
Ob Tag des Kusses, des Bieres oder der Tropenwälder – es gibt kaum etwas, für das noch kein spezieller Aktions- oder Welttag ins Leben gerufen wurde. Seit 2002 wird bundesweit alljährlich der „Tag des Geotops“ begangen, in diesem Jahr am 16. September.
Warum Geotope besondere Aufmerksamkeit verdienen, erklärt die Deutsche geologische Gesellschaft (DGGV), die den Aktionstag ausrichtet: „Geotope prägen nicht nur das Landschaftsbild einer Region – oft sind sie auch im Bewusstsein der Menschen durch alte Sagen, Legenden und Mythen verankert. Geotope sind also nicht nur Naturdenkmale oder Wissenschaftsobjekte, sondern auch Kulturgüter, die es zu schützen und zu erhalten gilt“, heißt es auf der Homepage der DGGV.
Geheime Geschichten eines Paläontologen
Ochsenfurt darf sich rühmen, eines von "Bayerns 100 schönsten Geotopen" zu beherbergen: den Quaderkalkbruch Kleinochsenfurt. Anlässlich des Tags des Geotops soll eine dreitägige Veranstaltungsreihe der Stadt Ochsenfurt der Bevölkerung die erdgeschichtlichen Eigenheiten der Region nahebringen.
Den Auftakt macht am Freitag, 21. September, der Paläontologe Prof. Gerd Geyer. Der 62-Jährige arbeitet am Institut für Geografie und Geologie an der Universität Würzburg und ist Spezialist für das Kambrium, einem sehr alten Abschnitt der Erdgeschichte.
Daneben hat Geyer eine Vorliebe für seine Heimat und befasst sich mit der Trias Frankens, der ältesten Periode des Erdmittelalters. In seinem Vortrag „Franken im Erdmittelalter: Die geheime Geschichte von Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper“ wird Geyer in der Stadtbücherei Ochsenfurt auf faszinierende erdgeschichtliche Entdeckungen und die erdgeschichtliche Entwicklung der Region eingehen.
Ein Stück Unterfranken in New York
Wie die Gesteine in Franken die Landschaft und die Orte geprägt haben, davon erzählt auch das Geotop rund um den Quaderkalkbruch Kleinochsenfurt. Ein Panoramaweg führt vom Ochsental hinauf in den Steinbruch, der schon rein optisch eine Besonderheit ist: Da sich Quaderkalk in großen Blöcken mit Seitenlängen von bis zu 1.50 Meter ablagert, wirken die Gesteinsbrocken wie überdimensionale Bauklötze.
„Quaderkalk ist ein typischer Baustein aus der Region und war immer ein großer Exportschlager“, erklärt Geologin Uschi Merten, die am Samstag, 22. September, eine Führung durch das Geotop anbietet. Da Quaderkalk sehr hart ist, sich aufgrund seiner natürlichen Würfelform gut abbauen lässt und man ihn am Stück verarbeiten kann, war und ist er weltweit gefragt; ein Teil der Grand Central Station in New York etwa besteht aus Quaderkalk aus der Region.
Wo sich die Wespenspinne wohlfühlt
Laut Geologen gilt der Quaderkalk zwischen Rothenburg ob der Tauber und Würzburg als einmalig auf der ganzen Welt. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren Würzburg und Randersacker Zentrum einer der dichtesten Steinbruchregionen Europas. Noch heute wird in den Steinbrüchen von Kirchheim und Kleinrinderfeld Quaderkalk abgebaut und verarbeitet.
Im Quaderkalkbuch Kleinochsenfurt dagegen ist es still geworden. Seit dort nicht mehr abgebaut wird, hat sich das Geotop auch zum Biotop entwickelt: Seltene Tierarten wie die Wespenspinne sowie die rot- und blauflügelige Ödlandschrecke aus der Familie der Feldheuschrecken haben sich dort angesiedelt, und auch der unter Naturschutz stehende Frasenenzian ist im Steinbruch zu finden.
Mit ihrer Führung, die auf etwa zwei Stunden angelegt ist, möchte Merten vor Ort und ganz plastisch einen Einblick in die Erdgeschichte der Region geben. Dabei wird sie auf die Besonderheiten von Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper eingehen, die die fränkische Trias ausmachen und vor 200 bis 250 Millionen Jahren entstanden sind. Sie umfassen fast 90 Prozent der Landfläche Unterfrankens.
Austernriff in Goßmannsdorf
„Mich fasziniert die Entstehung der Gesteinsschichten und was sie uns alles erzählen können“, sagt Geologin Uschi Merten. Welche Rückschlüsse man aus den Überbleibseln des fossilen Meeresbodens im Geotop ziehen kann, was es mit Austernriffen in Goßmannsdorf und Langensteinach auf sich hat, und wie es dazu kam, dass der Main von Ost nach West fließt – all das können Interessierte bei der Führung am Samstag erfahren.
Wer sich anschließend noch weiter ins Thema vertiefen möchte, kann dies am Sonntag zwischen 10 und 17 Uhr im Triasmuseum Ochsenfurt tun, das 1999 als Privatmuseum eröffnet wurde. Auf drei Stockwerke verteilt sind Fossilien mit dem Schwerpunkt der fränkischen Trias ausgestellt. Ein zirka sechs Meter hohes Wandrelief zeigt die Schichten der Trias und deren wichtigste Fossilien. Ceratiten in allen Größen, Brachiopoden, Saurier, Fische, Stachelhäuter und Pflanzen runden die Sammlung ab.

