Besonders attraktiv sind Bahnunterführungen gewöhnlich nicht und fallen höchstens negativ wegen ihres oft schmuddeligen Erscheinungsbildes ins Auge. Gäste, die Thüngersheim mit der Bahn besuchen, sind aber ebenso beeindruckt vom Zugang durch die Bahnunterführung zum Ort, wie die Bevölkerung selbst. Schließlich präsentiert sich der betonierte Durchgang mit einem farbenfrohen Mosaik-Kunstwerk.
„Das Tor von den Bahngleisen nach Thüngersheim und zum Main soll zur Attraktion werden“, war im Jahr 2014 die gemeinsame Intention der ortsansässigen Malerin, Pädagogin und Vorsitzenden der JuKu Karawane Würzburg, Rita Katharina Kolb und Mosaikgestalterin Petra Bergerhausen. Der gegenseitige Kontakt hatte sich über die Kunst-Szene ergeben. Kurzzeitig lebte Petra Bergerhausen auch im Weinort.
Mit dem Vorhaben, den Zugang zum Ort künstlerisch zu verschönern, waren die beiden Künstlerinnen bei der Gemeinde auf offene Ohren gestoßen.Die Projektidee zur Verschönerung der Bahnunterführung sah vor, die tristen Betonwände als große Darstellungsfläche zu nutzen.
Hierbei sollte jede der beiden Künstlerinnen eine Seite gestalten. Mosaikgestalterin Petra Bergerhausen hatte sich dabei für eine freie künstlerische Interpretation entschieden. Die in Thüngersheim lebende Rita Katharina Kolb hatte die Idee, an der Wand der Bahnunterführung Besuchern einen Vorgeschmack auf das zu geben, was sie in Thüngersheim erwartet und mit dem Winzerort in Verbindung steht. Jedoch war die Darstellung der Silhouette Thüngersheim als Mosaik-Projekt für die Malerin bis dato absolutes künstlerisches Neuland.
Weil das Projekt im Ort aber gut ankam, fiel es Kolb auch relativ leicht, zunächst Spendengelder von Thüngersheimer Gewerbetreibenden zu akquirierten. Die Spenden werden nach wie vor von der Gemeinde verwaltet.
Unterbrochen von einem Schicksalsschlag in der Familie setzt Rita Katharina Kolb seit kurzem das begonnene Werk fort. Speziell für den Außenbereich nutzbare Keramikfliesen verwendet sie dabei zur Darstellung der örtlichen Häuser- und Dachlandschaft, prägnanter Gebäude und von Main und Wein.
Rentner-AG mit im Boot
Projekt-Partnerin Petra Bergerhausen stieg zwischenzeitlich unvollendeter Dinge aus. Dafür freut sich Kolb über eine breite Unterstützung aus der Gemeinde. Auch Kinder und Jugendliche, die bei Kolb Malkurse belegen, tragen zur Gestaltung bei. Und wie es sich im Ort als gute Sitte etablierte, ist natürlich auch die „Rentner AG“ mit im Boot.
Verschiedenfarbige Fliesenstücke werden zum Bild zusammengefügt. Während die pensionierten Handwerker die Fugarbeiten erledigen, tragen Charlotte Reuter und Laura Oechsner Farbe auf zwischen vermeintlich schwimmenden Fischen, und deuten so den Main an.
Und wenn wie angekündigt auch noch ein im Ort untergebrachter Asylbewerber mitmacht wird das Mosaikprojekt endgültig zum Gemeinschaftswerk verschiedener Generationen und Kulturen. Dankbar ist Kolb für das Angebot des jungen Flüchtlings, die Decke der Bahnunterführung zu streichen.
Zur Vervollständigung des Projektes wünscht sich Kolb nach Fertigstellung auch eine bessere Beleuchtung. Diese wird aber erst im nächsten Jahr erforderlich sein. Denn die beidseitige Gestaltung von etwa 15 Meter Wandfläche nimmt einfach Zeit in Anspruch.
Zumal es ab Herbst zunehmend zugig und ungemütlich wird in der Bahnunterführung, und die malende Mosaik-Künstlerin Kolb dann auch wieder bei ihren Malkursen gefordert sein wird.