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Würzburg
Telefonbetrug an Senioren in Bayern: Fälle haben sich fast verdoppelt
Die unterfränkische Polizei setzt auf eine Aufklärungskampagne – und auch auf Hilfe der Enkel, die Opa und Oma erklären, wie man nicht zum Opfer wird.
Vorsicht vor angeblichen Polizisten am Telefon: Hochstapler täuschen Senioren, um an ihr Erspartes zu kommen - und die Zahl der Fälle ist eklatant gestiegen.
Foto: Julian Stratenschulte/dpa | Vorsicht vor angeblichen Polizisten am Telefon: Hochstapler täuschen Senioren, um an ihr Erspartes zu kommen - und die Zahl der Fälle ist eklatant gestiegen.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 16.07.2022 02:41 Uhr

Die Masche ist mies, aber erfolgreich: Immer häufiger werden Omas und Opas in Unterfranken am Telefon getäuscht und um ihr Erspartes gebracht. Statt Brecheisen oder Pistole nutzen die Gauner das Telefon, arbeiten von Callcentern im Ausland. Die Fallzahlen beim so genannten Callcenter-Betrug steigen rapide. Der Schaden geht in die Millionen.

Denn die Täter wenden zwei Tricks an, wie Hauptkommissar Enrico Ball vom Polizeipräsidium Unterfranken erklärt: "Sie lügen am Telefon und geben sich als angebliche Polizisten aus. Und sie nutzen die Hilfsbereitschaft alter Menschen für ihre Enkel in Not aus."

Die Fallzahlen steigen rapide

Im Wochentakt berichten die Ordnungshüter über neue Fälle, mal in Ebern (Lkr. Haßberge), mal in Würzburg, Schweinfurt oder Kitzingen – und am Dienstag erst wieder in Aschaffenburg, wo die Täter ein Kind zum Geldabholen zu einer Seniorin schickten. In letzterem Fall schlug die Polizei zu. Kommissar Ball spricht aktuell von einer extrem hohen Zahl solcher Anrufe in der Region. 

Die Masche heißt "Enkeltrick" oder "Schockanruf". Am Telefon machen die Betrüger einem alten Menschen zum Beispiel vor: Ihr Enkel oder Neffe oder die Tochter habe gerade jemanden totgefahren und müsse nun ins Gefängnis. Dann erzählt ein angeblicher Polizist: Sie kommt frei, wenn eine Kaution gezahlt wird. Manche Senioren werden dazu gebracht, ihr gesamtes Erspartes von der Bank zu holen, bis zu sechsstellige Summen, so Enrico Ball.

Innerhalb eines Tages machten die Täter eine Beute von einer halben Million Euro

Die Täter sind sehr überzeugend: Von Jahresbeginn bis zum 31. Mai hat sich die Zahl der angezeigten Betrugsfälle in Bayern laut Landeskriminalamt im Vergleich zum selben Zeitraum 2021 fast verdoppelt – von 9000 auf 17.000 Fälle. Binnen eines Tages machten die Täter bei fünf Senioren in Unterfranken eine halbe Million Euro Beute.

Die Polizei versucht, intensiv dagegen zu steuern – auch mit Hilfe der Enkel, die Oma und Opa raten sollen, nicht auf die Gauner reinzufallen. "Die Polizei lässt nie Bargeld oder Schmuck von Boten abholen", sagt Hauptkommissar Ball – und dass die Betrüger falsche Telefonnummern verwenden: "Wenn Eure Oma die 110 am Telefon hat, ist nie die Polizei dran, sondern ein Betrüger. Dann soll sie sofort auflegen." Die Kampagne an unterfränkischen Schulen startet am Donnerstag beispielhaft in Aschaffenburg und Ochsenfurt.

Aufmerksame Bank-Mitarbeiter können helfen

Denn die Ermittler wissen: Dank intensiver Informationen bei Altennachmittagen, Seniorenveranstaltungen und in den Medien bleiben schon jetzt viele Betrugs-Fälle im Versuch stecken. Daran haben auch gut geschulte Bank-Mitarbeiter ihren Anteil, die hellhörig werden, wenn Senioren plötzlich scheinbar grundlos ihr Konto leerräumen.

Laut Bayerns Justizminister Georg Eisenreich gibt es zudem eine hohe Dunkelziffer, denn in vielen Fällen gehen die beschämten Opfer gar nicht zur Polizei. "Die Opfer leiden oft massiv unter Angstzuständen und Depressionen, wenn sie erkennen, dass sie betrogen wurden."

Der Minister fordert deshalb härtere Strafen für diejenigen, die gezielt ältere Menschen ins Visier nehmen: Eine höhere Mindeststrafe von zwei Jahren statt wie bisher einem Jahr. "Die altersbedingte besondere Verletzbarkeit von Senioren muss im Strafgesetzbuch ausreichend berücksichtigt werden", so Eisenreich.

 
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