
Es gibt wohl kaum eine Frau, die in ihrem Schrank nichts hängen hat, was sie als Fehlkauf bezeichnet. Entweder ist die Farbe doch nicht so schön, der Schnitt lässt die Figur plötzlich dicker aussehen oder man hat einfach nichts Passendes zum Kombinieren – Gründe, warum das Traumkleid zu einem kaum getragenen Stück wird, gibt es genug.
An dieser Stelle kommt Alexandra Gramlich mit ihrer SWAP-Lounge ins Spiel. Seit August können Frauen bei ihr in der Oberen Landwehr in Höchberg „swappen, statt shoppen“, also gebrauchte, aber gut erhaltene Kleidung tauschen.
Doch Alexandra Gramlich nimmt nicht alles: „Wir tauschen nach Wert und nicht nach Menge“, sagt sie. Auf die Qualität legt sie besonderen wert. Ein Hosenanzug von Hugo Boss, der Blazer von Max Mara, der Rock oder die Tasche von René Lezard – die Kleiderständer in der SWAP-Lounge sind ausschließlich mit Designerteilen gefüllt.
Das Prinzip ist einfach: Die Sachen, die ungetragen im Schrank hängen und nur Platz wegnehmen, bringt man in die SWAP-Lounge. Da werden sie von Alexandra Gramlich bewertet, die entsprechenden Punkte werden auf einer Karte gutgeschrieben. Wie viele Punkte man bekommt, hängt von Kaufpreis, Zustand, Qualität, Material und Label ab. Auch Trends spielen eine wichtige Rolle: „Wenn jemand mit einer Karohose kommt, weiß ich, dass sie schnell einen Abnehmer finden wird. Karo ist in diesem Herbst ein Thema in der Modewelt“, sagt Gramlich. So bekomme man für die Karohose eher einen Punkt mehr als für eine pinkfarbene Sommerhose. Für die Punkte kann man sich bei Gramlich etwas Neues aussuchen. Für eine Dolce-Gabbana-Hose bekommt man zum Beispiel einen Blazer von Hugo Boss.
Nichts für Männer
Bislang gibt es in der Lounge nur für Frauen Designerstücke. Gramlich glaubt, dass das Konzept für Männer nicht geeignet ist. Von ihrem eigenen Mann weiß sie: Männer kaufen ein, wenn sie was brauchen und ziehen das so lange an, bis es auseinanderfällt. Im Schrank eines Mannes fände man selten etwas, was er nicht mehr trägt und tauschen könnte.
Anders bei den Kindern: „Sie wachsen unheimlich schnell aus den Sachen heraus. Viele Kunden fragen mich nach Kinder-Sachen und ich glaube, ich kann mir das zukünftig vorstellen.“
Die Idee, die Sachen wieder in den Verkehr zu bringen, statt sie wegzuwerfen, ist ja nicht neu. Im Internet findet man zig Seiten, wo man Kleidungsstücke, gebrauchte Bücher, CDs und Ähnliches weiterverkaufen oder tauschen kann. Für Alexandra Gramlich ist es aber wichtig, die Sachen anfassen, anprobieren und von allen Seiten anschauen zu können. „Außerdem hat das Second-Hand heute nicht mehr so einen Beigeschmack wie früher. Da dachte man an kleine staubige Läden und Wühltische. Heute ist Vintage edel.“
Geld verdiene sie mit ihrer Lounge nicht, sagt die studierte Kauffrau aus Höchberg. Die fünf Euro, die man für jedes abgegebene Stück zahlen muss, reichten nur um die Kosten zu decken. „Natürlich muss ich auch von irgendetwas leben. Deswegen biete ich zusätzliche Leistungen als Stylistin an.“ So stellt Gramlich unter anderem Outfits zusammen, informiert die Kunden, wenn deren Lieblingslabel ankommen und macht Vorschläge, was man zu welchem Anlass anziehen könnte.
Ressourcen sparen
Wichtig sei für sie der Gedanke, dass durch den Tausch Sachen aufgewertet werden und man Ressourcen spart. „Man sollte sich öfter die Frage stellen: Will ich mit jedem gekauften Kleidungsstück die Nachfrage und die Überproduktion antreiben?“, sagt Gramlich. Mit ihrer Lounge will sie den bewussten und nachhaltigen Konsum unterstützen. „Ich finde, wir brauchen einen neuen Realitätssinn. Deswegen mache ich das. Und natürlich, weil es mir Spaß macht.“