Diesen Mann bringt so leicht nichts aus der Ruhe. Nicht mehr. Was ist schon eine Delle im Auto im Vergleich zum Tumor im eigenen Körper? „Früher“, sagt Wolfgang Schäfer, „habe ich mich über alles aufgeregt.“ Doch die Maßstäbe für den 59-Jährigen haben sich verschoben. Er lebe heute besser. Und das äußert einer, der 2004 vom Klinikarzt einen drastischen Befund bekam: Krebs. Multiples Myelom, eine Art von Blutkrebs, bei dem auch Knochen angegriffen werden (siehe Infokasten).
Der stellvertretende Schulleiter aus Buchen (Odenwald) ist an seiner Krankheit gewachsen. Geschrumpft ist er nur körperlich. Seine Hosen hat er kürzen lassen. In seinen neuen Ausweis konnte er nur noch 1,72 Meter eintragen, davor waren es vier Zentimeter mehr. Er hat sie verloren, weil sich der dritte Brustwirbel förmlich aufgelöst hat. Schäfer lächelt darüber. Seit fünf Jahren wurden keine Tumorzellen mehr bei ihm gefunden.
Den Begriff Heilung nehmen Onkologen äußerst behutsam in den Mund. Aber: „Wenn zehn Jahre keine bösartigen Zellen mehr nachgewiesen werden, ist die Rückfallwahrscheinlichkeit geringer als zehn Prozent“, erklärt Krebsspezialist Prof. Dr. Hermann Einsele von der Würzburger Uniklinik. Sie gilt deutschlandweit als das führende Zentrum für die Behandlung des Multiplen Myeloms – und Einsele als Koryphäe auf diesem Gebiet. Über 300 Patienten werden am Zentrum für Innere Medizin jährlich aufgenommen. Viele von ihnen haben eine lange Odyssee hinter sich, waren von Arzt und Arzt gerannt, bis endlich die richtige Diagnose gestellt wurde. Rücken- oder Knochenschmerzen, häufige Infektionen, Nierenprobleme – verschiedenste Symptome können auf diese Krebsform hindeuten.
Wolfgang Schäfer bekam an der Uniklinik ein zweites Leben geschenkt. Entsprechend sorgsam geht er damit um, achtet auf Ernährung und Sport – und vor allem: „Ich nehme jeden einzelnen Tag als Geschenk.“ Die Zeit der Schmerzen ist vorbei. Unbeschreibbar müssen sie gewesen sein, damals vor gut sechs Jahren, als sein Körper irgendwie implodierte.
Zwei bis drei Jahre hatten den Pädagogen schon Rückenschmerzen geplagt. 2004 dann, bei einem Urlaub in den USA, eskalierte die Situation. Schmerzmittel halfen dem damals 53-Jährigen nicht mehr.
Wolfgang Schäfer Krebspatient
In der U-Bahn von New York sackte Wolfgang Schäfer zusammen: „Ich habe gespürt, dass etwas gebrochen ist. Regelrechte Elektroschocks sind mir bis in die Beine gefahren.“ Der amerikanische Klinikarzt riet ihm zum sofortigen Rückflug.
Im heimischen Mosbach bestätigte sich der Verdacht: Krebs. Es gab in dieser Zeit Phasen, da löste schon die kleinste Kopfbewegung horrende Schmerzen im ganzen Körper aus. Tränenüberströmt lag der Lehrer auf dem Boden und konnte sich nicht mehr rühren. „Es waren mörderische Schmerzen.“ Erst eine hohe Dosis Kortison linderte den Zustand. Weitere Untersuchungen brachten Klarheit und die bittere Diagnose: Multiples Myelom. Im Herbst 2004 wurde Wolfgang Schäfer in die Medizinische Poliklinik II zu Professor Einsele eingeliefert.
Wenige Wochen später begann eine Hochdosis-Chemotherapie, zu der zwei Stammzelltransplantationen innerhalb von drei Monaten gehörten. Es waren die eigenen Stammzellen des Patienten, die zunächst entnommen, aufbereitet und dann wieder injiziert wurden. Ein Abstoßungsrisiko bestand somit nicht. Natürlich hat auch Wolfgang Schäfer durch die Chemotherapie seine Haare verloren, war zwischendurch sehr abgeschlagen. Aber er hatte sich informiert, wusste um seine Heilungschance, legte sich eine persönliche Überlebensstrategie zurecht. Er blickt zurück: „Ich glaube, es war wichtig, sich nicht von der allgemeinen Hysterie gegenüber einer Chemotherapie anstecken zu lassen. Viel wichtiger waren die Blutwerte.“
Und die entwickelten sich durch die Behandlung überaus günstig. Hinzu kam die Unterstützung seiner Familie, der Frau und zweier Söhne, die ihm Mut machten. Im Juli 2005 konnte der Lehrer die Würzburger Uniklinik mit einem „tollen Gefühl“ verlassen, im September stand er wieder vor seiner Klasse.
Wie so viele Myelom-Patienten hat sich Wolfgang Schäfer eine Menge Wissen über die Krankheit angeeignet. Es handelt sich um eine Krebsform, die den Betroffenen – anders als bei akuten Erkrankungen – die Zeit dazu lässt. Freilich wäre Wissen allein zu wenig. Krebsforscher Einsele ist fest davon überzeugt, dass Lebenswille und Zuversicht für die Genesung wesentlich sind: „Patienten, die mit einer positiven Grundhaltung herangehen, haben die besten Aussichten.“
"Diesen Mann bringt so leicht nichts aus der Ruhe. Nicht mehr. Was ist schon eine Delle im Auto im Vergleich zum Tumor im eigenen Körper? „Früher“, sagt Wolfgang Schäfer, „habe ich mich über alles aufgeregt.“ Doch die Maßstäbe für den 59-Jährigen haben sich verschoben. Er lebe heute besser."
sollten sich mal viele Gesunde zu Herzen nehmen.
Jeden Tag geniessen das ist die beste Einstellung;-)