Keine leichte Theaterkost wird dem Publikum mit dem tragisch-komischen Zwei-Personen-Stück „Disco Pigs“ aus der Feder des irischen Dramatikers Anda Walsh serviert: Lautstärke, Wortwahl und Sprechtempo fordern den Zuschauern im voll besetzten Theater am Neunerplatz bei der Premiere ausdauernde Aufmerksamkeit ab, die sich in einem lautstarken Schlussbeifall auflöst.
„Disco Pigs“ gibt ungeschminkt Einblick in die Lebenssituation der hübschen Sinead und dem poltrigen Darren. Die beiden 17-jährigen Rumtreiber kennen und mögen sich seit Kindertagen. Mit ihren verbalen und emotionalen Ausbrüchen lassen sie keine Zweifel an ihrem bisherigen sozial defizitären Lebensweg. Saufend und klauend, provozierend und schlägernd schlängelt sich das pubertäre Paar durch eine selbst erfundene Welt und hängt mit fast kindlicher Naivität bizarren Jugendträumen als Lebenslinien nach.
Jugendliche Ausgelassenheit
Regisseur Martin Maria Eschenbach lässt seine beiden Protagonisten in jugendlicher Ausgelassenheit toben und spart nicht mit heftigen Wutausbrüchen und deftigen Beschimpfungen. So sieht der vom Establishment abgehängte Nachwuchs die Welt: schrill, derb und drastisch – „schweinetittengeil“ geht dabei als Kosewort durch!
Ist es ein genialer Regieeinfall oder ist Sven Höhnke ( Bühne und Licht) für diesen Gag verantwortlich? Der blaue Abfallcontainer als variables Medium im turbulenten Geschehen ist ein Hammer. Er dient als Geburtsstation, taugt als Bar und Bett, verwandelt sich in Bus oder Taxi und fasziniert als flimmernde Glotze. Es ginge allerdings nicht halb so viel Spielzauber von der rollenden Plastikbox aus, wenn nicht die beiden putzmunteren Darsteller sich ihrer mit akrobatischem Können bemächtigten.
Schauspieler gehen an die Grenzen
Silva Schreiner geht in der Rolle der Sinead alias Runt (engl. Zwerg/Kümmerling) vollkommen auf. Stimmlich und körperlich geht sie an die Grenzen, nimmt sich zurück beim romantischen Blick aufs Meer und verliert sich als schmiegsame Freundin von Darren. „Pig“ lautet dessen Spitzname und Luca Sell kann ein Schwein sein, wenn er im Gewalttaumel Pubs zerlegt oder seine brutale Faust nicht im Griff hat: „Gerechtigkeit erfordert ein demoliertes Gesicht!“ Er überzeugt auch als zärtlicher Streichler und unbekümmerter Karaoke-Star. Den passenden Disco-Sound steuern die Komponisten Wolfgang Salomon und Robert Alan bei.