Nicht Aids, sondern TB: Für die Weltgesundheitsorganisation WHO ist die Tuberkulose nach wie vor die tödlichste Infektionskrankheit der Welt. 1,6 Millionen Menschen starben laut dem Jahresbericht der WHO im vergangenen Jahr daran, zehn Millionen Menschen erkrankten weltweit neu. In Deutschland war die Krankheit fast ein wenig in Vergessenheit geraten, doch weg war sie nie. Im Gegenteil.
Nach den Statistiken des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ist die Zahl der Fälle in den vergangenen Jahren wieder deutlich angestiegen. Am Donnerstag nun hat eine Pressemitteilung von Universitätsklinik und Landratsamt Würzburg die fast vergessene Erkrankung wieder ins Blickfeld gerückt: Ein Mitarbeiter des Uniklinikums ist an einer ansteckungsfähigen Tuberkulose erkrankt. Das Prekäre: Er hatte im Laufe des Septembers etwa 200 Patientenkontakte.
Alle, die Kontakt hatten: 200 Patienten werden untersucht
Das Gesundheitsamt Würzburg hat die betroffenen Patienten angeschrieben und informiert. Sie werden untersucht werden müssen, um eine mögliche Ansteckung mit Tuberkulosebakterien sicher auszuschließen. Tuberkulosebakterien sind erst nach acht Wochen im Blut nachweisbar. Die Tests können deshalb erst ab 19. November gemacht werden.
Wo genau und in welcher Funktion der Mitarbeiter tätig ist, macht das Klinikum zum Schutz der Persönlichkeitsrechte nicht öffentlich. „Wir haben immer wieder Patienten, die Tuberkulose haben und wir wissen es gar nicht, weil es keine Symptome in der Richtung gibt“, sagt der Ärztliche Direktor, Professor Georg Ertl. „Ungewöhnlich ist, dass es jetzt einen Mitarbeiter trifft. Das ist etwas sehr seltenes.“ Bei der „routinemäßigen, sorgfältigen Einstellungsuntersuchung“ sei die Infektion des Mitarbeiters noch nicht aufgefallen.
Tödliche Infektionskrankheit – aber keine gefährliche Situation
Eine sehr seltene Situation – und auch eine gefährliche? „Für die Öffentlichkeit besteht überhaupt keine Gefahr“, sagt Burkard Kömm, der Geschäftsführer der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW). Er sagt aber auch: „Für jeden einzelnen Betroffenen ist es dramatisch. So eine Diagnose steckt man auch in Deutschland nicht einfach weg.“ Die Frage sei immer: Wen im eignen Umfeld, in der Familie, hat man möglicherweise ohne es zu wissen angesteckt?
Problem für geschwächte Menschen
Normalerweise seien die Erreger für die Bevölkerung in Deutschland kein Problem, sagt Kömm: „Normalerweise steckt unser Immunsystem das locker weg. Ein normalernährter, gesunder Mensch ist gut geschützt und würde nicht automatisch an TB erkranken.“ Für jemanden, der sich in einem schlechten Gesundheitszustand befinde, sei das Risiko einer TB-Erkrankung aber tatsächlich höher, sagt Daniel Gulati, Medizinischer Berater beim Würzburger Hilfswerk. Man müsse zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit unterscheiden, so Gulati: „Zum Ausbruch der Krankheit kommt es erst, wenn das Immunsystem des Infizierten geschwächt ist - sei es aufgrund einer anderen Krankheit, Unterernährung oder wegen extremer Belastung durch Armut, Krieg oder einer anderen existenziellen Bedrohung.“
5486 gemeldete Fälle in Deutschland im vergangenen Jahr
Auch wenn in Deutschland die Lebensverhältnisse vergleichsweise gut sind – ausgerottet ist die Tuberkulose keineswegs: Im vergangenen Jahr wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin insgesamt 5486 Tuberkulose-Fälle übermittelt. Auch das Würzburger Gesundheitsamt hat immer wieder mit TB-Fälle zu tun, sagt Leiter Dr. Johann Löw. Und: „Der Eindruck ist, die Fallzahlen gehen wieder nach oben.“ Löws Wahrnehmung deckt sich mit der Statistik des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit LGL: Seit dem Jahr 2002, als es über 1100 Neuerkrankungen gab, waren die Meldezahlen bis 2007 zurückgegangen, bis 2014 bewegten sie sich dann auf einem Niveau von rund 600 bis 700. Einen deutlichen Anstieg gab es 2015 – mit 1038 Fällen. Auch 2016 war die Zahl der neuerkrankten Patienten im Freistaat mit 1033 noch vergleichsweise hoch.
Neue Problematik durch Flüchtlinge?
Dabei erkranken den Zahlen zufolge mehr als doppelt so viele Männer an einer Tuberkulose wie Frauen. Besonders hohe Fallzahlen registrieren die Ärzte in der Altersgruppe 15 bis 39 Jahren. Besonders auffällig gerade bei den jüngeren Patienten ist das Geburtsland der Erkrankten: Von den 856 gemeldeten Patienten im Jahr 2017 waren 192 in Deutschland geboren, die deutliche Mehrheit hatte ein anderes Geburtsland. Nur bei den über 60-Jährigen überwiegt die Zahl der in Deutschland geborenen Patienten deutlich.
Laut Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin hängt der Anstieg der Fallzahlen in den vergangenen Jahren vor allem mit der „gesetzlich vorgeschriebenen aktiven Fallfindung bei Asylsuchenden bei Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft“ zusammen – „und belegt auch deren erfolgreiche Umsetzung“. Allerdings würden in Deutschland die meisten Tuberkulosen nach wie vor „durch passive Fallfindung“ entdeckt, also wenn die Betroffenen wegen tuberkuloseverdächtiger Symptome zum Arzt gehen oder bei einer anderen medizinische Untersuchung die TB-Infektion entdeckt wird.
Dass Asylsuchende die Tuberkulose aus ihrem Heimatland mit nach Deutschland bringen? Das könne man auf keinen Fall behaupten, sagt Burkard Kömm. „Flüchtlinge sind allerdings in einer besonderen Stress-Situation, die Gefahr ist, dass sie sich unterwegs anstecken.“
Vor ca. 50 Jahren erkrankte ich an TBC. 8 Monate brachte ich in einer Heilstätte zu. In diesem Zeitraum hatte ich Gelegenheit mit zahlreichen Mitpatienten zu reden. Ich stellte fest, daß der überwiegende Teil durch eine Reihenuntersuchung entdeckt wurde. Diese Untersuchungen wuden regelmäßig mittels entsprechenden Bussen von Ort zu Ort durchgeführt. Gibt es leider schon sehr lange nicht mehr. Die Symptome der Krankheit zeigen sich meißt erst spät, man hat keine Schmerzen. Eine jährliche Röntgenuntersuchung, bei der Veränderungen der Lunge festgestellt werden können, wäre angebracht. Manche Erkrankung könnte sicherlich behandet werden bevor sie offen und damit ansteckend würde. Es gibt auch einen entsprechenden Test, den der Hausarzt durchführen kann.