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WÜRZBURG
Unaufdringlich gegen Drogen
Engagieren sich im Projekt „mindzone“: Carina Schmidt, Tabea Fischer von Mollard und Luisa Dietz (von links).
Foto: Pat Christ | Engagieren sich im Projekt „mindzone“: Carina Schmidt, Tabea Fischer von Mollard und Luisa Dietz (von links).
Pat Christ
Pat Christ
 |  aktualisiert: 01.06.2015 15:45 Uhr

„Trinkst du nie?“ Das wird Tabea Fischer von Mollard oft in der Disko gefragt. Und zwar dann, wenn sie für das Drogenpräventionsprojekt „mindzone“ im Einsatz ist. Tabea ist eine von 19 Ehrenamtlichen, die durchschnittlich zweimal im Monat in Diskos oder auf Festivals über Drogen aufklären. Das geschieht unaufdringlich an einem peppigen Stand mit kleinen Geschenken und einem Mitmachquiz, das zum Stehenbleiben animiert.

Tabea trinkt durchaus mal Alkohol, wenn sie auf einer Party eingeladen ist. „Doch ich muss beim Feiern nicht unbedingt etwas konsumieren“, sagt die Bürokauffrau: „Wenn ich zum Beispiel am nächsten Vormittag eine Verabredung habe, trinke ich am Abend vorher auf der Party nichts.“ Es gibt ja leckere Alternativen. „Zum Beispiel alkoholfreie Cocktails“, so die 21-Jährige, die seit fünf Jahren zum Team der „Peers“ gehört. „Peers“, so heißen die ehrenamtlichen Mitarbeiter, die das Herzstück des Konzepts bilden.

„Es gibt Zwölfjährige, die schon Wodka trinken, und 18-Jährige, die bisher kaum etwas konsumiert haben.“
Carina Schnitt Sozialpädagogin

Beim Umsonst & Draußen vor fünf Jahren kam Tabea in Kontakt mit dem Projekt, das beim diözesanen Caritasverband in Würzburg angesiedelt ist: „Ich nahm damals am Quiz teil.“ Dort musste sie so kniffelige Fragen beantworten wie: „Warum werden Frauen schneller betrunken als Männer?“ Das machte der Jugendlichen Spaß. Das Thema „Drogen“ interessierte sie aber auch, weil sie sich um einen Bekannten Sorgen machte: „Der probierte damals sehr viel aus.“ Würde er an den Drogen hängen bleiben? Oder es schaffen, von den Sachen loszukommen?

Zwischen 17 und 30 Jahre sind die aus Stadt und Kreis Würzburg stammenden Peers alt, sagt Sozialpädagogin Carina Schmitt, die zusammen mit ihrer Kollegin Luisa Dietz „mindzone“ leitet. Damit sind die Freiwilligen genau in der Altersgruppe jener Jugendlichen und jungen Erwachsenen, an die sich „mindzone“ wendet. Die Erfahrungen junger Leute mit legalen und illegalen Rauschmitteln sind Schmidt zufolge heute höchst unterschiedlich: „Es gibt Zwölfjährige, die schon Wodka trinken, und 18-Jährige, die bisher noch kaum etwas konsumiert haben.“ Die Experimentierlust sei insgesamt groß: „Doch ich könnte nicht sagen, dass heute mehr oder in jüngeren Jahren konsumiert wird als früher“, sagt Schmitt.

Nachts in der Disko hat es das haupt- und ehrenamtliche „mindzone“-Team natürlich häufig mit jungen Leuten zu tun, die sichtbar nicht mehr ganz Herr ihrer Sinne sind. Neulich im Capitol zum Beispiel kam ein recht stark betrunkener junger Mann zu Carina Schmidt.

Er glaube, meinte er, inzwischen ein Alkoholproblem zu haben: „Er hatte einen Verkehrsunfall gehabt und angefangen, zu trinken, um seine Schmerzen zu betäuben.“ Schmidt machte ihn auf die Möglichkeit aufmerksam, doch mal eine Suchtberatungsstelle zu kontaktieren. Auch sorgte sie dafür, dass sich der junge Mann Infomaterial in die Hosentasche stopfte – falls er sich am nächsten Tag nicht mehr an das Gespräch mit ihr erinnern sollte. Auf einem der Flyer stand auch die Adresse der „mindzone“-Onlineberatung.

Jeden Tag wendet sich im Durchschnitt ein junger Mensch aus der Region online an das Würzburger Beratungsteam. „Manchmal werden die Mails mitten in der Nacht geschrieben“, so Luisa Dietz. Offenbar in „bedröhntem“ Zustand. Diesen jungen Menschen geht im Rausch allerhand durch den Kopf, das sie sich von der Seele schreiben wollen.

Aber es gibt auch ganz konkrete Anfragen. So erhielt Carina Schmidt kürzlich eine Mail, die eine Crystal-Konsumentin geschrieben hatte: „Sie bekam nach dem Spritzen einen Abszess im Arm und fragte, was sie nun tun sollte.“ Carina Schmidt forderte sie auf, möglichst rasch zum Arzt zu gehen: „Ich verwies sie darauf, dass Ärzte ja unter Schweigepflicht stehen.“ Auch mache sie auf die „mindzone“-Homepage und die dort zu findenden Infos über Crystal aufmerksam. Doch dabei beließ es die Sozialpädagogin auch. Aus der Mail ging klar hervor, dass die Frau derzeit nicht für einen Suchtausstieg bereit ist. „Missionieren“ hätte keinen Sinn gemacht. Im Gegenteil: „Das wäre abschreckend gewesen.“

mindzone

Im Frühjahr 1996 wurde das Präventionsprojekt vom Landes-Caritasverband und dem Bayerischen Gesundheitsministerium in München gegründet.

Seit August 2003 touren Würzburger Mitarbeiter von „mindzone“ durch Diskotheken in der Region, außerdem sind sie auf Festivals im nordbayerischen Raum vertreten. Das Würzburger Team hatte bisher 210 Einsätze. Über 200 000 junge Menschen wurden erreicht. 68 sogenannte Peers engagierten sich bislang für jugendgerechte Drogenaufklärung der Altersgenossen.

Im Jahr 2014 leisteten sie 780 Stunden ehrenamtliche Arbeit. Wer als Peer in Würzburg mitarbeiten möchte, kann sich unter Tel. (09 31) 38 66 66 91 an „mindzone“ wenden. Text: pat

 
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Kommentare
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  • S. S.
    Kirche und Caritas nehmen hier gerne Geld in die Hand, um dieses Projekt zu ermöglichen. Für viele erstaunlich: Nicht der moralische Zeigefinger, sondern die lockere Art, auf die Probleme mit legalen und illegalen Drogen aufmerksam zu machen, führen bei „mindzone“ zum Erfolg. Wer mehr erfahren will, kann sich an die Caritas oder direkt an „mindzone“ in Würzburg wenden.
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