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WÜRZBURG
Straßenausbaubeiträge: Bürgermeister lassen Bescheide ruhen
Ernst Jerg
Ernst Jerg
 |  aktualisiert: 27.04.2023 06:13 Uhr

Die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag hat bei ihrer Klausur im Kloster Banz die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge beschlossen, die Bürger landauf und landab massiv belastet haben. Die Freien Wähler wollen trotzdem an ihrem geplanten Volksbegehren festhalten. Doch wie geht es vor Ort nach den politischen Ankündigungen weiter?

Die Redaktion befragte die Bürgermeister einiger Gemeinden im Landkreis, wie sie mit der Situation umgehen, in der alles in der Schwebe ist. Die Reaktion ist einheitlich. Jeder der befragten Amtsinhaber stellt den Bürgerfrieden und das Bürgerwohl an die oberste Stelle. Das heißt, es werden keine Kostenbescheide zur Straßenausbausatzung mehr verschickt.

Nun eint die Befragten auch die gemeinsame Sorge, wie und vor allem wann es zu den politischen Aussagen rechtsverbindliche Regelungen geben wird. Und über allem steht die Frage: „Wie lassen sich künftige Straßensanierungen bezahlen und wer finanziert sie?“

Regierung lockert Druck auf Gemeinden

Die Regierung von Unterfranken hat auch ihren scharfen Kurs gelockert. Bislang hatte man dort auf die Einhaltung der Straßenausbausatzungen gedrängt. Jetzt heißt es aus der Peterstraße: Die Regierung empfiehlt den Landratsämtern in Unterfranken erst einmal abzuwarten, wie sich eine Abschaffung der Bürgerbeiträge auswirkt. Das Landratsamt Würzburg mit seinem Chef Eberhard Nuß will das Thema ebenfalls angehen. In der Bürgermeister-Dienstbesprechung am 7. Februar soll es Informationen über ein weiteres Vorgehen geben.

Burkard Losert: Widerspruch einlegen

Der Rimparer Bürgermeister Burkard Losert will vor allem eines: Seine Bürger schützen. Und so hat er in der jüngsten Gemeindeversammlung in der vergangenen Woche ein Moratorium ausgerufen, also eine Übereinkunft zu treffen, etwas vorher Beschlossenes erst einmal zu unterlassen. Und genau das will Losert jetzt tun. „Wir haben etwa drei Kilometer Straßen, die fertig saniert aber noch nicht abgerechnet sind. Ein weiterer Teil steht auch kurz vor der Endabnahme. Wir lassen jetzt erst einmal alle Bescheide ruhen. Angefangene Baumaßnahmen gehen weiter, obwohl die Finanzierung jetzt nicht mehr geklärt ist.“

Er hat seinen Bürgern in der Ortsversammlung empfohlen, Widerspruch gegen die schon erlassenen Bescheide bei der Gemeinde einzulegen. „Dann haben wir eine Willenserklärung, dass sie damit nicht einverstanden sind.“ Wie er sich eine künftige Finanzierung vorstellt? Für ihn ist klar, dass die Zeche wieder der kleine Mann auf der Straße zahlt über Steuererhöhungen. Nach seinen Angaben braucht die Gemeinde Rimpar die Einnahmen aus der Straßenausbausatzung oder eine andere Finanzierung. „Wir haben derzeit Gesamtkosten von über drei Millionen Euro.“ Für Rimpar hieße ein kompletter Wegfall der Bürgerbeiträge keine Straßensanierungen mehr oder auf andere Infrastrukturmaßnahmen verzichten.

Volker Faulhaber: keine offenen Zahlungsbescheide

Volker Faulhaber ist Bürgermeister in Kist. Er hat seine Straßensanierungen im vergangenen Jahr abgerechnet.

Für ihn stellt sich das Problem offener Bescheide nicht. Doch er wollte auch die nächsten Jahre offensiv angehen, um seine Gemeinde voranzubringen. Vier Straßen sind für 2018 geplant, die Anträge liegen bei der Regierung. Aber was jetzt, fragt sich der Kommunalpolitiker. Er will sich mit seinem Gemeinderat abstimmen, wie man weiter verfahren will, bevor die Baumaßnahmen ausgeschrieben werden, die in die Millionen gehen. Für ihn ist zumindest ein Problem gelöst: Das kommunale Abgabengesetz war dringend überarbeitungsreif. „Doch wie wird die Lösung für die Zukunft aussehen und werden die Gemeinden dann handlungsfähig bleiben?“, fragt er sich.

Peter Stichler: Bestehende Planungen vorantreiben

Bei Peter Stichler, Chef der Gemeinde Höchberg, ist die Ortskernsanierung noch nicht abgerechnet, Wirtsgasse und Sonnemannstraße sind in der Planung.

Für ihn ist klar, dass die Gemeinde diese Planungen weiter vorantreibt. Er rechnet mal kurz hoch und kommt auf 1,2 Millionen Euro in Höchberg, die seine Bürger entweder schon bezahlt haben oder noch übernehmen müssten. Er hat schon entschieden, wie es in Höchberg läuft, bis man Klarheit hat: „Wir werden keine weiteren Bescheide herausgeben und auch die Abrechnungen nicht vorantreiben.“ Für ihn sind es 100 bis 150 Millionen Euro, die der Freistaat für ganz Bayern übernehmen müsste. Wegen der guten Einnahmen in Höchberg könnte die Gemeinde die Straßensanierungen zumindest derzeit selbst finanzieren. Aber auf keinen Fall für die Zukunft, macht Stichler klar.

Waldemar Brohm: Bürgeranteil bei Förderung abgezogen

In Margetshöchheim läuft derzeit ein Straßenausbau in der Mittleren Mainstraße, sagt Bürgermeister Waldemar Brohm. Die Kosten werden sich wohl auf rund eine Million Euro belaufen. Auf die Anwohner wären etwa 180 000 Euro zugekommen. „Doch wir geben keine Kostenbescheide dafür mehr heraus“, versichert Brohm. „Wir bauen dort aber weiter“.

Das Bittere für die Gemeinde: Bei den Fördermitteln sind die fest geplanten Bürgerbeiträge schon abgezogen worden. Und noch eins ärgert den Gemeinde-Chef: „Wir haben wegen des Neubaus des Verbindungssteges zwischen Veitshöchheim und Margetshöchheim den Ausbau der Mainlände Jahr für Jahr verschoben.“ Wie künftig der Anteil der Anwohner ersetzt werde, sei nicht abzuschätzen.

Rosalinde Schraud: Noch nie Anwohner herangezogen

Es gibt auch Ausnahmen im Landkreis. In der Gemeinde Estenfeld sind laut Bürgermeisterin Rosalinde Schraud noch nie die Bürger im Zuge der Straßenausbausatzung bei einer Sanierung finanziell herangezogen worden. „Wir haben noch nie abgerechnet.“ Allerdings käme eine Abschaffung der Bürgerbeiträge in Estenfeld gerade zum rechten Zeitpunkt, denn laut Gemeinde-Chefin müssen nun einige Straßen angepackt werden. Aber bis die Ausschreibung durch und die Baumaßnahme abgeschlossen ist, gehen Jahre ins Land und bis dahin sollte man sich in München geeinigt haben, hofft Schraud.

Die Josef-Heeger-Straße in Rimpar: Bisher mussten sich die Bürger am Straßenausbau beteiligen. Wie läuft das aber künftig?
Foto: Angie Wolf | Die Josef-Heeger-Straße in Rimpar: Bisher mussten sich die Bürger am Straßenausbau beteiligen. Wie läuft das aber künftig?
 
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