Ob Exoten wie eine Bartagame, ein Chamäleon oder hierzulande bekanntere Kleintiere wie Mäuse, Ratten, Hamster und Meerschweinchen: Alle sollen ab Herbst beim Tierschutzverein ein für ihre Verhältnisse kleines Paradies vorfinden, so lange sie hier auf neue Besitzer warten. Das soll ihnen im neuen 48 Quadratmeter großen Kleintierhaus geboten werden. Am Donnerstag wurde Richtfest gefeiert - auf den Tag genau 140 Jahre, nachdem der Tierschutzverein gegründet wurde.
"Es waren 20 honorige Herren, die den Tierschutzverein gegründet haben", erläutert Ehrenvorsitzende und Schatzmeisterin Elisabeth Haasmann. 1878 ging es allerdings "um Großvieh-Sachen", sagt sie: Man habe sich um den Transport der Tiere zum Schlachthaus gekümmert. Erst später wurden dann Hunde und auch Katzen betreut. Die ersten Bauten des Tierschutzvereins wurden vor 64 Jahren fertiggestellt. In einem davon ist heute das Büro.
Inzwischen gab es einige Um- und Neubauten. Einer davon ist jetzt das neue Kleintierhaus, quasi ein Penthouse auf einem der Hundehäuser, das früher gebaut, aber mangels finanzieller Möglichkeiten seinerzeit nicht aufgestockt wurde. Eine Erbschaft aus dem vergangenen Jahr machte die zusätzliche Etage inzwischen möglich.
300.000 Euro investiert
Immerhin 300.000 Euro investiert der Tierschutzverein inklusive Einrichtung, "wenn's langt", so Haasmann. Wenn sie mit solchen Bemerkungen die Stirn in Falten legt, dann heißt das eigentlich nur eins: Das Team des Vereins tut für die anvertrauten Tiere alles, was es kann. "Da haben die Unterkünfte für die Tiere auch Vorrang vor den Gebäuden für die Menschen", bemerkt Tierpfleger und technischer Leiter Rodolf Schleich. Deswegen arbeite er schon seit 14 Jahren hier, sagt er stolz.
Das bisherige 20-Quadratmeter-Kleintierhaus wird aufgrund neuer Bestimmungen für Kleintiere zum Quarantänehaus umgewidmet. Dafür bleiben die Edelstahlkäfige darin erhalten. Edelstahl, sagt Schleich, lässt sich gut desinfizieren.
Kaninchen und Meerschweinchen in Buchten
Bernd Hartmann (Hartmann Zimmerei und Holzbau GmbH aus Nenzenheim) gibt zum Fest seinen Richtspruch zum Besten und fragt noch, wohin er das leer getrunkene Glas werfen darf - und schon zerschellt es am Boden vor dem Eingang zum Neubau. Handwerker, Mitarbeiter und Mitglieder des Vereins klatschen, und Schleich erläutert noch, was hinein kommt ins frisch verputzte Kleintierhaus.
Der erste Raum wird am Boden u-förmig etwa einen Meter hoch von Buchten durchzogen: das neue Zuhause vor allem für Kaninchen und Meerschweinchen, die auf diese Weise viel Auslauf und Frischluft haben und auch von Besuchern besser gesehen werden als in Käfigen. Über einen Meter, ist der Tierpfleger zuversichtlich, hüpfen diese Tiere nicht hoch. Eine Mittelinsel kann die Gehege verbinden, so dass mehrere Tiere zusammenkommen.
Für Ratten und Chinchillas allerdings werden Sonderanfertigungen gebaut: Terrarien mit Schiebetüren, die gut zu reinigen sind. Alle Einbau-Schrankwände entstehen nach Vorgaben des Veterinäramtes. Der erste Raum - es ist der größte - erhält auch noch eine Küchenzeile für die Frischfutterzubereitung. Tageslicht kommt über eine Ein-Quadratmeter-Lichtkuppel von oben und von vorne durch die großen Fenster.
Neue Terrarien für Mäuse und Hamster
Raum Nummer zwei: An drei Wände werden Terrarienblöcke gebaut. Es sind fünf Blöcke mit jeweils drei Terrarien übereinander, für Mäuse und Hamster. Außerdem können auch Tiere gehalten werden, die besonderer Behandlung bedürfen wie Geckos zum Beispiel: Da müssen Temperatur, Luftfeuchtigkeit, UV- und Lichteinstrahlung stimmen.
"Nichts für Anfänger", sagt der Tierpfleger. Oft kauften Privatleute kleine Echsen und wunderten sich, wenn sie nach einiger Zeit länger als einen halben Meter sind. Manche seien falsch ernährt und krank, wenn sie gebracht werden. Der dritte Raum dient der Lagerung von Einstreu, Futter und von Käfigen.
1000 Kleintiere im Jahr
Das bisherige Kleintierhaus hat 20 Quadratmeter. Das ist nicht viel, wenn im Jahreslauf rund 1000 Kleintiere aufgenommen werden. Etwa 800 werden jährlich vermittelt, so Elisabeth Haasmann. Viele kommen aus Transporten, die bei Kontrollen von der Polizei beendet wurden, weil die Tiere nicht artgerecht untergebracht und oft auch die Papiere nicht in Ordnung waren, berichtet Vorsitzender Dötzer.
Und Elisabeth Haasmann schließt: "Die Menschen werden nicht klüger. Was vom Osten alles 'rübergekarrt wird - immer geht es nur ums Geld. Für die Tiere wird das immer schlimmer." Oft sogar schlimmer als noch vor 140 Jahren, ist sie überzeugt.
Am 22. Juli lädt der Tierschutzverein mit einem Tag der offenen Tür von 10 bis 17 Uhr zur 140-Jahrfeier ein.
