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Randersacker
Tag des Denkmals: Was den Martinshof besonders macht
Der Martinshof in Randersacker gehört zu den ältesten Fachwerkhäusern in Franken. Am Tag des Denkmals konnten die Besucher Interessantes und Kurioses entdecken.
Der Martinshof vom Kirchplatz her gesehen - hier wurde die alte Mauer der Kirchenburg überbaut. Im Innenhof sind freigelegte Reste zu sehen
Foto: Antje Roscoe | Der Martinshof vom Kirchplatz her gesehen - hier wurde die alte Mauer der Kirchenburg überbaut. Im Innenhof sind freigelegte Reste zu sehen
Antje Roscoe
 |  aktualisiert: 19.10.2020 10:40 Uhr

Zum Tag des offenen Denkmals könnte man jedes Jahr in die Maingasse 8, an den Kirchplatz 2 oder an den Tanzplan kommen, Familie Brock öffnet jeweils das Tor und zeigt die Fortschritte, die sie mit dem Vierseithof seit dem Kauf 2009 gemacht haben.

Ein Hof, zwei Adressen und drei Zugänge lassen schon erahnen, dass das Vorhaben komplex ist. Aber das zuletzt jahrelang leer stehende und seit 1753 geteilte Anwesen geriet an absolute Liebhaber, das sich gleichermaßen für alles Historische wie für das Weinmachen interessieren. Möglicherweise würden sie Wallenstein deshalb auch einen Wein einschenken, der demjenigen von vor 400 Jahren ähnlich ist.

Eines der ältesten Fachwerkhäuser in Franken

Vom Keller ausgehend bis ins Gebälk ist die Entstehungszeit 1325 für den alten Seinsheimer Hof nachgewiesen und macht es zu einem der 25 ältesten Fachwerkhäusern in Franken, die durchgängig vom Keller bis ins Dach erhalten sind. Die Kuriosität ist besonders im Dachaufbau ablesbar, den sich eine kleine Expertengruppe unter den vielen Interessierten eigens zeigen ließ: kein Dachstuhl im heutigen Sinne und kein First trägt das Dach, sondern ein Kehlbalkendach mit kleinen Stutzen im unteren Bereich ist zu sehen, wie es nur bis 1350 üblich war – dazu noch gerußte Balken.

Gutedel im Keller und an der Hauswand. Eva Brock erklärt zu Winzerhof und Weinbau im alten Stil.
Foto: Antje Roscoe | Gutedel im Keller und an der Hauswand. Eva Brock erklärt zu Winzerhof und Weinbau im alten Stil.

Was das Anwesen noch besonders macht: es ist fast wie früher ein dicht besiedeltes, lebendiges Anwesen mit fünferlei Parteien, mit vermieteten Wohn- und Geschäftsräumen zusätzlich zu den Privaträumen der Besitzer, von der Studenten-WG bis zur Kaffeerösterei, die in der ehemaligen Hauskapelle der Seinsheimer untergekommen ist. Und es gibt noch immer zu tun. Die barocke Maingasse 8 wartet darauf, dass das aufgesetzte neue Fachwerk entfernt und das alte freigelegt wird, ebenso wie der Stuck und die Malerei unter den Gipsplatten.

Ein Keller wie vor 700 Jahren

Beide Hausherrn haben auch eine Ausbildung zu Nebenerwerbswinzern gemacht und bewirtschaften einen halben Hektar Weinberge. Neben altem Müller-Thurgau und der Domina ist es die Wein- und Tafeltraube Gutedel oder Chasselas, der wohl zu den ältesten Rebsorten überhaupt gehört und seit 1607 in Franken angebaut wurde. Gearbeitet wird jedenfalls außer Konkurrenz, aber mit dem wohlwollend geteilten Erfahrungsschatz etablierter Winzer wie Bruno Schmitt und Hubert Göbel.

Genutzt werden für die Landweine des Martinshofs die technischen Hilfsmitteln der letzten sechzig, siebzig Jahre wie der Flaschenabfüllung aus den 1950ern, als die letzten Besitzer zuletzt investierten. Der Arbeitskeller hat damit den Charakter eines lebendigen Museums. Der Lagerkeller dagegen hat die letzten 700 Jahre kaum Veränderung erfahren: Gewölbe, Lehmboden und selbst der schwarze Kellerschimmel, das Kellertuch, ist zur Freude des Experimentier-Winzers Brock wieder zurück, seit wieder Wein im Keller lagert.

Stefan Brock erklärt den alten Weinkeller mit historischem Gerät und historischer Arbeitsweise
Foto: Antje Roscoe | Stefan Brock erklärt den alten Weinkeller mit historischem Gerät und historischer Arbeitsweise

Eine freigelegte, spätromanische Wand der alten Kirchenburg aus staufischer Zeit, ein rekonstruierter Toilettenanbau im ersten Stock – vielerlei Details aus allen Jahrhunderten – und auch einige Anekdoten dazu -  machen den nach dem Hausheiligen der Merowinger, dem ältesten Königsgeschlecht der Franken, benannten Martinshof zu einer Entdeckungsreise.  Das Thema des Denkmal-Tages, "Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur" ist allgegenwärtig. Es ist das Schöne am Tag des offenen Denkmals, sagt Eva Brock, man erfährt immer Neues von den Besuchern. Brocks sind begierig auf den Austausch und die Anregungen.

 
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