
Es war fünf vor zwölf. Nein, korrigiert Jan Markus Plathner, „es waren exakt drei Minuten vor zwölf“. Als er gemeinsam mit Ronald Hof am späten Abend des 10. Mai beim Notar in Würzburg den Kaufvertrag für die neue Stürtz GmbH unter Dach und Fach brachte, ging es in der Tat um Minuten. Denn mit Ablauf genau diesen Tages musste die Tinte auf dem Vertrag trocken sein. Es hat geklappt – ob das schwer ins Schlingern geratene Traditionsunternehmen nun wieder eine sichere Zukunft hat, das wird sich zeigen.
Der alte und neue Geschäftsführer Hof jedenfalls ist optimistisch. Er muss das wohl auch sein – schließlich ist er ist mit 40 Prozent einer der beiden Hauptgesellschafter der neu gegründeten Holding, zu der die neue Stürtz GmbH nun gehört.
Ende Januar stellte Stürtz Insolvenzantrag. Eine Mischung aus Branchenkrise und Altlasten, etwa aus der Übernahme der bisherigen Stürtz-Mutter Euradius durch den US-Konzern Sheridan hatten, so Hof, diesen Schritt unausweichlich gemacht. Die Zeit seitdem nennt er im Gespräch mit unserer Redaktion „die beruflich schlimmste meines Lebens“.
Der Niederländer ist kein Unbekannter im Unternehmen. Als Chef der bisherigen Muttergesellschaft Euradius kennt er Stürtz seit Jahren. Spätesten aber seit er im Dezember vergangenen Jahres die Geschäftsführung in Würzburg übernahm, hat er die Qualitäten der Würzburger schätzen gelernt. Dabei hilft Hof, dass er gelernter Drucker ist und auch schon mal selbst mit anpacken kann.
Zupackend, dass dürfte den 52-Jährigen wohl am besten beschreiben. Auf die Frage, warum es sich mit seinen Partner zutraue, Stürtz wieder in die schwarzen Zahlen zu führen, sagt er schlicht: „Wir glauben an das Unternehmen und haben eben getan, was wir getan haben“. Die Restrukturierung des Unternehmens laufe ja schon seit vergangenem Jahr, Stürtz stehe bereits auf viel gesünderen Beinen. Dann erzählt er, dass er gerade von einem Kunden komme, der schon 110 Jahre mit Stürtz zusammenarbeite. Ja, sagt er, „wir haben einen sehr guten Ruf“. Daher sehe er in einem schrumpfenden Markt dennoch langfristig eine gute Perspektive. So sei man mit jährlich rund 55 Millionen produzierten Druckstücken einer der Großen der Branche.
Zudem habe Stürtz, schwärmt Hof, „eine fabelhafte Belegschaft“. Knapp 300 sind nun noch an Bord. Es sei „sehr schmerzlich“ gewesen, 80 Arbeitsplätze abbauen zu müssen. Dann sagt er einen Satz, der einem deutschen Firmenchef so kaum über die Lippen kommen würde: „Ich bin stolz nicht nur auf die, die mit rübergegangen sind, sondern auch auf die, die die Firma verlassen haben“.
Immerhin habe man „nur zehn wirklich kündigen müssen“, rechnet Hof vor. Über die Hälfte sei in die Auffanggesellschaft gegangen, einige Ältere direkt in den Ruhestand – und 20 Mitarbeiter hätten sich entschlossen, aus eigenen Stücken das Unternehmen zu verlassen, etliche davon würden sich nun weiterqualifizieren. Dennoch sei die Stimmung im Unternehmen noch eine Mischung aus Erleichterung und Trauer: „Wir haben uns ja von 80 Kollegen verabschiedet“, so Hof, „das spürt man“.
Zum Schluss gibt es Lob. Lob für die gute Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft ver.di, „das war sehr professionell“. Lob aber auch für die regionale Politik. „Die haben spätabends noch angerufen, was heute gelaufen ist. Die haben richtig geholfen, wo sie nur konnten“.
Da habe es einen bemerkenswerten Schulterschluss zwischen den Parteien gegeben, ergänzt Insolvenzverwalter Plathner, „das war schon gut“. Er kenne das anders. Zwar werde oft Hilfe angeboten, „dabei bleibt es aber auch“.