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WÜRZBURG
Ulrike Schäfer über Gleichberechtigung in der Kunst
Pat Christ
Pat Christ
 |  aktualisiert: 04.03.2015 18:49 Uhr

Sappho, die Schwestern Brontë, Jane Austen oder Elfriede Jelinek – die Literaturgeschichte kennt viele faszinierende Frauen. Doch beim Blick hinter die Kulissen wird erkennbar: Der Literaturmarkt ist wie der Kunstmarkt noch immer von Männern dominiert. Die Würzburger Veranstaltung zum Internationalen Frauentag am 8. März greift dieses Thema heuer auf. Wir sprachen im Vorfeld mit der Würzburger Schriftstellerin Ulrike Schäfer über ihre Erfahrungen.

Frage: Seit wann schreiben Sie schon? Und seit wann sind Sie in Kontakt mit dem Literaturmarkt?

Ulrike Schäfer: Ich habe schon als Kind viel geschrieben. Ich wusste auch bald, dass ich Autorin werden möchte. Dann kam aber erst mal der Realitätssinn, ich sagte zu mir selbst: Das ist doch kein Beruf! Danach gab es eine lange Pause. Etwa 2003 fing ich wieder ernsthaft an, Kurzgeschichten zu schreiben. Und zwar nicht für die Schublade. 2007 war mein erster Text in einer Literaturzeitschrift. Dies war denn auch mein erster Kontakt zum Literaturmarkt. Danach erschienen ziemlich viele Texte von mir in verschiedenen Literaturzeitschriften. 2010 schließlich erhielt ich den Würth-Literaturpreis.

Welche Erfahrungen haben Sie als Frau auf dem Literaturmarkt bisher gemacht? Sie werden beim Frauentag auf der Frankenwarte von den abwesenden Frauen im Literaturbetrieb sprechen.

Schäfer: Mir fällt einfach auf, dass man, je höher man hinaufgeht im Literaturbetrieb, desto weniger Frauen findet. In Seminaren und Workshops gibt es noch viele Frauen, auch kleinere Preise gehen oft an Frauen. Konkret stutzig wurde ich, als ich für einen Text von mir gezielt nach Redakteurinnen von Literaturzeitschriften suchte. Verblüffend. Es war schwer, überhaupt eine Redaktion zu finden, wo auch nur eine Frau sitzt!

Mit Eva Leipprand wählte der Schriftstellerkongress in Berlin kürzlich eine bayerische Autorin als Vorsitzende des Deutschen Schriftstellerverbands. Steht das nicht im Widerspruch zu Ihrer These?

Schäfer: Das ist kein Gegenargument. Wir haben ja auch eine Bundeskanzlerin. Natürlich ist es nicht so, dass Frauen komplett fehlen. Aber wenn man genauer hinguckt, stellt man einfach erstaunliche Ungleichgewichte fest. Was Redaktionen anbelangt oder Jurys. Auch besteht die überwältigende Mehrheit der Verleger aus Männern. Für mich selbst völlig unerwartet war, dass die Verlage auch tatsächlich mehr männliche Autoren verlegen als Frauen. Ich begann irgendwann, bei verschiedenen Verlagen zu zählen. Das mit Abstand beste Ergebnis war 40 Prozent Frauen im nächsten angekündigten Programm. Damit hatte ich wirklich überhaupt nicht gerechnet.

Sie selbst sind Vorstandsmitglied im bayerischen Schriftstellerverband. Wie erleben Sie dort die Arbeit?

Schäfer: Der Schriftstellerverband ist bei ver.di organisiert, und diese Gewerkschaft hat die Frauenquote in ihrer Satzung verankert. Das heißt, dass Frauen ihrem Verhältnis an der jeweiligen Organisation entsprechend in allen Gremien vertreten sein müssen. Die Zusammenarbeit erlebe ich dort als positiv und kollegial. Außerdem bin ich ja noch bei der Autorinnenvereinigung engagiert. Dort gibt es übrigens momentan Bestrebungen, eine größere Studie zu Frauen im Literaturbetrieb mit zu initiieren. Aber das ist natürlich eine Kostenfrage.

Wie verhalten sich Frauen im Literaturbetrieb untereinander? Solidarisch? Oder denkt jede nur an sich? An ihre Karriere?

Schäfer: Ich erlebe tatsächlich nur Solidarität. Konkurrenzdenken ist mir noch nicht begegnet. Auch nicht im Stuttgarter Schriftstellerhaus, wo ich derzeit als Stipendiatin arbeite. Ich erlebe vielmehr eine neidlose Begeisterung für andere Frauen, die etwas Tolles geschaffen haben. Man empfindet Achtung, weil man weiß, wie schwer es ist, etwas so Tolles zu schaffen. Und lernt davon.

Wer ist ihre Lieblingsautorin?

Schäfer: Meine liebste Autorin ist bis heute Marie Luise Kaschnitz, die „Königin der Kurzgeschichte“. Ich las sie schon als Jugendliche. Ich schätze außerdem Marlen Haushofer. Wer mich schließlich begeistert, auch wenn sie komplett anders schreibt als ich, ist Arundhati Roy. Ich muss ihren Roman „Der Gott der kleinen Dinge“ demnächst unbedingt noch mal lesen, er ist einfach fantastisch.

Veranstaltungshinweis

Unter dem Motto „Die Kunst der Gleichberechtigung“ findet am Sonntag, 8. März, ab 16.15 Uhr eine Veranstaltung zum Internationalen Frauentag in der Akademie Frankenwarte in Würzburg statt. Es geht um den Stand der Gleichberechtigung in Literatur, Musik, Bildhauerei, Theater und Malerei. Würzburgs Kulturpreisträgerin Angelika Summa wird über die gesellschaftliche Akzeptanz der Kunst von Frauen referieren. Die Würzburger Autorin Ulrike Schäfer geht den Gründen für die Abwesenheit von Frauen im Literaturbetrieb nach. Eintritt: 15 Euro (ermäßigt 13 Euro).

 
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    Kunst, das ist selten etwas greifbares, oft wird sie schlecht, wenn sie politisch wird.
    Das man in der staatlich subventionierten SPD-Schule Frankenwarte nun tatsächlich sich über anscheinend gute (weibliche) und schlechte (männliche) Kunst auslässt, verwundert mich bei der derzeitigen Lage der Sozialdemokraten nicht.
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  • M. N.
    Es gibt bestimmt mehr Leserinnen als Leser. Wollen Sie auch da eine Quote einführen?
    Jeder liest was gefällt. Oder soll das in Zukunft vorgeschrieben werden?
    Auf jedem Gebiet wird die Frauenquote gefordert, dies ist übertrieben.
    Es drängt sich in Zukunft die Frage bei Frauen auf: Haben Sie es geschafft oder sind Sie Frau?
    Ich werde bei meiner Frau die Männerquote einfordern.
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    das was Männer machen darf nur zu 50 % Kunst sein.... grinsen
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