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WÜRZBURG
Verein will das Thema „Prostata“ aus der Tabuzone holen
Die Gründer der „Prostata Hilfe Deutschland“ Michael Reinhard, Knut Müller (von links) und Dr. Frank Schiefelbein (rechts), schalten in der Staatskanzlei gemeinsam mit Barbara Stamm und Melanie Huml die PHD-Website frei.
Foto: Prostata Hilfe Deutschland | Die Gründer der „Prostata Hilfe Deutschland“ Michael Reinhard, Knut Müller (von links) und Dr. Frank Schiefelbein (rechts), schalten in der Staatskanzlei gemeinsam mit Barbara Stamm und Melanie Huml die ...
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 27.04.2023 05:39 Uhr

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Rund 65 000 Männer erkranken jedes Jahr in Deutschland neu an Prostatakrebs. Mediziner raten ab 45 Jahren zu regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen – doch nur etwa ein Viertel der 17 Millionen Männer in diesem Alter kommen dem Rat auch nach. „Männer neigen dazu, eher Termine für die Inspektion ihres Autos auszumachen als Termine für eine Vorsorgeuntersuchung“, sagt Urologe Dr. Frank Schiefelbein. Gründe seien häufig Scham oder schlicht Unwissenheit. Schiefelbein ist einer der Gründer der „Prostata Hilfe e.V.“ (PHD), eines gemeinnützigen Vereins mit Sitz in Würzburg, der „Vorsorgemuffel“, Betroffene und deren Angehörige informieren und unterstützen will.

Umgesetzt werden soll das mit einem umfassenden Online-Ratgeber-Konzept. Wie wenig zielführend oder manchmal panikauslösend die Suche nach medizinischen Informationen oder gar der Versuch einer Selbstdiagnose mithilfe von „Dr. Google“ ist, weiß jeder, der schon einmal Symptome in die Suchmaschine eingegeben hat. So ging es auch Knut Müller, PHD-Sprecher und selbst Betroffener. Als er vor zwei Jahren die Diagnose Prostatakrebs bekam, suchte er im Internet nach Informationen.

„Aber bei über einer Million Sucherergebnissen war es mir nahezu unmöglich, eine begehbare Schneise in diesen Informationsdschungel zu schlagen“, sagte er am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Würzburg.

Künstliche Intelligenz um Rat fragen

Hier setzt die Arbeit der „Prostata Hilfe Deutschland“ an. Die Internetseite der PHD wurde kürzlich von der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml und Landtagspräsidentin Barbara Stamm offiziell freigeschaltet. Dort finden sich Videos mit Experteninterviews zu Entstehung, Diagnose und Therapiemethoden von Prostatakrebs. Dazu kommen Informationen in Textform. Alles – darauf legt das Würzburger Initiatoren-Trio Schiefelbein, Müller und Michael Reinhard wert – unabhängig, aktuell und seriös. „Alle Informationen werden von einem Ärzteteam fachlich geprüft“, so Reinhard.

Bis Mitte 2018 soll der Internet-Auftritt weiter aufgebaut werden, in der zweiten Jahreshälfte soll es dann auch eine App mit innovativen Funktionen geben. „Dabei wollen wir sowohl die Möglichkeit schaffen, dass der Patient per Webinar direkt mit dem Arzt kommunizieren kann als auch mit künstlicher Intelligenz einen Chat-Bot integrieren“, erläutert Schiefelbein. Diesem könne man jederzeit Fragen stellen und erhalte automatisiert individuelle Antworten. Für registrierte Nutzer soll es auch einen personalisierten Newsfeed – also ausgewählte Nachrichten zum Thema „Prostata“ – geben.

Kein Ersatz für einen Arztbesuch

„So wollen wir Ratsuchenden zur Seite stehen bei ihren zahlreichen Fragen rund um ihren Körper, ihre Psyche und ihre soziale Situation“, erklärt Müller. Denn aus Erfahrung wisse man, dass die Diagnose einer Prostataerkrankung oder allein schon der Verdacht viele Männer psychisch und emotional überfordere. „Unser Ziel ist es, die Situation von Betroffenen zu verbessern“, indem man das Thema aus der Tabuzone hole.

„Was wir aber nicht wollen“, betont Schiefelbein, „ist das Arzt-Patienten-Verhältnis schwächen.“ Die Informationen seien lediglich eine Basis und ersetzten keinesfalls den Arztbesuch. Laut dem Chefarzt der Urologie an der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg sollten Männer ab 45 regelmäßig zu einer Vorsorgeuntersuchung gehen – Männer mit erhöhtem Prostatakrebsrisiko auch früher. Insbesondere wenn nahe Verwandte, etwa Vater oder Großvater, an der Krankheit litten, sei das eigene Risiko um ein Vielfaches höher, erklärt er.

„Die Fachpraxen sind zwar voll“, räumt Schiefelbein ein, „wer aber einen Termin will, bekommt auch einen.“ Einen deutlichen Appell richtet Müller an seine Geschlechtsgenossen: „Tut was für eure Gesundheit, Männer!“

 
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