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Würzburg
Überbordende Virtuosität und Behutsamkeit: Applausorkan für den Pianisten Aurèle Marthan beim Meisterkonzert
Meisterkonzerte Würzburg:Pianist Aurèle Marthan spielt Werke von Rameau, Mozart, Beethoven, Ravel und Liszt in der Hochschule für Musik in Würzburg.
Foto: Thomas Obermeier | Meisterkonzerte Würzburg:Pianist Aurèle Marthan spielt Werke von Rameau, Mozart, Beethoven, Ravel und Liszt in der Hochschule für Musik in Würzburg.
Elke Tober-Vogt
 |  aktualisiert: 06.05.2023 02:29 Uhr

Understatement – mit diesem Begriff lässt sich wohl zumindest ein Teil der Künstlerpersönlichkeit Aurèle Marthan beschreiben. Der französische Pianist sorgte mit seinem Soloabend im Rahmen der Meisterkonzerte der Musikalischen Akademie zunächst für einen Wind an Applaus, der sich im Laufe des Konzerts zu einem wahren Orkan steigerte.

Marthan beginnt mit Beethoven und erweist sich sofort als großer Erzähler musikalischer Geschichten und Zusammenhänge. Fast zu leicht wirkt sein Anschlag jedoch zu Beginn der Sonate Es-Dur op. 27/1, manche Töne brechen gar aus den Linien weg. Doch es entsteht ein weiches Klangbild, bei dem traumverlorene Elemente ans Licht geholt werden und Sturm und Drang auch nicht zu kurz kommen. Ebenso behutsam geht Marthan mit Schuberts Sonata Nr. 13 A-Dur um, wobei selbst aus nachdenklichen Passagen großer innerer Jubel strahlt. Der Künstler befreit die Musik von Bodenständigkeit, lässt sie schweben und sich entwickeln. Aufbrausendes wirkt bei ihm nicht zügellos, sprudelnde Ausbrüche federt er geschickt ab.

Mozart angelegt wie eine verspielte Improvisation 

Für Mozarts Sonate Es-Dur KV 282 nimmt er sich einiges an Freiheit, legt sie zunächst wie eine verspielte und charmante Improvisation an. Vielleicht ist es das, was diese Interpretation so unverbindlich und introvertiert wirken lässt. Auch Rameaus "Les Sauvages" hat zwar Biss, bleibt aber diffus und, vergleicht man etwa mit Grigory Sokolov, nivelliert in der Aussage.

Mit "Noctuelles" (Nachtfalter), "Oiseaux tristes" (Traurige Vögel) und "Alborada del Gracioso" (Morgenständchen eines Narren) aus Maurice Ravels "Miroirs" (Spiegelbilder) taucht Aurèle Marthan tief ins Atmosphärische ein. Quirliges Leben, changierende Farben, Pikanterie und Beharrlichkeit wechseln mit Dunkelheit und nachsinnendem Verlöschen. Trotz locker eingesetzter und überbordender Virtuosität erliegt Marthan hier nicht der Versuchung, zum tönefressend plakativen Tastenlöwen zu werden. Vielmehr legt sein Spiel Zeugnis ab von großer Sensibilität bei vollkommener Beherrschung des Instruments. Gleiches gilt für Liszts Ungarische Rhapsodie Nr. 13: ein opulentes Spektakel, dessen Spannungsbogen den atemlos Lauschenden geradezu aufsaugt.

Zweite Zugabe mit "Meeresfeeling"

Fast überrascht und schüchtern nahm Aurèle Marthan den Applausorkan, der ihm vom Publikum entgegenschlug, entgegen – Understatement eben. Und mit der zweiten Zugabe lieferte er tatsächlich ein wenig von dem "Meeresfeeling", das er dem Würzburger Publikum mitbringen wollte: Auf der Basis der hämmernden Nummer "Sur la planche" der baskischen Rock-Gruppe La Femme umrundet hier das Geschehen Camille Saint-Saens‘ "Aquarium" aus dem "Karneval der Tiere" – eine gelungene Symbiose und Anlass für erneuten Jubel im Konzertsaal der Musikhochschule.

Meisterkonzerte Würzburg:Pianist Aurèle Marthan spielt Werke von Rameau, Mozart, Beethoven, Ravel und Liszt in der Hochschule für Musik in Würzburg.
Foto: Thomas Obermeier | Meisterkonzerte Würzburg:Pianist Aurèle Marthan spielt Werke von Rameau, Mozart, Beethoven, Ravel und Liszt in der Hochschule für Musik in Würzburg.
 
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