
Mit dem „MobilTrain“, einem Trainingsprogramm für ältere Verkehrsteilnehmer sollen die Menschen im ländlichen Raum länger mobil bleiben. Ein echtes Stück Lebensqualität, wie die Teilnehmer des Forschungsprojekts bestätigen. Für das Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften (WIVW) mit Sitz in Veitshöchheim gab es dafür jetzt eine Anerkennung als „Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen“.
„Das ist kein Leben für mich“ und „Man wäre immer abhängig von anderen“ waren nur zwei Aussagen aus dem Kreise von 60 Senioren im Alter von 65 bis 85 Jahren. Sie waren gefragt worden, was es für sie bedeutet, wenn sie das Autofahren aufgeben müssten.
Die Teilnehmer kamen aus der Stadt Würzburg und den Gemeinden Veitshöchheim und Boxberg (Main-Tauber-Kreis). Sie wurden von dem im Gewerbegebiet der Gemeinde Veitshöchheim ansässigen Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften GmbH (WIVW) für das seit Januar 2014 laufende MobilTrain-Projekt ausgewählt.
Es sollte eine Antwort auf die Frage geben, wie ältere Menschen dank eines maßgeschneiderten Trainingsprogramms im ländlichen Raum länger mobil bleiben können.
Als Belohnung erhielt nun das WIVW bei einer Feierstunde im Sitzungssaal des Veitshöchheimer Rathauses eine vom Bundespräsidenten Joachim Gauck unterzeichnete Urkunde. Das Forschungsinstitut sitzt seit August 2012 in der Robert-Bosch-Straße 4 im Gewerbegebiet. Veitshöchheim gehört nun zu den 3000 bisher prämierten Orten Deutschlands, die von der, 2005 von Bundesregierung und der Wirtschaft gegründeten Initiative „Deutschland – Land der Ideen“, ausgezeichnet wurden.
„Unser Ziel ist es, dem wichtigsten Rohstoff Deutschlands, den Ideen eine Bühne zu geben und sie mit Hilfe der Deutschen Bank, dem nationalen Förderer, über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus bekannt zu machen“ sagte Christine Montigel von der „Land der Ideen Management GmbH“ in Berlin.
Sie war zusammen mit Dietmar Amend, Mitglied der Geschäftsleitung Bayern-Nord der Deutschen Bank AG nach Veitshöchheim gekommen, um den Preis an WIVW-Geschäftsführerin Alexandra Neukum, Fahrlehrer Horst Kwiotek aus Würzburg und Bürgermeister Jürgen Götz zu übergeben.
Götz rechnete vor, dass 23 Prozent der Bevölkerung in Veitshöchheim über 65 Jahre alt seien. Wenn man sich im Ort umschaue, werde man feststellen, dass man in den meisten Fällen ein Auto benötige um seine täglichen Einkäufe zu erledigen. Dies setze aber voraus, dass man mobil ist und so lange wie möglich bleibt.
Aus diesem Grund sei die Gemeinde froh, dass das WIVW ein solches Trainingsprogramm für Senioren entwickelt, Veitshöchheim als Modellgemeinde ausgewählt und Veitshöchheimer Senioren beteiligt habe.
Und das Ergebnis, das WIVW-Projektleiterin Dr. Ramona Kenntner-Mabiala den Gästen im Sitzungssaal vorstellte, ist beeindruckend: Die Fahrleistung der teilnehmenden Senioren, von denen viele bei der Preisverleihung anwesend waren, habe sich durch das Training deutlich verbessert. Es sei veraltetes Verkehrswissen aufgefrischt, mehr geblinkt, mehr gesichert und auch schneller auf der Autobahneinfahrspur beschleunigt worden. Manchen Senioren wurde aber auch geraten, nach Möglichkeit nicht mehr auf Autobahnen zu fahren, nicht mehr bei Dunkelheit und in der Rushhour das Auto zu benutzen.
Denn mit zunehmenden Alter, so die Projektleiterin, würden eine geringere Sehkraft, Schwerhörigkeit, weniger Beweglichkeit und Kraft, nachlassende Reaktion und Aufnahmefähigkeit sowie alterstypische Krankheiten die Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen. Ein Drittel der über 70-Jährigen leide an fünf und mehr Krankheiten. Eine wichtige Erkenntnis der Testreihe: „Nicht das chronologische Alter, sondern die gesundheitliche Fitness ist entscheidend“, sagte Kenntner-Mabiala.
Alle hatten sich einer einstündigen Fahrprobe mit der Fahrschule von Horst Kwiotek zu unterziehen. Anschließend wurden mit jedem in einem einstündigen Feedback die aufgetretenen Fahrfehler analysiert. Und die unterschieden sich doch erheblich von den zehn jüngeren am Test teilnehmen Vergleichspersonen im Alter von 40 bis 50 Jahren. Als spezifisch alterskritische Probleme erwiesen sich Vorfahrtsregeln, Knotenpunkte und Einfädeln in fließenden Verkehr.
Es wurden deshalb mit den Senioren vier Trainings je zwei Stunden und anschließend nochmals eine einstündige Fahrprobe absolviert. Die Teilnehmer übten im Fahrsimulator des WIVW, wie sie sich in gefährlichen Situationen verhalten sollen und wie sie diese vermeiden.
In dieser sicheren Testumgebung konnten die Senioren so selbst ausprobieren, ob der eigene Wagen noch das richtige Fortbewegungsmittel ist oder man vielleicht auf andere Möglichkeiten umsteigen sollte. Die Teilnehmer lernten deshalb auch, wie Carsharing funktioniert und man Apps nutzt, um Fahrten und Reisen zu organisieren.
Mitmischen bei Innovationen – das ist eine Kernaufgabe des WIVW. Geschäftsführerin Alexandra Neukum: „Seien Sie gewiss, dass wir in diesem Sinne weitermachen werden.“ Es gibt bereits ein Folgeprojekt im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen, das sich auf „Methoden zur Untersuchung der Fahrsicherheit älterer Autofahrer“ konzentriert. Hierzu werden wieder 30 Fahrer im Alter von mindestens 70 Jahren und 30 Fahrer im Alter von 25 bis 50 Jahren gesucht.


