Das Nierentransplantationsprogramm am Universitätsklinikum Würzburg erlebt in diesem Jahr ein doppeltes Jubiläum. Zum einen wurde dort im Dezember 1984, also vor ziemlich genau 30 Jahren, die erste Niere verpflanzt. Zum anderen überschritten die Würzburger Spezialisten schon im Mai 2014 die Marke von insgesamt 1000 Nierentransplantationen.
Wie das Universitätsklinikum Würzburg (UKW) mitteilt, wurden dort in den vergangenen Jahren im Durchschnitt jährlich 30 bis 40 Nieren transplantiert. Im deutschlandweiten Vergleich zählt das UKW-Nierentransplantationsprogramm zu den mittelgroßen Zentren. Geleitet wird es von Privatdozent Dr. Kai Lopau und seinem urologischen Kollegen Professor Hubertus Riedmiller.
Seit 1984 unter dem Nephrologen Prof. Ekkehart Heidbreder und dem Urologen Prof. Hubert Frohmüller die erste Nierentransplantation am UKW durchgeführt wurde, hat sich vieles verändert. „War früher der Zugang zur Warteliste für ein Spenderorgan stark limitiert, wurde er zwischenzeitlich deutlich geöffnet“, berichtet Lopau. „Heute können auch ältere Menschen eine neue Niere erhalten und so von der Dialyse wegkommen – unser Altersrekord liegt bei 74 Jahren. In den Anfangsjahren war dieses Angebot auf Patienten unter 50 Jahren beschränkt“, so der Oberarzt der Abteilung Nephrologie der Medizinischen Klinik I.
Diese aus humanitären Gesichtspunkten zu begrüßende Entwicklung wirft aber auch Probleme auf: Je älter die Nierenempfänger werden, umso mehr Begleiterkrankungen müssen die Mediziner im Blick behalten. Parallel dazu steigt bei älteren Patienten das Risiko von Komplikationen und Nebenwirkungen. Um auch für diese Zielgruppe die Erfolgsaussichten hoch zu halten, hat sich die Transplantationsmedizin ständig weiterentwickelt. Lopau: „Uns stehen heute zum Beispiel wesentlich schonendere Medikamente zur Verfügung, die wir in geringeren, weniger belastenden Dosierungen verabreichen können.“
Vertrauensverlust nach Skandal
Nicht nur das Durchschnittsalter der Organempfänger ist gestiegen, auch das Alter der gespendeten Organe. „Die Nierenfunktion eines 35-Jährigen, der bei einem Autounfall getötet wurde, ist sicher deutlich besser als die eines 65-Jährigen, der an einem Schlaganfall gestorben ist“, bringt Lopau die damit verbundene Problematik auf den Punkt. Doch auch in dieser Hinsicht habe sich die Medizin angepasst und den Umgang speziell mit älteren Organen vor, während und nach der Transplantation verbessert, zum Beispiel durch eine genauere Kühlung.
Als besonders tiefgreifende Veränderung zwischen 1984 und heute sieht Lopau den allgemeinen Vertrauensverlust in die Transplantationsmedizin. „Zu Beginn war das Vertrauen in die Organspende gerade hier in Unterfranken sehr hoch. Aber schon in den 1990er Jahren führten gesetzliche Unsicherheiten zu einem ersten Vertrauensverlust“, berichtet der Oberarzt. Besonders verheerend habe sich dann der Transplantationsskandal an einer Reihe von anderen deutschen Einrichtungen im Jahr 2012 ausgewirkt. Als Indiz für den Vertrauensverlust wertet Lopau unter anderem das offenbar schwindende Interesse von Dialysepatienten an einem Spenderorgan: „Im Moment haben wir am UKW 250 Patienten auf der Warteliste, weniger Patienten werden zur Abklärung der Transplantations-Eignung von ihren Nierenärzten vorgestellt.“
Um wieder Vertrauen aufzubauen, sollen noch transparentere und effizientere Strukturen geschaffen werden. Das UKW arbeitet dazu derzeit an der Umstrukturierung des Transplantationszentrums. Dieses soll als Dachstruktur die verschiedenen Transplantationsprogramme für Niere, Herz, Leber und Pankreas bündeln und Anfang 2015 seine Arbeit aufnehmen.