Nicht zuletzt durch das neue Baugebiet "Sandäcker" mit insgesamt 260 möglichen Wohneinheiten sieht sich die Gemeinde Veitshöchheim verpflichtet, entsprechend ihrem Kindergartenbedarfsplan eine neue Kita für vier Krippengruppen und zwei Regelgruppen zu errichten. Da hier auch das Konzept eines Waldkindergartens beziehungsweise einer naturnahen Pädagogik realisiert werden soll, wählte der Gemeinderat im Juni 2021 unter drei möglichen Alternativen in nichtöffentlicher Sitzung mit einem einstimmigen Beschluss als Standort das in der Gartensiedlung hinter der Zweifeldtennishalle am Waldrand "Gebranntes Hölzlein" gelegene Außenbereichsgrundstück, das seit 2007 auch als Bolzplatz genutzt wird.
Diese Standort-Entscheidung des Gremiums rief nun über eineinhalb Jahre später den in unmittelbarer Nachbarschaft wohnenden Stellvertretenden Klinikdirektor Prof. Wolfram Voelker auf den Plan. "Mit großer Verwunderung habe ich erfahren, dass der Bolzplatz zugunsten eines Waldkindergartens aufgegeben werden soll", schreibt er in einem offenen Brief an den Bürgermeister. Er verweist darauf, dass im August 2007 auf Initiative der Anwohnerinnen und Anwohner der Bolzplatz angelegt wurde. Seitdem sei der Bolzplatz für Kinder und Jugendliche aus der Umgebung zum beliebten Treffpunkt geworden.
Arzt sorgt sich vor Bewegungsmangel
Voelker sagt: "Als Arzt mache ich mir große Sorgen über den zunehmenden Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen. Durch Corona und Homeoffice hat sich diese Problematik erheblich verstärkt. Ein Bolzplatz kann dieser negativen Entwicklung entgegenwirken." Von daher bat er den Bürgermeister, die Entscheidung zu überdenken und mit Erhalt des Bolzplatzes "Am Hölzlein" ein starkes Zeichen für die Förderung von Bewegung und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen zu setzen. Das ambitionierte Projekt Waldkindergarten, so forderte er, sollte an einem anderen Standort realisiert werden.
Der Bolzplatz war seinerzeit durch die private Initiative des Professors und seiner Frau Ursula in Zusammenarbeit mit weiteren Anwohnerinnen und Anwohnern im Rahmen einer beispielhaften Bürger-Aktion entstanden. Die Professorenfamilie und weitere Eltern des Wohnumfeldes hatten selbst die Gartenbaufirma Goßmann für 1000 Euro beauftragt, die Fläche als "grünen Teppich" herzurichten. Die Gemeinde beschaffte für 1100 Euro zwei Kleinfeldtore.
Heute weniger Kinder als 2007
Bis zu 30 Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis 17 Jahren waren es damals, die sich hier in idyllischer Lage am Waldrand im unmittelbaren Wohnumfeld in vielfältiger Weise austoben konnten. Aktuell sind es noch 18 Kinder zwischen sechs und 18 Jahren, die in dem Wohngebiet "Am Hölzlein" gemeldet sind.
Bürgermeister Jürgen Götz erklärt auf Nachfrage, dass die Gemeinde bereits die Weichen für den Kita-Neubau gestellt hat. Während die notwendige Änderung des Flächennutzungsplanes in der Märzsitzung behandelt werden soll, war der Gemeinderat am letzten Dienstagabend damit einverstanden, bereits jetzt vor Abschluss der Bauleitplanung ein Architekturbüro für die weitere Objektplanung in einem sogenannten VgV-Verfahren zu suchen.
Die Angelegenheit sei deshalb so eilig, so Götz, weil bekanntlich die Gemeinde kurzfristig den Kita-Bedarf für drei Gruppen noch in diesem Quartal mit einer Containerlösung auf ihr gehörenden Reihenhausbaugrundstücken im Baugebiet Sandäcker decken muss. Diese zeitlich auf zwei Jahre befristete Interimslösung kostet der Gemeinde 1,5 Millionen Euro.
Kunstrasen-Kleinspielfeld als Bolzplatz-Alternative
Um Lösungsvorschläge für die neue Kita "Am Hölzlein" zu erhalten, habe er zur Durchführung eines VgV-Verfahrens bereits im Herbst letzten Jahres als unaufschiebbares Geschäft das Büro "gk Projektmanagement" aus Kitzingen mit einem Kleinauftrag mit Kosten von 22.500 Euro bei drei Bietern bis zu 37.500 Euro bei maximal fünf Bietern beauftragt. Die gemeindliche Fläche hinter der Tennishalle hält er für groß genug, um den Bolzplatz von der Westseite an die Nordseite des Baufeldes zu verlegen. Einen anderen passablen Standort für den Kindergartenneubau, dessen Kosten grob geschätzt bei 4,6 Millionen Euro liegen, könne er nicht aus dem Hut zaubern.
Im Übrigen verwies der Bürgermeister darauf, dass nur 450 Meter entfernt das neue Kunstrasen-Kleinspielfeld außerhalb der Trainingszeiten des SV Veitshöchheim als öffentlicher Bolzplatz genutzt werden kann, was auch schon einige Jungs aus dem Wohnquartier tun.