Der Verschönerungsverein Würzburg (VVW) steht vor einer Investition, wie sie selten vorkam in seiner 142-jährigen Geschichte: 2,2 Millionen Euro soll die Sanierung des Waldhauses im Steinbachtal kosten.
Vier denkmalgeschützte Immobilien besitzt der Verein, aus ihrer Vermietung finanziert er sich. Neben dem Waldhaus sind das die Richter-Villa am Ludwigkai, die Frankenwarte auf dem Nikolausberg und das Handwerkerhäuschen in der Pleich.
Der VVW baute das Waldhaus 1909 als Schlusspunkt seiner Parkanlagen im Steinbachtal an die Stelle eines früheren Pulvermagazins. Bis 1941 war es ein beliebtes Ausflugslokal, mit einer Gaststätte im Erdgeschoss, hotelartig ausgebaut im Obergeschoss. Dann wurde es zum Militärlazarett umfunktioniert, nach Kriegsende zum US-amerikanischen Offizierskasino. 1958 zogen die Kneipp-Werke mit ihrer Verwaltung ein und blieben bis März 2013.
1909 als Ausflugslokal gebaut, soll das Waldhaus künftig der Gesundung junger Leute dienen
Nach dem Auszug von Kneipp fehlten dem VVW erhebliche Mieteinnahmen. Die Suche nach einem neuen Mieter war schwierig, bis das Diakonische Werk das Waldhaus entdeckte. Jetzt betreut die Evangelische Kinder- und Jugendhilfe dort unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Sie möchte bleiben, wenigstens zehn Jahre lang, wenn der VVW das alte Gemäuer nach ihren Vorstellungen saniert. Dann sollen verhaltensauffällige und psychisch kranke junge Leute hier einziehen.
Der VVW hat den Architekten Friedrich Staib mit den Planungen beauftragt. Staib war auch verantwortlich für die Sanierung des Pleicher Handwerkerhäuschens aus dem Jahr 1521. In der Mitgliederversammlung stellten er und Professor Gunter Adams von der Kinder- und Jugendhilfe ihre Überlegungen vor.
Individuelle Räume, kein Handy, wenig Fernsehen, aber viel Natur
Adams berichtete, das Waldhaus passe exakt zu seiner „Pädagogik des Raums“ und gegen Reizüberflutung. Die Nutzung von Handys erlaube sein Institut erst ab einem gewissen Alter, Fernsehen gebe es nur zu festgelegten Zeiten. Die Kinder sollten „zum Fenster rausschauen und in die Natur gehen“.
Räume und ihre Gestaltung würden auf Menschen wirken. Die Evangelische Kinder- und Jugendhilfe richte jedes Zimmer individuell ein, „jedes Möbelstück ist anders, kein Zimmer hat den gleichen Grundriss“. Sie entlasse kein Kind wegen seines Verhaltens oder der Schwere seiner Krankheit. Ohne Häuser und Räume mit Ausstrahlung gehe das nicht.
Das Waldhaus als guter Ort, um Kinder zu erziehen
Adams sieht im Waldhaus „einen guten Ort, um Kinder zu erziehen“. Im Erdgeschoss könnten sie unterrichtet und gefördert werden, im Obergeschoss und ausgebauten Dachgeschoss könnten sie leben, in zwei Gruppen mit je neun Kindern.
Laut Staib, dem Architekten, wäre dafür „im Grunde keine Veränderung notwendig“. Es gäbe „keine wirklichen Eingriffe ins Gebäude, nur Reparaturen“ und das Installieren einer Heizung und technischer Infrastruktur. Alte Substanz wie Türen, Fenster und Sockelleisten blieben erhalten, es würden keine Wände oder Decken ausgebaut.
Empörung über den einen, der das Waldhaus für zu wertvoll für Kinder hält
Ungeklärt ist noch, was aus den unmittelbar benachbarten Gebäuden, der Gerstner- und der Sommerhalle geschehen soll. Adams‘ Institut wollte sich hier vergrößern. Staib meint, der Umbau der Sommerhalle in Wohnraum würde den Kostenrahmen sprengen. Die Bausubstanz der Gerstnerhalle werde derzeit geprüft.
Die Mitglieder des VVW lauschten den Vorträgen mit Wohlgefallen, nur eines, Bernd Mittnacht, kritisierte das Vorhaben, sprach von „Luxussanierung“ und davon, dass das Waldhaus zu wertvoll für solche Pläne sei. Mittnacht erntete einige Empörung.
Stefan Kummer, der Vorsitzende des WVV, hielt dagegen: Die Eingriffe ins Denkmal seien „minimalinvasiv“, die Nutzung als Heimat für Kinder sei „prachtvoll“ und ein Beitrag zur Allgemeinheit. Der ganze Vorstand sei glücklich über den potenziellen neuen Mieter.
Die neuen Pavillons am Hauptbahnhof sollen aussehen wie die alten
In seinem Jahresbericht nannte Kummer die Überlegungen der Stadt "ermutigend", das Moz-Areal künftig als Sozialrathaus zu nutzen. Auch die Vorschläge des Dachverbandes freier Würzburger Kulturträger, der dort mehr Kultureinrichtungen sehen will, seien „plausibel und wirklichkeitsnah“.
Das um 1900 gebaute Weinberghäuschen an der Kantstraße sei in einem prekären Zustand. Gespräche mit der Eigentümerin, der Stadt Würzburg, seien ergebnislos geblieben. Der VVW halte nichts von Ideen, das kleine Fachwerkgebäude abzubauen und im Freilandmuseum oder auf dem Steinberg wieder zu errichten. Zum historischen Charakter eines Baudenkmals gehöre der ursprüngliche Standort.
Für den Hauptbahnhof hat der VVW angeregt, die neuen Pavillons „am Stil ihrer Vorgänger zu orientieren“. Wie berichtet, laufen die aktuellen Überlegungen der Stadt genau darauf hinaus.
Viele Ideen und keine Einigkeit für den Kardinal-Faulhaber-Platz
Vorsichtig kritisch äußerte sich Kummer zu Baumfällungen im Stadtgebiet. Dem VVW stehe nicht zu, die Begründungen für die Abholzungen zu bezweifeln, aber nicht immer leuchteten sie ein. Ganz schlecht findet er, die die „an sich anspruchsvoll gestaltete Fußgängerzone in der Eichhornstraße“ eine „Steinwüste“ sei. Da sei eine Chance vertan worden. Dass die Stadt bei der Sanierung der Kaiserstraße auf Alleebäume verzichtet, gefällt ihm ebenfalls nicht. Sie könnten „die überwiegend hässlichen Fassaden kaschieren“ und die klimatischen Bedingungen verbessern.
Uneins ist der VVW, wenn es um die Gestaltung des Kardinal-Faulhaber-Platzes geht. Manche wünschen eine komplette Begrünung, andere stellen sich Grün mit einer zurückhaltenden Bebauung vor. Eine Diskussion in der Versammlung zeigte, dass reichlich Ideen unterwegs sind.