Seit der Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrags im Jahr 2016 sind zwischen den Gemeinden Úrkút in Ungarn und Oberpleichfeld Brücken zwischen den politischen Verantwortlichen, Bürgerinnen und Bürgern und Institutionen gebaut worden. Jeweils drei Mal ist eine deutsche Delegation nach Ungarn beziehungsweise eine ungarische nach Deutschland zu einem Partnerschaftsaustausch gereist. Diesmal kam der Wunsch nach einem Schwerpunktthema auf.
Von der EU gefördertes Projekt
"Wir wollten uns in diesen Zeiten der Unsicherheiten und des Krieges in der Ukraine bewusst mit europäischen Werten befassen", erklärt Gerhard Habel. Deshalb habe der Partnerschaftsverein den Entschluss gefasst, sich für ein Projekt zu bewerben, das die EU bezuschusst. Es heißt CERV-Citizens-Town. Schwerpunktmäßig und inhaltlich ging es um die Themen Menschenrechten, Menschenwürde und den Schutz von Minderheiten.
Die Oberpleichfelder wählten den Projekttitel: "Deutsch-ungarischer Partnerschaftsdialog. Europa, das sind wir zusammen, in der Geschichte und in der Gegenwart". Das Gestalten einer gemeinsamen Zukunft stand im Fokus. Der Zuschussantrag war aufwändig und das Programm anspruchsvoll. Aber die Gemeinde bekam Gelder der EU und konnte somit während des dreitägigen Besuchs manche Aktion durchführen, für die sie die Mittel sonst nicht gehabt hätten.
Zwei Jugendliche und ihre Sicht auf Europa
Schon am ersten Abend führten zwei Jugendliche in das Thema ein. Lara Novák aus Úrkút und Joshua Scheven aus Oberpleichfeld hatten Präsentationen vorbereitet. Sie beleuchteten aus individueller Sicht den Weg ihres Landes in die EU und die geschichtlichen Verbindungen der beiden Länder. Für das deutsche Volk hat Ungarn beispielsweise mit seiner Grenzöffnung im Mai 1989 erheblich zur deutschen Wiedervereinigung beigetragen.
"Ich bin froh darüber, dass wir alle in dieser EU friedlich leben können und miteinander hier in einem Raum sitzen können", sagte Joshua Scheven. Seine Vortragspartnerin aus Úrkút pflichtete ihm bei. "Wir können uns gegenseitig unterstützen", nickte sie.
Anspruchsvolles Programm für die Besucher
Die Partnerschaftsvorsitzenden Gerhard Habel und Angela Czik waren sich einig, dass das Besuchsprogramm der 39-köpfigen Gruppe aus Ungarn "teilweise eine schwere Kost ist". Bei den Führung im Museum Schalom Europa in Würzburg wurden beispielsweise die Glaubens- und Religionsfreiheit sowie die Geschichte des Judentums im Unterfranken erörtert.
Ähnlich war es im Ausbildungsbetrieb für benachteiligte Jugendliche in Gadheim. Gesprochen wurde über das menschenwürdige Dasein. Vom Ausbildungskonzept auf dem Markushof, von den Gemeinschaftshäusern, der Vermittlung der Jugendlichen an passende Arbeitgeber oder den Betreuungsmöglichkeiten nach der Ausbildung waren die ungarischen Gäste sehr beeindruckt.
Eintrag ins Goldene Buch am EU-Mittelpunkt
"Wir kümmern uns auch um benachteiligte Jugendliche, aber nicht in dieser tollen Form", lobte beispielsweise Ferenz Heilig. Der Úrkúter spricht sehr gut Deutsch und war wieder ein kompetenter Übersetzer. Das nahmen die Bürgermeisterinnen Martina Rottmann und Anikö Fülöp gern in Anspruch, genauso wie Bürgermeister Jürgen Götz aus Veitshöchheim beim Treffen am Mittelpunkt der EU in Gadheim. Hier trugen sich die Gäste in das Goldene Buch ein.
Donauschwäbische Vorfahren
Es gab dem Treffen Würze, dass alle Altersgruppen vertreten waren. Aus Ungarn waren unter anderem der Ortsnotar und vier Mitarbeiterinnen der Ortsverwaltung angereist. Zwei von ihnen sind zudem Mitglieder der deutschen Selbstverwaltung in Úrkút. Die Hälfte der Gäste versteht oder spricht Deutsch. Ihre Vorfahren waren Donauschwaben, die sich im 18. Jahrhundert im damaligen Königreich Ungarn niedergelassen haben.
Zum touristischen Besuchsprogramm gehörten ein Altstadtbummel in Würzburg und in Veitshöchheim, eine Schifffahrt auf dem Main, eine Fahrt nach Rothenburg mit Informationen zur Bedeutung der Stadt und der mittelalterlichen Zünfte. Auch hier ging es um das Lernen aus der Vergangenheit für Gegenwart und Zukunft.
Beachvolleyball und "Ein bisschen Frieden"
Auf sportlicher und geselliger Ebene wurde ein Beach-Volleyballturnier gespielt, gemeinsam im Sportheim gegessen, mit Schnaps auf das gegenseitige Wohl angestoßen, landestypische Geschenke ausgetauscht und immer wieder gesungen. Besonders ergriffen waren alle beim Singen des hoffnungsvollen Liedes "Ein bisschen Frieden".
Oft ging es lustig zu. Die jungen Leute sind zu den Klängen der Oberpleichfelder Musikkapelle um das Apfelbäumchen getanzt, das die Oberpleichfelder ihren Gästen schenkten. Gefallen haben auch die EU-Mittelpunkt-Bocksbeutel und die EU-Urkunden mit persönlichen Bildern darauf. Beim Abschied flossen einige Tränen der Rührung.
Zum Fischfest der Oberpleichfelder Ende Juli wird wieder die "Langosch-Gruppe" für den ungarischen Spezialitätenstand sowie eine Porzellanmalerin für das Kinderschminken erwartet. Beide Seiten haben den Wunsch, sich weiter intensiv auszutauschen.