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Aub
Veranstaltungen zu 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland
Altbürgermeister und Steinmetz Robert Melber hat den Koffer aus Muschelkalk entworfen, der am 24. Oktober vor dem Auber Schloss aufgestellt wird. Ein identisches Gepäckstück steht am DenkOrt Deportation am Würzburger Hauptbahnhof.
Foto: Johannes Wolf | Altbürgermeister und Steinmetz Robert Melber hat den Koffer aus Muschelkalk entworfen, der am 24. Oktober vor dem Auber Schloss aufgestellt wird.
Bearbeitet von Lena Berger
 |  aktualisiert: 23.10.2021 03:16 Uhr

Die jüdische Gemeinschaft begeht 2021 ein besonderes Jubiläum: Auf eine Anfrage aus Köln erließ der römische Kaiser Konstantin vor 1700 Jahren ein Edikt, wonach Juden in Ämter der Kurie und der Stadtverwaltung berufen werden konnten. Dieses Dekret aus dem Jahr 321 gilt als der älteste Beleg für die Existenz jüdischer Gemeinden auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Dieses Jubiläum wird ein Jahr lang bundesweit mit vielen Veranstaltungen gewürdigt.

Vom 24. bis 31. Oktober lädt der Förderverein Fränkisches Spitalmuseum Aub unter dem Motto "1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland" zu einer Themenwoche ein. Auch Aub hat eine lange jüdische Geschichte, die es zu würdigen und zu erinnern gilt, als Teil des Lebens in unserer Stadt aber auch mit den dunklen Kapiteln der Verfolgungen und Pogrome, zuletzt in der Zeit des Nationalsozialismus. Verschiedene Veranstaltungen wollen dazu beitragen, heißt es in einer Pressemitteilung des Kulturbeauftragten der Stadt Aub.

Koffer erinnert an jüdische Mitbürger

DenkOrt Deportation Aub; Sonntag, 24. Oktober, 11 Uhr: Seit Juni 2020 gibt es am Würzburger Hauptbahnhof mit dem „DenkOrt Deportationen 1941 - 1944“ einen neuen Erinnerungsort. Künstlerisch gestaltete Gepäckstücke aus unterschiedlichen Materialien erinnern an die Menschen, die direkt aus Unterfranken deportiert wurden und an die zerstörten jüdischen Gemeinden. In diesen Gemeinden mit ehemals jüdischem Leben findet jeweils ein identisches Gepäckstück seinen Platz, zur Erinnerung und zur Mahnung vor Ort.

Auch jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Aub, die nach den schrecklichen Geschehnissen der Reichspogromnacht und der antijüdischen Stimmung nicht länger hier leben konnten und Aub verließen, wurden von Würzburg aus deportiert. An sie erinnert in Würzburg und in Aub zukünftig jeweils ein Koffer aus Muschelkalk, gestaltet von Altbürgermeister und Steinmetz Robert Melber.

Nur zwei Auber überlebten die Deportation

In Würzburg wurde der Auber Koffer am 24. September zusammen mit weiteren Gepäckstücken in den „DenkOrt Deportationen“ eingefügt. In Aub wird der entsprechende Koffer am Sonntag, 24. Oktober, um 11 Uhr aufgestellt. Standort ist ein Areal vor dem Auber Schloss, dem früheren Sitz des Amtsgerichts. Dorthin wurden in der Reichspogromnacht - zum Teil mit Gewalt - die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger gebracht und stundenlang festgehalten. Von dort aus wurden die jüdischen Männer nach Ochsenfurt ins Gefängnis transportiert und dort bis zu drei Wochen lang inhaftiert.

Zu den Genisafunden in Aub wird es am 25. Oktober einen Vortrag geben. Im Bild die Genisa aus Veitshöchheim.
Foto: Martina Edelmann | Zu den Genisafunden in Aub wird es am 25. Oktober einen Vortrag geben. Im Bild die Genisa aus Veitshöchheim.

Nach dem Novemberpogrom verließen sämtliche jüdischen Einwohnerinnen innerhalb weniger Monate ihre Heimatstadt. Die meisten von ihnen gingen nach Würzburg. 14 ehemalige Auber Bürgerinnen und Bürger wurden vom Würzburger Bahnhof Aumühle aus deportiert. Nur zwei von ihnen überlebten Deportation und Lager.

Lange jüdische Geschichte von Aub

"Sie waren unsere Nachbarn“ - Spuren jüdischen Lebens in Aub; Sonntag, 24., und Sonntag, 31. Oktober, 14 Uhr, Marktplatz: Über Jahrhunderte hinweg gab es in Aub eine jüdische Gemeinde. Im Schutz der Burg bestand eine jüdische Ansiedlung nachweislich seit dem Ende des 13. Jahrhunderts. Die letzten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger waren gezwungen in der Folge der Ereignisse der Reichspogromnacht die Stadt Aub zu verlassen. Die lange jüdische Geschichte von Aub können Interessierte bei einer kostenfreien Führung mit Georg Pfeuffer, dem Vorsitzenden des Heimatvereins, kennenlernen.

"Staub und Sensationen – Genisafunde aus Aub"; Montag, 25. Oktober, 19 Uhr, Spitalmuseum: Vortrag von Dr. Martina Edelmann, Leiterin des Jüdischen Kulturmuseums mit Synagoge in Veitshöchheim und Leiterin des Genisaprojektes. Der Begriff Genisa bedeutet Schatzkammer, Aufbewahrungsort für wertvolle Gegenstände oder Depot. Dies kann ein Gefäß, ein Kasten oder ein abgeschlossener Raum in einem Gebäude sein. In Süddeutschland waren es die Dachböden der Synagogen.

Genisafunde aus Aub werden vorgestellt

Am Jüdischen Kulturmuseum Veitshöchheim werden Genisafunde aus ehemaligen Synagogen gesichtet, beschrieben, näher bestimmt und nach einem einheitlichen Beschreibungsraster in einer Datenbank inventarisiert. Durch die Inhalte einer Genisa können zahlreiche Bereiche des jüdischen Lebens neu erschlossen werden, wie etwa die Einstellung zu religiösen Fragen, soziale oder wirtschaftlichen Strukturen oder Lesegewohnheiten sowie Schreib-und Sprachverhalten.

Nicht nur die jüdische Orts- oder Personengeschichte wird dadurch greifbarer. Genisafunde leisten auch für die Erforschung der regionalen Landes- und Kulturgeschichte einen wichtigen Beitrag. In dem kostenfreien Vortrag werden die Funde aus Aub genauer vorgestellt.

Entstehung des Landjudentums

"Landjuden in Unterfranken und anderswo - Ein Vergleich"; Mittwoch, 27. Oktober, 19 Uhr, Spitalmuseum: Vortrag von Dr. Rotraud Ries, Leiterin des Johanna Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken (Würzburg). Die Referentin wird in ihrem Vortrag auf die Entstehung und Ausprägung des Landjudentums seit dem 15. Jahrhundert eingehen. Am Beispiel Unterfrankens wird gezeigt, welche Auswirkungen das Leben auf dem Land für die wirtschaftliche Stellung und die kulturelle Entwicklung der jüdischen Bevölkerung hatte und welche Spuren jüdisches Leben in den Dörfern und Kleinstädten hinterlassen hat.

Musik und Rezitation "Entartete Musik?" mit Pia Viola Buchert (Mezzosopran), Maria Waloschek am Klavier und Christian Kleinert (Rezitation): Im Gedenkjahr "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ soll in Würzburg und den drei Landkreisgemeinden Aub, Röttingen und Gaukönigshofen mit ihrer reichen jüdischen Geschichte wieder Musik erklingen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfemt und verboten war.

Wiederaufleben vergessener Musik

Ziel des Konzeptprogramms ist das Wiederaufleben lassen dieser vergessenen Musik. Die Form der Gegenüberstellung von als „entartet“ diffamierter Musik mit ausgewählten Texten soll zur Auseinandersetzung mit dem Begriff „Entartete Musik“ und dessen Kontext anregen. Die Rezitationsteile bestehen aus Stimmen von NS-Funktionären und Pressemeldungen der damaligen Zeit, sowie aus Tagebucheinträgen damals verbotener Künstler, aber auch aus Texten mit „schwarzem“ jiddischen Humor.

Die Veranstaltungen finden statt am Freitag, 29. Oktober, um 20 Uhr in der Spitalkirche Aub; Samstag, 30. Oktober, um 20 Uhr in der Spitalkirche Röttingen; Sonntag, 31. Oktober, um 11 Uhr in Shalom Europa Würzburg und um 17 Uhr in der Synagoge Gaukönigshofen. Der Eintritt jeweils frei.

Bei allen Veranstaltungen gilt die 3G-Regel; Anmeldung bei Johannes Wolf, E-Mail: arsmusica.jwolf@t-online.de erforderlich.

 
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