
Die Wohnung in der Stadt aufgeben, ein Boot bauen und künftig auf dem Main leben: Ist das eine tolle Idee oder eher eine verrückte? "Schon ein bisschen beides", sagt André Weikinger und lacht. Mit seiner Frau Silke Hummel hat er in der vergangenen Woche auf einem angemieteten Gelände im Neuen Hafen mit dem Schiffbau begonnen, und man mag gar nicht glauben, wie weit das Ehepaar in so kurzer Zeit gekommen ist.

Ende August soll ihr "Living-Katamaran" getauft und zu Wasser gelassen werden. Auf zwei 15 Meter langen Pontons steht bereits ihr Wohnhaus mit 44 Quadratmetern Wohnfläche. Das größte Zimmer mit einer kleinen Terrasse nach hinten bekommt künftig ihr 15-jähriger Sohn Lenny, der aufs Friedrich-Koenig-Gymnasium geht.
Keine Schnaps-, sondern eine Weinidee
André Weikinger und Silke Hummel stammen aus Obersinn im Sinntal und sind seit 15 Jahren Wahlwürzburger. Vor vier Jahren haben sie in Manhattan geheiratet. Die Frau arbeitet als Medizinisch-Technische Assistentin an der Uni, er ist gelernter Zimmermann und verkauft derzeit Fenster, Türen und Rolladen einer Kitzinger Firma.
Eine Schnapsidee war ihr Traum vom eigenen Katamaran nicht - dieser Plan entstand abends bei einer Flasche Wein. Die Familie reist sehr gerne, macht jedes Jahr Urlaub in Spanien. Vor drei Jahren waren sie auf einem Hausboot in Holland unterwegs. "Das hat uns so gut gefallen, dass wir das wiederholt haben. Und beim Wein sind wir schnell zum gemeinsamen Entschluss gekommen, künftig auf einem Boot leben zu wollen", erzählt die Frau.
Ein Hausboot zu kaufen, wäre zu teuer gewesen
So haben sie angefangen, sich Hausboote anzusehen. "Es waren schöne dabei, aber nicht das, was wir uns zum Wohnen vorgestellt haben. Oder sie waren viel zu teuer", sagt Weikinger. So beschlossen sie eines Abends, ihr Boot selbst zu bauen. Als Handwerker mit Erfahrung machte sich André Weikinger daran, die Pläne bis ins Detail so lange zu zeichnen, bis beide überzeugt waren, dass alles passt.

Die 15 Meter langen Pontons haben sie von einer Spezialfirma aus glasfaserverstärktem Kunststoff fertigen lassen und sechsmal mit einer Antifouling-Farbe gestrichen. Mit der Farbe wird die Ansiedlung von Organismen auf der Oberfläche vermieden.
Komplett selbst gefertigter Aufbau
Den Aufbau hat der Zimmermann selbst gefertigt, die Familie hat ihn dabei tatkräftig unterstützt. Der Wohnraum wurde aus Stahlträgern und aus schwedischen Kertoplatten mit hohem Dämmwert gefertigt. Den Blick nach außen verschaffen wärmeisolierte Kunststoff-Fenster, aluminiumbeschichtete Sandwichplatten sorgen für die Außenisolierung.

In den Pontons sind eine Bio-Kläranlage, eine Wasseraufbereitung und ein Heißwasserboiler untergebracht, um das Mainwasser trinkbar zu machen. Dazu kommen große Batterien, die auch von Solarmodulen auf dem Dach gespeist werden. Zwei Außenbordmotoren werden für die Beweglichkeit auf dem Main sorgen.
Jetzt entsteht die Inneneinrichtung
Nun steht nach zwei Wochen der Katamaran im Rohbau fertig im Neuen Hafen, wo das Ehepaar in einem Dachzelt auf dem Auto übernachtet. Jetzt geht es an die Inneneinrichtung. Aus der Wohnung ist da nichts zu gebrauchen, weil nichts passt. Am Ende wird die Familie 1000 Stunden Arbeit und 160 000 Euro investiert haben. "Ein vergleichbares Boot hätte uns 450 000 Euro gekostet", sagt Weikinger. Was noch aussteht, ist die Überprüfung der Pläne durch das Wasser- und Schifffahrtsamt und die Trimmberechnung durch einen Spezialfirma aus dem Norden. Bei der Trimmberechnung geht es um die genaue Ermittlung der Schwimmlage eines Schiffes bei Verschiebungen von Gewichten.

Inzwischen haben Vater, Mutter und Sohn in einer Bootsfahrschule ihren Bootsführerschein für die Binnenschifffahrt gemacht. Künftig werden sie sich jeden Morgen entscheiden, wer der Kapitän ist. Die Kapitänsmützen gibt es dann bei der Schiffstaufe. Der Termin steht noch nicht fest, dafür aber der Name für den Living-Katamaran: Er wird "Lu" heißen - nach ihrer Tante Luise, die Taufpatin ist.
Hoffentlich dürfen sie auch außerhalb des Neuen Hafens anlegen.
@Herr Krieger: bleiben Sie dran. Wäre Interessant wie in einem Jahr die Erfahrungen der Familie sind.