„Es passierte 2004“, sagt Monika Peterlik. „Innerhalb eines Monats verschlechterte sich mein Sehvermögen von 100 auf null Prozent.“ Eine medizinische Erklärung für die rasche Erblindung gibt es bis heute nicht. „Das waren harte Zeiten.“ Ihre positive Lebenseinstellung ließ sich die 57-Jährige vom Handicap dennoch nicht nehmen. Peterlik ist der Meinung: „Das Leben geht weiter, wenn man es selbst in die Hand nimmt.“
Und das ist der gebürtigen Münchnerin gelungen. Seit 2012 arbeitet sie im Vertrieb der Zeitarbeitsfirma Sammeth Personalmanagement in Karlstadt. Ihre Aufgaben reichen von Telefonakquise über Schriftverkehr mit Kunden bis hin zu Gesprächen mit Jobbewerbern. Der Weg zurück ins Berufsleben war aber nicht immer leicht.
Monika Peterlik muss zunächst grundlegende Dinge wie Lesen und Schreiben neu lernen. Aber auch neue berufliche Perspektiven muss sie sich erarbeiten. „Es gibt Schöneres, als blind zu werden. Es gibt aber auch Schlimmeres“, sagt sie. Sehr geholfen habe ihr das Berufsförderungswerk (BFW) Würzburg. Das Bildungszentrum in Veitshöchheim hat sich auf die berufliche Bildung blinder und sehbehinderter Menschen spezialisiert.
Über die Agentur für Arbeit und die Deutsche Rentenversicherung nahm Peterlik Kontakt zum BFW auf. Bis zum Beginn des Punktschriftkurses vergingen sechs Monate. „Das war das längste halbe Jahr meines Lebens“, betont sie. Als es dann endlich soweit war, sei es wieder aufwärts gegangen.
Der Ehrgeiz der Frau sorgt dafür, dass sie 2007 zu den besten Absolventen im Bundesgebiet zählt, wie Marcus Meier vom BFW mitteilt. Außerdem ist sie deutschlandweit die Erste, die die Ausbildung zur Servicekraft für Dialogmarketing an der Braillezeile absolviert. Eine Braillezeile ist eine Schnittstelle zwischen einem blinden Benutzer und dem Computer. Die Informationen auf dem Bildschirm werden in Punktschrift ausgegeben und können so mit den Fingern ertastet werden. Geschrieben wird aber trotzdem auf der herkömmlichen PC-Tastatur.
Dennoch gestaltet sich die Jobsuche als schwierig. „Viele Arbeitgeber nehmen gerne den Eingliederungszuschuss mit“, so die Erfahrung der blinden Frau. Sobald es nach einigen Monaten darum gehe, das Gehalt komplett zu übernehmen, trenne sich die Spreu vom Weizen. Sie tingelt vom einen Kurzzeitjob zum nächsten – bis sie ein Praktikum bei Sammeth Personalmanagement absolviert, das mit einer unbefristeten Einstellung endet.
Laut dem BFW erhält Monika Peterlik Unterstützung von den Reha- und Integrationsmanagern des Bildungszentrums. „Wir sind immer dankbar, wenn Arbeitgeber vorurteilsfrei auf unsere sehbehinderten Teilnehmer zugehen“, berichtet Sabine Zürn vom BFW. „Das ist trotz Inklusion leider noch nicht ganz selbstverständlich.“
Andrée Sammeth, Peterliks jetziger Arbeitgeber, suchte für seine Vertriebsabteilung dringend eine Mitarbeiterin, die gute Kenntnisse am PC besitzt sowie verkäuferisches Talent in der Kundenakquise hat. „Wir beschäftigen Monika Peterlik aufgrund ihrer sehr guten Arbeitsleistung und ihrer hohen Motivation, nicht aufgrund ihres Handicaps“, macht Sammeth klar. „Menschlich und fachlich möchten wir sie nicht mehr missen.“ Wichtig war ihm auch, dass der vor einem Jahr vollzogene Umzug nach Karlstadt auch für seine blinde Mitarbeiterin passt. Das neue Sammeth-Büro in unmittelbarer Bahnhofsnähe ist für Peterlik, die in Veitshöchheim wohnt, sogar besser erreichbar als der alte Standort.
Im Berufsalltag merken die Gesprächspartner am Telefon nicht, dass die 57-Jährige blind ist. Geschätzt wird ihre Expertise auch bei Bewerbungsgesprächen vor Ort in Karlstadt. Sie bilde ihre Meinung aufgrund des gesprochenen Wortes und habe so eine neutralere Herangehensweise, meint der Firmenchef. Und es gibt Arbeitsabläufe, die Monika Peterlik schneller umsetzen kann als ihre sehenden Kollegen. Beispielsweise hat sie vorgefertigte Textbausteine abgespeichert. Damit kann sie Mails rasch an verschiedene Kunden versenden.
„Wir sind alle total begeistert“, bringt es Sammeth auf den Punkt. Inzwischen wirbt der 38-Jährige auch bei seinen Kollegen in der Zeitarbeitsbranche dafür, Menschen mit Handicap eine berufliche Chance zu geben. Und er lässt auch selbst Taten sprechen: Nach einem Praktikum ist auch Peterliks stark sehbehinderter Lebensgefährte im Team dabei und seit 1. April fest angestellt.