz Koch (1990-2014) schon mal als sein "Meisterstück" bezeichnet. Gut ein Jahrzehnt bemühte sich der Sozialdemokrat darum, dass am Ortsrand der Gemeinde, nahe zur Autobahn, ein Hotel entsteht. Dass später das Kommunalunternehmen des Landkreises dort auch ein Pflegeheim gebaut hat und eine moderne Service-Wohnanlage mit altengerechten Wohnungen entstanden ist, geht ebenfalls auf Koch zurück.
Jetzt – die Eigentumswohnungen sind mittlerweile fast alle verkauft, das Hotel floriert – kam es Ende Juli vor dem Würzburger Verwaltungsgericht zum Streit über die damals berechneten Erschließungskosten. Wie Verwaltungsrichter Thomas Hansen auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt, habe er in der mündlichen Verhandlung den Beteiligten auch die Vorgeschichte erläutert. Diese beginnt bereits im Jahr 2000.
Erschließungskosten wurden fast um die Hälfte reduziert
Im Eibelstadter Stadtrat sei damals die Idee entstanden, den schmucken Ort am Main stärker touristisch zu nutzen. Am nördlichen Stadtrand sollte ein Hotel entstehen, und dazu eine Senioren- und Pflegeeinrichtung, die gemeinsam mit dem Hotel einen Riegel bildet, um den Lärm von Autobahn, Bundesstraße und Bahnstrecke für die hinteren Bereiche zu mindern und dort eine Wohnbebauung zu ermöglichen. Im Dezember 2009 kaufte die Stadt ein 22.128 Quadratmeter großes Grundstück, welches das gesamte Planungsgebiet umfasste. In den Folgejahren wurden Teile davon veräußert: an die Senioreneinrichtungen des Landkreises, an einen Bauträger und in Erbpacht an die Hotelbetreiber.
Hansen führte weiter aus, dass Bürgermeister Koch, um wohl die Ansiedlung des Hotels zu ermöglichen, die Erschließungskosten minderte. Rund 600.000 Euro sollten zunächst auf alle Anlieger umgelegt werden, Koch reduzierte den Betrag um 368.000 Euro, weil er nur die Kosten für den Bau der Straßen einrechnete, nicht aber den Wert für Grund und Boden.
Rechnungsprüfer des Landratsamtes bemerkten die zu geringen Erschließungskosten
Das fiel der Rechnungsprüfung beim Landratsamt Würzburg auf, heißt es in den schriftlichen Erläuterungen des Verwaltungsgerichts zu den Fällen. Im Prüfbericht ist nachzulesen, dass bei der Ermittlung des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes für die Bebauung mit Hotel- und Seniorenzentrum die Grunderwerbskosten für das 3072 Quadratmeter große Grundstück (368.640 Euro) sowie die anteiligen Straßenentwässerungskosten nicht eingerechnet worden seien. Diese Ausgaben zählten aber ebenfalls zum Erschließungsaufwand und müssten nacherhoben werden, forderte die Rechnungsprüfungsstelle.
Die Stadt Eibelstadt hat daraufhin 2017 unter Kochs Nachfolger Markus Schenk (CSU) ihre Erschließungsbescheide geändert und sowohl von den Hoteliers als auch vom Bauträger Geld nachgefordert: vom Hotel 97.292 Euro, vom Bauträger insgesamt 79.260 Euro für drei Grundstücke. Beide haben gegen ihre jeweiligen Bescheide zunächst Widerspruch eingelegt und schließlich vor dem Würzburger Verwaltungsgericht geklagt.
Was die Senioreneinrichtung des Kommunalunternehmens angehe, so wurde mit Altbürgermeister Koch vereinbart, dass die Stadt Eibelstadt im öffentlichen Interesse Grund und Boden zur Verfügung stellt und die Erschließungsbeiträge übernimmt. Im Gegenzug bekam Eibelstadt ein Pflege- und Seniorenheim für seine Bürgerinnen und Bürger.
Wie sich Altbürgermeister Koch noch zu Lebzeiten gerechtfertigt hat
Noch zu Kochs Lebzeiten wurde ihm immer wieder vorgeworfen, die Erschließungsbeiträge im Baugebiet Kapellenberg eigenwillig festgelegt zu haben. Seine Verwaltungsmitarbeiter hätten ihn damals darauf hingewiesen, dass sein Vorgehen nicht rechtens sei, heißt es. Koch habe seine Entscheidung wirtschaftlich erklärt. Verwaltungsrichter Hansen kennt eine Erklärung des Altbürgermeisters, in der Koch sein Vorgehen begründete und Einnahmen für die Stadtkasse, beispielsweise aus der Gewerbesteuer, gegenrechnete.
Bei den Erschließungsbeiträgen hätte er aber keinen Nachlass geben dürfen, heißt es nun in den Urteilen des Verwaltungsgerichts. Die Stadt Eibelstadt habe daher zurecht die Nachforderungen gestellt, weil gesetzlich ganz genau festgelegt sei, wie sich die Beiträge berechnen.
Kann die Stadt Eibelstadt Erschließungsbeiträge von den Wohnungseigentümern nachfordern?
Die Hotelbetreiber möchten sich nun in einem Vergleich mit der Stadt einigen. Der Bauträger muss nachzahlen, aber weniger als gefordert. Weil zum Zeitpunkt der Beitragsbescheide nicht mehr alle Eigentumswohnungen in seinem Besitz waren, wurde die Summe neu berechnet. Statt 79.260 Euro sind es nun 14.456 Euro. Die Differenz müsste die Stadtverwaltung nun von den Wohnungseigentümern fordern. Fraglich ist aber, ob die Beiträge inzwischen nicht schon verjährt sind.
Wäre schön, wenn hier dieselbe Transparenz Rechtmäßigkeit des Verkaufspreises geschaffen wird, wie im vorliegenden Fall.
Vielleicht kriegen wir das in Eibelstadt ja doch noch hin, dass BM und Stadtrat offen und bürgerorientiert werden.
Dass ausgerechnet der Nachfolge BM und SR das so vorantreibt, das hat aus meiner Sicht ein „Gschmäckle“ (um die Wortwahl eines anderen Kommentars aufzugreifen). Schließlich haben Rechts- und Wortbruch genauso zugenommen seit dem Wechsel, wie die Verquickung mit Geschäftsinteressen, wenn man Baugenehmigungen und Auftragsvergabe verfolgt.
Naja, dem Verwaltungsgericht ist zu trauen. Gut so.
Ich hoffe, Eibelstadt kann sich jetzt tatsächlich gütlich einigen. Die Summen sind gemessen an der Geldschleuderei der letzten Jahre überschaubar. Und es wäre nicht der erste Betrieb, der seit Wechsel zu BM Schenk die Faxen dicke hat von Eibelstadt.
Kochs Ansinnen kann ich noch verstehen. Aber … ist halt immer noch ein Rechtsstaat.
Damit hat Herr Koch wohl höchstpersönlich von seiner "Großzügigkeit" profitiert.
Ä Geschmäckle hat das schon. 'Ansinnen' hin und 'Ansinnen' her.
Wie schon von Ihnen kommentiert: "Amtsführung nach Gutsherrenart" und Willfährigkeit drumherum. Leider wurde das seitdem nicht besser sondern eher schlimmer.
In diesem Kontext eines der größten Versäumnisse der Entscheider zur Koch-Ära: Das Problem des Verkehrslärms war bekannt. Aber anders als praktisch überall sonst gab es keinen Lärmschutz an der neuen A3-Brücke. Die neuen Gebäude am Ortseingang als Lärmriegel … das konnte niemand ernst nehmen. Der Fehler ist bis heute nicht korrigiert.
Jetzt kennt die Öffentlichkeit auch aus juristischer Sicht die wahre Geschichte, welche durch die überörtliche Rechnungsprüfung aufgedeckt wurde.
Die verbreiteten Unwahrheiten der letzten Jahre sind damit im Keim erstickt.
Ist auch grundsätzlich kein guter Stil irgendwelche diffusen „verbreiteten Unwahrheiten“ zu referenzieren.
Und eine willfährige Verwaltung, die gegen besseres Wissen das Treiben absegnet.
Und ein willfähriger Stadtrat, der den Rechtsbruch abnickt.
Wer war als Verwaltungsleiter damals in Amt und Würden – und auch in der Verantwortung?
Ein trauriges, beschämendes – und nicht ganz untypisches Kapitel Eibelstädter Stadtgeschichte.