Bittere Nachrichten für die rund 240 Mitarbeiter der Stürtz GmbH in Würzburg: Die Traditionsdruckerei stellt zum Ende des Monats ihren Betrieb ein. Mehrere Rettungsversuche sind gescheitert. Damit sind die Jobs verloren.
Geschäftsführer Dirk Eichelbaum bestätigte das Aus für Stürtz auf Nachfrage dieser Redaktion.
Drei Insolvenzen in vier Jahren
Zuvor hatte die Münchner Solvesta AG, der das Würzburger Unternehmen seit März gehört, pflichtgemäß der Börse mitgeteilt, „das operative Geschäft der Stürtz GmbH nicht fortzuführen“. Zuletzt durchlief die Druckerei ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Es war bereits die dritte Insolvenz innerhalb von vier Jahren.
Die Solvesta AG begründet ihren Rückzug unter anderem damit, dass man sich mit der Gewerkschaft ver.di nicht über die Erhöhung der Arbeitszeit auf 40 Wochenstunden einigen konnte. Auch habe man die millionenschwere Neuinvestition in eine Druckmaschine „mangels Verfügbarkeit“ und „mangels adäquater Finanzierungsangebote“ nicht realisieren können.
Schwere Vorwürfe richtet Solvesta-Vorstandsvorsitzender Patrik Fahlenbach an eine frühere Stürtz-Geschäftsführerin. Diese habe bei der Übernahme mit falschen Zahlen operiert. Man werde nun gegen die Frau juristisch vorgehen. Aus gut unterrichteten Kreisen war zu hören, dass diese Geschäftsführerin im Zuge der Übernahmeverhandlungen mit Solvesta geschönte Umsatzzahlen vorgelegt haben soll.
Schwierige Rahmenbedingungen
Eichelbaum, der im Zuge des Insolvenzverfahrens zu Stürtz kam, bedauert den Solvesta-Rückzug, vermeidet aber Schulzuweisungen. Alle Beteiligten – „gerade auch die Mitarbeiter“ – hätten großes Engagement gezeigt, um das Unternehmen fortzuführen. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen sei es gelungen, den von 70 Millionen (2012) auf 20 Millionen Euro geschrumpften Umsatz zuletzt wieder zu steigern.
Angesichts der vielen Krisen sei die Skepsis bei Kunden, Lieferanten und Beschäftigten letztlich aber zu groß gewesen. Das sei „jammerschade“, an der Qualität der gedruckten Bücher, Magazine und Kataloge habe es jedenfalls nicht gelegen.
Ein Vertreter des Betriebsrats war am Mittwochabend nicht zu erreichen.
In der Belegschaft herrschte Unruhe
Wie aus dem Unternehmen zu erfahren war, wurde die Belegschaft am frühen Dienstagnachmittag über das Aus zum 1. Oktober informiert. Überraschend kam die Info offenbar nicht: Viele Kollegen hätten zuletzt "keine Motivation" mehr gehabt, andere seien seit längerem krankgeschrieben, wie ein Insider sagte. Dennoch habe es unterm Strich immer noch einen Funken Hoffnung gegeben, dass das sinkende Schiff noch zu retten ist.
Dem Vernehmen nach haben die meisten Mitarbeiter bei der Betriebsversammlung am Dienstag die Nachricht vom Aus gefasst aufgenommen. Die Krise des Betriebs sei zuletzt durch die Tatsache verschärft worden, dass viele Leistungsträger in der Belegschaft nach und nach gegangen seien.
Aus Unterlagen, die dieser Redaktion vorliegen, hatten die Mitarbeiter schon seit Monaten Einschnitte akzeptiert, um Stürtz bei der Rettung zu helfen. So galt seit März 2015 eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 40-Stunden ohne Lohnausgleich - plus Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
Aus sicherer Quelle wurde auch bekannt, dass Stürtz kürzlich einer von drei Großkunden wegbrach. Es habe auch deswegen viel zu wenig Arbeit für die Belegschaft gegeben. Es herrschte seit geraumer Zeit "Unruhe bis zum Geht-nicht-mehr", wie es der Informant ausdrückte.
Stürtz hat seinen Sitz im Gewerbegebiet zwischen Würzburg und Veitshöchheim. Die Firma wurde 1830 als Universitätsdruckerei gegründet, in den 1970er Jahren zählte sie bis zu 600 Mitarbeiter. Nach der Fusion im April 2015 mit der Augsburger Druckerei Himmer nannte sich der Betrieb Phoenix Print, seit der schlagzeilenträchtigen Trennung ein Jahr später firmierte er wieder unter Stürtz.
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- Kommentar zum Aus bei Stürtz
Nach deren Weggang ging es den Bach hinunter, aber die Taschen der nachfolgenden Herren waren voll und garantieren einen sorgenfreien Ruhestand an frischer Seeluft.
Dreckiges Spiel.
Kommerzienrat Heinrich Stürtz würde sich im Grabe umdrehen wenn er wüsste, zu was der Name "Universitätsdruckerei Stürtz" missbraucht werden könnte.
Herr Dr. Fahlenbach braucht nun den eigenen Aktionären gegenüber ein Bauernopfer. Das ist billig und stillos.
Zugeben, dass man sich mit Stürtz völlig verhoben, das eigene Können überschätzt hat, steht nicht auf der Agenda.
Habe vor Jahren ähnliche Erfahrungen in einem anderen Betrieb gemacht.
Der "kleine Arbeiter" wird immer zu den "Kollateralschäden" gehören während sich die eigentlichen Verursacher ein gutes Leben gönnen können.
Den gekündigten Stürtz-Mitarbeitern wünsche ich jedenfalls viel Glück auf der Suche einer neuen Arbeitsstelle!
MfG
Es herrschte Aufbruchstimmung.
Als ihr dann jedoch zwei Personen aus dem Solvesta-Netzwerk zur Seite gestellt wurden, die im Markt einen eher zweifelhaften Ruf besitzen, war es schnell dahin mit der Stürtz-Dynamik. Man drängte sie mit Macht aus dem Unternehmen und installierte für viel Geld einen ebenso fragwürdigen Vertriebsberater, der mithilfe seiner dilettantischen Methoden auch dem letzten Kunden bewies, dass Stürtz nun endgültig zur Lachnummer verkommt.
Logische Folge: die Umsätze blieben am Boden.
Stürtz wurde über Jahre hinweg von seinem ehemaligen Gesellschafter als cash cow betrachtet. Stürtz, das Zugpferd der holländischen Euradius-Gruppe. Diese entzog der Firma nach und nach das Eigenkapital. Investiert wurde wenig bis nichts.
Soweit, so bekannt.
Dann, nach der zweiten Insolvenz kam der Retter in der Not. Die Solvesta. Nach eigener Beschreibung Sanierungsexperten, die insolvente Unternehmen mit Perspektive aufkaufen und wieder auf die Beine bringen.
Mit der Behauptung von Herrn Dr. Fahlenbach, Solvesta wurde bei dem Übernahmeprozess getäutscht, disqualifiziert er sich selbst. In einem langwierigen Due-Diligence-Prozess wurde das Unternehmen durchleuchtet und am Ende für sanierungsfähig betrachtet. Man feierte sich selbst.
Dies geschah im März. Doch was kam danach?