Nach der Pause, den „20 Freiminuten gratis“, da kommt er dann nicht mehr in der Maske des Kabarettisten Helmut Schleich. Da kommt FJS höchstselbst, posthum und adhoc auf die Bühne. Weil, es ist am Mittwochabend im Bockshorn in der ersten Hälfte „viel zu wenig über die CSU geredet worden“. Sagt vorne am Pult – den Kopf halslos zwischen die Schultern gezogen, auf die Zehenspitzen gestellt, die Arme angelegt, die Haltung grantig – Franz Josef Strauß. Bei einem Kabarettprogramm mit dem Titel „Ehrlich“ – also ehrlich, wenn es da nicht um die CSU geht!
Hat doch das bayerische Kabarett „seine herausragende Stellung vor allem der CSU zu verdanken“. Und der Mann auf der Bühne präzisiert: „und zwar meiner CSU!“. Bayerns größter Ministerpräsident aller Zeiten – aus Zeiten, als angestellte Verwandte und gesponserte Geburtstagsfeiern noch kein Skandal, sondern Wesenskern der Partei waren und es noch echte Haderlumpen und keine windigen Haderthauers gab – ist heute ja gemeinhin in der Rolle des Kabarettisten Helmut Schleich zu erleben. Aber im Bockshorn, beim Thema Ehrlichkeit – da ist Schluss mit Rolle, da schlüpft der Strauß aus dem Schleich.
Er rechnet vor vollbesetztem Saal ab mit den CSU-Erben – vom „Kamillenteesieder“ aus Wolfratshausen über „Uli-Hoeneß-Enddarmbewohner“ und „politische Sockelriecher“ bis zu heutigen Generalsekretären, die keine Phrasendrescher mehr sind, sondern „Worthülsenvollernter“. Dass im BR, der mal sein Privatsender war, heute ein Promikoch Weißwürste paniert – unfassbar. Und dass das Volk auf der Wiesn heute Dirndl und Lederhose trägt – „das haben wir noch sauber den Preißn“ überlassen.
Nach einer Viertelstunde bitterer Bilanz wechselt FJS wieder zurück zum Kabarettisten alter Schule, zu Helmut Schleich. Der hat im vergangenen Jahr den Deutschen Kleinkunstpreis, den Kabarett-Oscar, erhalten und zeigt im aktuellen Programm „Ehrlich“ sein schauspielerisches Talent.
Den Stammtischbruder, der übers G8 herzieht („Wenn man alles wissen will, was man wissen muss, muss man auf G15 verlängern“) über den Präsidenten der osteuropäischen Fantasierepublik Kitschakigisien bis zum tatternd wetternden, mit weißem Schal und schwarzem Zylinder ausstaffierten Jopie-Heesters-Gesangslehrer Heinrich von Horchen, der die Geschichte der Spionage von kulturhistorischer Seite betrachtet – alles Paraderollen für FJS alias Schleich.
Und bei all den Szenen und munteren Rollen werden kritisch und böse Gesellschaft und treffend die Politik zerlegt: Sei's die EU, in der der neue Digitalkommissar Oettinger „bei der Computertechnik auf dem Stand von Konrad Zuse“ ist und wo ein Draghi EZB-Präsident sein darf, als mache man den Räuberhauptmann zum Polizeipräsidenten. Und Strafzinsen aufs Ersparte und Sprachroboter bei der Hotline der Feuerwehr – das hätte es früher auch nicht gegeben.