zurück
RIMPAR
Über 30 Jahre lang die Wallfahrer bewirtet
Guido Chuleck
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:56 Uhr

Ausgerechnet bei der Premiere im Jahr 1979 ging was Entscheidendes schief: das Sauerkraut war angebrannt, und einige hundert hungrige Wallfahrer mussten versorgt werden. Das Problem: es war Sonntag, die Geschäfte waren geschlossen, und die Gaststätten in Rimpar hatten auch nicht aushelfen können. Denn die hatten allesamt komplett dichtgemacht. „Wir haben es irgendwie doch noch geschafft, ein kleines Fass Sauerkraut aufzutreiben und konnten gerade noch rechtzeitig Kraut und Rippli anbieten“, erzählt Marga Hörrmann. Das war auch dringend notwendig, denn für die Teilnehmer der Kreuzbergwallfahrt (173 Kilometer) war Rimpar die letzte Station vor Würzburg auf dem Rückweg, und die Zeit war auch schon damals eng getaktet.

In früheren Zeiten, berichtet Marga Hörrmann, waren die Wallfahrer immer in Gaststätten eingekehrt, bis das Gaststättensterben auch den letzten Betrieb erwischt hatte. Deshalb mussten die Wallwahrer hungrig und durstig auf der Kirchentreppe in Rimpar hocken, bevor sie ohne Verpflegung weitergezogen sind. „Dann ist im Jahr 1979 die KAB Rimpar gefragt worden, ob sie sich eine Bewirtung vorstellen könnten, und das haben wir dann auch gemacht“, sagt Marga Hörmann, deren Ehemann Karl-Heinz Kassier bei der KAB war.

Gemeinsam mit dem Ehepaar Hörrmann organisierten auch Otto Schraud, Johanna Keidel und Josef Arnold diese Bewirtung, und seit 1983 erledigt das das Ehepaar Hörmann in Eigenregie. Und weil Marga mittlerweile 81 Jahre alt ist und Karl-Heinz 82, kommen sie ohne einen großen Helferkreis gar nicht aus. Zwischen 50 und 60 Helfer sind jedesmal mit dabei, wobei die Aufgaben eher klassisch geteilt sind: die Frauen bereiten das Essen zu, die Männer sind für alle anderen Arbeiten eingeteilt. So sind sie zum Beispiel dafür zuständig, die 35 Bierzeltgarnituren und die vielen Sonnenschirme im Garten des Pfarrheimes, dem Bischof-Schmitt-Haus, aufzustellen. Und 20 Bedienungen flitzen zwischen der Essensausgabe und den Wallfahrern hin und her, „damit die sich ausruhen können und nicht noch an irgend einem Buffet anstehen müssen“, sagt Marga Hörrmann.

Das Essen ist schlicht und einfach: Bratwurst mit Salat (fünf Euro) sowie Kaffee und Kuchen (2,50 Euro, einmal Nachschenken inklusive). „Es darf auch nichts anderes sein als Bratwurst“, sagt Marga Hörrmann lächelnd. „Zur 300-Jahr-Feier hatte ich zur Feier des Tages Spießbraten und Kassler gemacht. Das ist auch gegessen worden, aber alle haben gesagt, dass sie doch lieber eine Bratwurst gegessen hätten.“ Also gibt es Bratwurst und gemischten Salat, der am Vortag von vielen ehrenamtlichen Helferinnen geputzt und vorbereitet wird. Die Salate selbst sind teilweise gespendet, teilweise ist Karl-Heinz Hörrmann als Einkäufer unterwegs. „Dann kaufe ich mal eben fünf Kilo Tomaten, 30 Salatköpfe und 35 Schlangengurken“, erzählt er.

Weil auch er körperlich die ganze Arbeit nicht allein stemmen kann, wird er von Männern aus der Pfarrgemeinde unterstützt. Auch Schwester Gabriela, die Ordensschwester, ist in dieses Großereignis eingebunden. Sie versorgt die Wallfahrer mit Kaffee, und auch beim Kuchenbuffet dürfen sich die Wallfahrer auf eine Bedienung einstellen. Allein im vorigen Jahr hatten viele Spender 22 Kuchen gebacken, „und die waren ratzeputz weggegessen“, sagt Marga Hörmann.

Auch in diesem Jahr dürften es mehr als 20 Kuchen werden, von denen vermutlich nicht viel übrig bleiben werden.

Für die Hörrmanns ist die Organisation dieses Essen die letzte, die sie übernehmen werden. „Wir sind beide über 80, da wird es langsam Zeit, den Hut zu nehmen“, sagt Karl-Heinz Hörrmann, und Marga stimmt ihm aus ganzem Herzen zu. Mehr als 30 Jahre war Marga das, was sie gar nicht gern hört, nämlich die Chefin im Ring. Resolut, bestimmt, mit viel Übersicht und einem großen Herz für ihre Helferinnen und Helfer - so lässt sich die 81-Jährige am besten beschreiben. Das Organisieren ist ihr als Älteste von acht Geschwistern in die Wiege gelegt worden.

Auch ihren Beruf organisierte sich die damals 17-Jährige selbst: „Ich bin aufs Geratewohl nach Pforzheim gefahren und habe dort einen Job in einer Großküche bekommen“, sagt sie. Nach drei Monaten kehrte sie nach Rimpar zurück, um erneut in Pforzheim eine Arbeitsstelle zu finden. Die hatte ihr ein Gastwirt auch angeboten. Beim ersten Arbeitstag wurde sie gebeten, mal einen Schritt zur Seite zu treten, weil gleich „ein junger Mann“ Tische hereintragen werden.

„Aus dem jungen Mann wurde ein alter Mann, nämlich meiner“, sagt Marga Hörrmann liebevoll lächelnd. 1954 war die Hochzeit, und das Ehepaar ließ sich in Rimpar nieder. Dort ist es seit langem in der Kirchengemeinde aktiv, wobei es sich auch da mehr und mehr zurück ziehen wird.

Um die Organisation des Essens für die Wallfahrer, das mit einem Zeitrahmen von einer Stunde sehr eng gesteckt ist, müssen sich die Hörrmanns keine Sorgen machen. Die Arbeit von Zweien übernehmen jetzt fünf Frauen: Karin Gutbrod, Maria Fasel, Marga Schäfer, Gertraud Wurm und Erika Fischer. Alle sind schon seit Jahren mit Herzblut bei der Sache und freuen sich auf die Aufgabe. Denn seit Jahren sind die Wallfahrer voll des Lobes über die Bewirtung und die Atmosphäre, von der sie empfangen werden. Wirklich aufhören können die Hörrmanns aber auch nicht. „Wir werden weiterhin helfen, aber ab dem nächsten Jahr sind es dann andere, die als Erste kommen und als Letzte das Licht ausmachen“, sagt Karl-Heinz Hörrmann.

Kochen für die Kreuzberg-Wallfahrer in Rimpar. Zum letzten Mal ist Marga Hörrmann (Dritte von links) die Cheforganisatorin für die Bewirtung der Kreuzbergwallfahrer in Rimpar. Ab dem nächsten Jahr werden sie und ihr Mann Karl-Heinz als normale Helfer weitermachen. Das neue Organisationsteam besteht aus (von links) Karin Gutbrod, Maria Fasel, Marga Schäfer, Gertraud Wurm und Erika Fischer.
Foto: Guido Chuleck | Kochen für die Kreuzberg-Wallfahrer in Rimpar. Zum letzten Mal ist Marga Hörrmann (Dritte von links) die Cheforganisatorin für die Bewirtung der Kreuzbergwallfahrer in Rimpar.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Rimpar
Guido Chuleck
Essen
Kuchen
Salatköpfe
Sauerkraut
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top