Walter Jens galt als großer Rhetoriker Deutschlands, war Schriftsteller, Kritiker und Literaturwissenschaftler. 2005 bekam er die Diagnose Demenz. Acht Jahre später starb er. Sein Sohn Tilman Jens schrieb über die Erkrankung das Buch „Demenz – Abschied von meinem Vater“, aus dem er am Donnerstag, 13. November, um 19.30 Uhr in der Bibliothek Höchberg in der Martin-Wilhelm-Straße 2 liest.
Tilman Jens lebt in Frankfurt am Main und arbeitet als Journalist für Kulturmagazine von ARD und Arte. In seinem Werk schildert er die Auswirkungen der Demenz, die Veränderungen seines Vaters, aber auch dessen Verzweiflung über den eigenen Verfall. Jens zeichnet die Stationen dieses Abschieds nach und erzählt von einem Lebensende, das so gänzlich anders verlief, als es dem „Virtuosen des Wortes“ vorbestimmt schien.
Vorwurf: literarischer Vatermord
Das allmähliche Vergessen begann im Jahr 2004, nur wenige Wochen nachdem bekannt wurde, dass Walter Jens, einst intellektuelle Leitfigur der Bundesrepublik, 1942 Mitglied der NSDAP war. Kann es sein, dass diese alte Geschichte die Demenz ausgelöst oder zumindest beschleunigt hat? Walter Jens, der alles öffentlich machte und sein Leben lang für Aufklärung stritt, verstummte in dem Moment, als ein dunkles Licht auf seine Aufrichtigkeit fiel.
Für sein Buch musste Tilman Jens heftig Prügel, Häme und Anschuldigungen in den deutschen Feuilletons einstecken. Er habe seinen Vater „vorgeführt“, einen Wehrlosen „vom Sockel gestürzt“ und „literarischen Vatermord“ begangen, hieß es. Ebenso groß waren aber auch der Zuspruch und das Lob für seine Offenheit im Umgang mit dem Vergessen und für die Enttabuisierung der Volkskrankheit Demenz.
Karten sind für sechs Euro im Vorverkauf oder an der Abendkasse erhältlich.