
Der Pflichtbeitrag, den Unternehmen an die Industrie- und Handelskammer (IHK) oder die Handwerkskammer (HWK) zahlen müssen, steht immer wieder in der Kritik. Die Auto Prokop GmbH aus Bad Brückenau wehrte sich und klagte gegen die IHK Würzburg-Schweinfurt. Nun muss die Firma für einige Jahre keine Beiträge zahlen. Was genau steckt dahinter? Der Fall wirft die brisante Frage auf, ob die Kammern rechtswidrig Beiträge verlangen.
Thema des Streits: Warum zwei Beiträge zahlen?
Manuel Fischer, Geschäftsführer von Auto Prokop, handelt mit Autos, schleppt sie ab, repariert und verleiht sie. Seine GmbH ist Mitglied der Handwerkskammer (HWK) für Unterfranken.
Einen Teil seines Unternehmens hat der Bad Brückenauer ausgelagert – die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen. Diesen Teil betreibt Fischer als natürliche Person. Da er dafür gewerbesteuerpflichtig ist, verlangte die IHK Würzburg-Schweinfurt Beiträge von ihm.
Fischer und seine Frau waren sich einig: "Wir zahlen nicht zweimal Beiträge", sagt Angelina Fischer. Sie überlegten, wie sie die Sache angehen sollten, und stießen auf den Bundesverband für freie Kammern (bffk). Der Verein mit Sitz in Berlin kämpft dafür, die bestehenden Kammergesetze zu ändern. Eines der Ziele: die freiwillige Mitgliedschaft in IHK und HWK.
Der bffk hat bundesweit bereits zahlreiche Unternehmen dabei unterstützt, gegen Mitgliedsbeiträge zu klagen. Denn laut Bundesgeschäftsführer Kai Boeddinghaus ziehen etliche Kammern rechtswidrig Beiträge von ihren Mitgliedern ein. Mehrere Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts geben ihm mittlerweile Recht.
Sind die Kammer-Beiträge rechtswidrig?
"Die Kammern dürfen nur dann Mitgliedsbeiträge einziehen, wenn sie keine andere Möglichkeit haben, ihre Ausgaben zu finanzieren", sagt Boeddinghaus. "Und sie dürfen kein rechtswidriges Vermögen bilden, sprich sinn- und zweckfrei Geld anhäufen."
Boeddinghaus bezieht sich auf Paragraf 3, Absatz 2 des IHK-Gesetzes. Dort heißt es: "Die Kosten […] werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen […] aufgebracht." Zudem gelten die Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung.
Boeddinghaus sieht diese Grundsätze aufgrund hoher Vermögensbildungen von der IHK Würzburg-Schweinfurt verletzt. "90 bis 95 Prozent der Beitragsbescheide, die in Deutschland verschickt werden, sind rechtswidrig", sagt er. "Das gilt auch für Würzburg. Und die IHK weiß das." Auf dieser Grundlage basierte schließlich die Klage von Auto Prokop für die Beiträge der Jahre 2014 bis 2017.
Welche Rolle die Rücklagen der IHK spielen
Die IHK Würzburg-Schweinfurt nimmt laut Hauptgeschäftsführer Ralf Jahn neben den Mitgliedsbeiträgen Geld für Lehrgänge, Prüfungen von Sachverständigen oder andere Dienstleistungen ein. "Wir haben ein gesundes Maß an Rücklagen, die wir für die Finanzierung unserer Aufgaben benötigen", sagt Jahn. Zurzeit würden diese bei etwa zwölf Prozent der fortlaufenden Betriebsausgaben liegen.
Die ordentliche Haushaltsführung verpflichte die IHK, angemessene Rücklagen zu bilden, um Einnahmeausfälle ausgleichen zu können, sagt Jahn. Solche Ausfälle gebe es beispielsweise, wenn wegen des Krieges in der Ukraine die Gewerbeerträge und somit die Mitgliedsbeiträge zurückgingen. Oder wenn wegen der Corona-Pandemie Lehrgänge weniger stark besucht sind. Ereignisse eben, die man nicht vorhersehen könne.
"Das Bundesverwaltungsgericht fordert neuerdings, dass wir für jeden Euro, den wir in unsere Rücklage packen, begründen müssen, wieso wir ihn brauchen", sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer. "Die Konsequenz nicht ausreichender Rücklagen wäre, dass wir im Zweifel die Beiträge erhöhen müssten."
Für die Handwerkskammern gelten die gleichen Vorgaben, die entsprechenden Passagen in der Handwerksordnung ähneln denen des IHK-Gesetzes. Auch hier hat der bffk bereits Klagen gewonnen. Die HWK für Unterfranken hat sich der Verein noch nicht näher angesehen.
Streit mit Auto Prokop: IHK hebt Beiträge freiwillig auf
Das erste Verfahren von Auto Prokop gegen die IHK Würzburg-Schweinfurt hatte das Verwaltungsgericht Würzburg zugunsten der IHK entschieden. Die Fischers legten Berufung ein. Und klagten für die Jahre 2018 bis 2020 erneut.
Die beiden Verfahren wurden nun gestoppt. Denn die IHK Würzburg-Schweinfurt hat sich entschieden, die Beitragsbescheide freiwillig aufzuheben. Der Grund laut Jahn: Der Verwaltungsaufwand für den Prozess wäre um ein Vielfaches höher gewesen als die Summe der Beiträge. Aber, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer: "Wir sind nach wie vor überzeugt, dass wir auch das Berufungsverfahren gewonnen hätten."
Bundesgeschäftsführer Kai Boeddinghaus vom bffk dagegen sagt: "Sie heben die Beitragsbescheide auf, weil sie wissen, dass sie vor Gericht verlieren."
"....die Beitragsbescheide freiwillig aufzuheben. Der Grund laut Jahn: Der Verwaltungsaufwand für den Prozess wäre um ein Vielfaches höher gewesen als die Summe der Beiträge..."
Mal unabhängig von der Sinnhaftigkeit der Beiträge. Die IHK nimmt einen Bescheid freiwillig zurück weil der Prozess zu viel Arbeit macht? Wo steht geschrieben, dass die IHK einen Bescheid "freiwillig" zurücknehmen kann bei dem sie auch noch überzeugt ist, dass er korrekt ist?
Provokativ gefragt: Verzichtet die IHK hier auf Beiträge zu Lasten der anderen Mitglieder?
Haben Kleinunternehmer mit 50 Euro Grundbeitrag jetzt auch Aussicht auf eine freiwillige Rücknahme?!
Oder ist es eher so, dass die IHK den Prozess mit diesem fragwürdigen Schachzug vermeiden wollte?
Man nennt das Schadenbegrenzung.
Damit an die Öffentlichkeit zu gehen, nennt man Dummheit gepaart mit Unvermögen!
Horrende Kosten für mangelhafte Gegenleistung.