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Würzburg
Über Angelika Mechtel und ihren Würzburg-Verriss
In einem Merian-Heft hatte Schriftstellerin und Ex-Würzburgerin Angelika Mechtel nicht viel Gutes über Würzburg zu erzählen. Was im Verriss niedergeschrieben war.
Angelika Mechtel, Schriftstellerin aus Würzburg.
Foto: Privatarchiv Mechtel | Angelika Mechtel, Schriftstellerin aus Würzburg.
Wolfgang Jung
Wolfgang Jung
 |  aktualisiert: 07.04.2020 09:58 Uhr

Sie hat Würzburg nicht gemocht und alle sollten es wissen: Die Schriftstellerin und Ex-Würzburgerin Angelika Mechtel hat 1972 einen knackigen Würzburg-Verriss geschrieben, für die Juli-Ausgabe des Merian-Heftes.

Würzburgs Stadtheimatpfleger Hans Steidle beschäftigte sich Anfang dieses Jahres in einem Gastbeitrag für diese Redaktion mit Mechtel als einer der "interessantesten deutschen Autorinnen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts". Würzburg habe sie "nicht unwesentlich" geprägt. Verwunderlich sei, meinte er, dass die Würzburger dieses "sehr große Talent" vergessen hätten.

Bis September 1963 in Würzburg gelebt

Mechtel, 1943 in Dresden geboren, 2000 in Köln gestorben, lebte dem Stadtarchiv zufolge von April 1960 bis September 1963 in Würzburg, in der Rüdigerstraße 2. Prägen konnte sie in dieser kurzen Zeit wohl nur ihr Konflikt mit der würzburgischen Bürgerlichkeit und Katholizität. Sie war 19 und Gymnasiastin bei den Ursulinen, als sie schwanger wurde.

Ein Jahr später verließ Mechtel die Stadt. Es war das gleiche Jahr, in dem ihr erster Gedichtband, "Gegen Eis und Flut", erschien. In ihrem "Merian"-Beitrag schrieb sie: "Als ich vor zehn Jahren von Würzburg wegging, war es dieses tödliche Desinteresse, diese schlafende Heiterkeit, die mich bedrückte und mich davon überzeugte, nicht mehr zurückzukehren, es sei denn, zu kleinen Besuchen."

Die Schriftstellerin, mit einigen Preisen bedacht, ließ sich in Nordrhein-Westfalen nieder und engagierte sich in der Folgezeit für eine Literaturgattung, die den Würzburgern in ihrer fabrikenarmen Stadt fremd war: der Arbeiterliteratur. Sie war Feministin und der SPD zugetan. Da war wenig, was Würzburger Herzen erwärmte.

Leben bei den Ursulinen

Den "Merian"-Lesern erzählte Mechtel, wie es war bei den Ursulinen. In der Handarbeitsstunde sagte "die Nonne: ,Jeder Stich, Herr, für Dich‘, und im Stenografie-Unterricht: ‚Jeder Strich, Herr, für Dich‘". Sie berichtet von einer "dumpfen Religiosität", in der Nietzsche zu lesen einer Todsünde gleichkam.

Für "Merian" wollte sie erforschen, welches Verhältnis die Würzburger zu ihrer Stadt haben. Ein sonniger Tag in einer schönen Stadt sei das gewesen, in der die Jungen nicht interessiert, was los ist, und in der die Alten dem Alten hinterher trauen, das im Bombenangriff vom 16. März 1945 untergegangen ist. Fast habe Würzburg den Eindruck einer Stadt ohne Probleme gemacht. "Heiter und ruhig wirkt diese Stadt, wie in einen hundertjährigen Schlaf verfallen." Und das, erinnert Mechtel, trotz der "Aktion Widerstand", die sich zwei Jahre zuvor in der Frankenhalle gründete: rund 4000 alte und neue Nazis, die anschließend durch Würzburg marschierten und Parolen skandierten wie "Brandt an die Wand".

Auf dem Marktplatz, 1972 nach zweijähriger Bauzeit neu eröffnet, fragte sie junge Leute, die "scheinen apathisch und passiv und rufen nach Diskotheken". Ihr Eindruck: "Der Bürger zieht sich in seine vier Wände zurück. Das Geschick der Stadt möchte er nicht selbst bestimmen, dafür hat er seinen Stadtrat."

Würzburg sei eine "Biedermeierstadt ohne Brandstifter". Sie schreibt: "Sechzig Minuten Tonbandaufnahmen lassen mich erschrocken nach den nächsten Abfahrtszeiten der Züge sehen."

 
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