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Würzburg
Uniklinik startet große klinische Studie zu "Wundermittel"
Die Würzburger Uniklinik koordiniert eine Studie mit 1000 Nierenpatienten: Schützt ein Diabetesmittel auch Niere und Herz? Die Studienärztin kann den Optimismus erklären.
Perspektive für Patienten mit chronischer Nierenerkrankung: ein neues Medikament könnte ihnen die Dialyse ersparen.
Foto: Arno Burgi, dpa | Perspektive für Patienten mit chronischer Nierenerkrankung: ein neues Medikament könnte ihnen die Dialyse ersparen.
Alice Natter
 |  aktualisiert: 27.04.2023 07:56 Uhr

Würzburg  Wissenschaftler sind mit plakativen Formulierungen zu neuen Wirkstoffen eher vorsichtig. Weil sie bei Patienten schnell große Hoffnungen wecken. Und die dann oft wieder gedämpft werden müssen. Was die große internationale Studie mit 5000 Nierenpatienten betrifft, die gerade in Oxford und in Würzburg angelaufen ist, wagt Studienärztin Dr. Susanne Brenneraber ohne großes Zögern eine erwartungsvolle Aussage: „Man hat fast den Eindruck, man hat hier ein Wundermittel gegen alle möglichen Volkskrankheiten gefunden.“ Und die Internistin und Kardiologin vom Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) ergänzt: „Ein wirklich gutes Mittel für alle möglichen Erkrankungen – mit einem so einfachen Mechanismus.“

Dr. Susanne Brenner, Internistin am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz, erwartet einiges vom Wirkstoff Empagliflozin - 'weil der Mechanismus so einfach ist'.
Foto: Daniel Peter | Dr. Susanne Brenner, Internistin am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz, erwartet einiges vom Wirkstoff Empagliflozin - "weil der Mechanismus so einfach ist".

Worum es geht? An der Universitätsklinik ist gerade der deutschlandweit erste Patient für eine klinische Studie zum Herz- und Nierenschutz rekrutiert worden. Die Forscher untersuchen dabei, ob ein vielversprechendes Diabetesmedikament auch Patienten ohne Diabetes hilft – und Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung dürfen hoffen.

Würzburg ist Studienzentrale und koordiniert die 33 deutschen Zentren

In der internationalen „EMPA-Kidney Studie“ wird in den kommenden Jahren untersucht, ob der Wirkstoff Empagliflozin solch positive Auswirkungen auf die Niere hat, dass die Patienten nicht an die Dialyse müssen und das Medikament schlussendlich sogar Leben rettet. Das Studienteam am Würzburger Uniklinikum hat jetzt den ersten Patienten deutschlandweit – und nach Oxford den zweiten weltweit. Insgesamt sollen 5000 Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung in den USA, Kanada, China, Japan, Malaysia, Großbritannien und Deutschland untersucht werden. Von der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des Uniklinikums Würzburg aus werden, unterstützt vom DZHI, die 33 deutschen Zentren mit insgesamt 1000 Patienten koordiniert und angeleitet.

Prof. Dr. med. Christoph Wanner, Leiter der Nephrologie am Universitätsklinikum, hat die große internationale Studie mit Kollegen aus Oxford auf den Weg gebracht.
Foto: Daniel Peter | Prof. Dr. med. Christoph Wanner, Leiter der Nephrologie am Universitätsklinikum, hat die große internationale Studie mit Kollegen aus Oxford auf den Weg gebracht.

Professor Dr. Christoph Wanner, Leiter der Klinischen Prüfung, hat mit Kollegen in Oxford „lange darauf hingearbeitet, die EMPA-Kidney Studie auf den Weg zu bringen“. Gemeinsam untersuchen die Mediziner jetzt, ob die tägliche Einnahme einer Empagliflozin-Tablette das Fortschreiten der Nierenerkrankung aufhalten kann. Dazu erhält die Hälfte der Teilnehmer Empagliflozin, die andere Hälfte ein Placebo. Die Würzburger Forscher hatten in einer großen klinischen Studie bei Patienten mit Herzerkrankung und Typ-2-Diabetes bereits nachgewiesen, dass Empagliflozin nicht nur den Blutzucker senkt, so Wanner. „Sondern auch die Todesfälle infolge einer Herzerkrankung reduziert und positive Auswirkungen auf die Nieren hat.“


Der Trick: Der Zucker wird ausgepinkelt

Anders als bisherige Diabetesmedikamente setzt das Empagliflozin, das Boehringer vor zehn Jahren entwickelte, nicht beim Insulin an. Sondern, erklärt Ärztin Susanne Wanner: „Es schmeißt den Zucker über den Urin aus dem Körper. Der Zucker wird einfach ausgepinkelt.“ Umgerechnet zehn Teelöffel Blutzucker pro Tag. Die positiven Folgen bekamen die Diabetes-Patienten mit chronischen Nierenproblemen zu spüren: „Die Niere wird durch das Mittel deutlich weniger belastet und gestresst“, sagt die Studienärztin. Die neue Nieren-Studie baut auf diesen Ergebnissen auf und soll zeigen, ob das Diabetes-Medikament auch bei Patienten ohne Diabetes die Niere schützt – und auch das Herz. Denn, so Brenner, durch das Medikament reduzierte sich bei den Patienten Übergewicht und Bluthochdruck, was wiederum einem schwachen Herzen zugute kommt.

Spätestens in drei bis vier Jahren sollen genug solide Daten vorliegen. Wenn es so läuft, wie die Würzburger Mediziner erwarten, könnte das Medikament 2024 auch für Nieren- und Herzpatienten ohne Diabetes zugelassen werden. „Für die Studienteilnehmer“, sagt Susanne Brenner, „ist es eine realistische Perspektive, dass sie selbst davon profitieren können.“   

 
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