
Das Codewort war "Bratwurst": Eine 65-jährige Würzburgerin hat Anfang Februar dieses Jahres eine Betrugsmasche durchschaut und dafür gesorgt, dass ein falscher Polizist verhaftet werden konnte. Der 21-jährige Würzburger wurde vom Jugendschöffengericht wegen Beihilfe zum Betrug und Amtsanmaßung zu zwei Jahren Jugendstrafe verurteilt.
Beim ersten Anrufversuch ging es um eine vermeintliche Einbruchserie in der Straße auf der Keesburg, in der die 65-Jährige mit ihrem Ehemann wohnt:"Das war gleich als Betrug ersichtlich, deshalb habe ich aufgelegt", sagte die Rentnerin im Zeugenstand. Vier Tage später klingelte erneut das Telefon. Dieses Mal gab sich der Mann am anderen Ende in akzentfreiem Deutsch als Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft aus und behauptete, ein Bankmitarbeiter wolle Gelder veruntreuen, unter anderem auch vom Konto des Würzburger Ehepaars.
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Die Frau tat so, als würde sie dem Anrufer glauben, während ihr Ehemann die Polizei verständigte. Kurze Zeit später waren zwei Polizisten in der Wohnung, und auch im Umkreis des Hauses wurden unauffällig Beamte stationiert. In einem mehr als zweistündigen Gespräch mit den Betrügern ließ die 65-Jährige sich zum Schein dazu überreden, zur Bank zu gehen und 17 000 Euro abzuheben, um das Bargeld dann zur sicheren Verwahrung an einen vermeintlichen Polizeibeamten zu übergeben.
Mutige Seniorin
Das war der 21-jährige Angeklagte, der an ihrer Haustür klingelte, das vereinbarte Codewort "Bratwurst" nannte und von der Frau einen von der Polizei präparierten Briefumschlag in Empfang nahm. Noch bevor er wieder in sein Auto steigen konnte, wurde er verhaftet. Die Rentnerin hat die Aufregung gut überstanden: "Der Schreck war zwar da, aber ich hatte keine besondere Angst", beschrieb sie die Situation.
Der Angeklagte, der die letzten knapp sieben Monate in Untersuchungshaft saß, war das letzte Glied der Täterkette, die Drahtzieher sitzen laut Aussage eines Polizisten in der Türkei. Schon bei seiner ersten Vernehmung räumte der junge Mann nicht nur den Würzburger Fall, sondern auch zwei frühere Taten ein: Ende Dezember 2019 und Anfang Januar 2020 brachte er als Geldkurier die Beute aus zwei weiteren Betrugsfällen nach Dortmund – einmal von München und einmal von Kassel aus. Von den insgesamt 52 000 Euro, die er quer durch Deutschland fuhr, erhielt er als Lohn 1400 Euro und seine Spritkosten.
120 Stunden gemeinnützige Arbeit
Als ihm nach der ersten Kurierfahrt klar wurde, worauf er sich eingelassen hatte, wollte der 21-Jährige nach eigener Aussage aussteigen, wurde aber von den Hintermännern mit Beweismitteln für die erste Kurierfahrt unter Druck gesetzt und machte weiter mit.
Dass er nicht als Erwachsener verurteilt wurde, hat er dem Umstand zu verdanken, dass er die erste der drei Taten eine Woche vor seinem 21. Geburtstag begangen hat. "Er hat sich blauäugig überreden lassen, das war eine jugendtypische Verfehlung und die Wurzel für die beiden anderen Taten", erläuterte Jürgen Reiher, der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts.
Die Untersuchungshaft wird auf die Jugendstrafe nicht angerechnet. Ob der 21-Jährige die zwei Jahre absitzen muss, wird erst in einem halben Jahr entschieden. Bis dahin kann er beweisen, dass er eine Bewährung verdient hat - unter anderem dadurch, dass er einen Ausbildungsplatz findet und 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leistet.