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Würzburg
Starke Wirkung ohne Effekthascherei
Räume spielen große Rollen: Horst Kistner vor 'Gregory's gone', einer kleinen Hommage an den Kollegen Gregory Crewdson.
Foto: Joachim Fildhaut | Räume spielen große Rollen: Horst Kistner vor "Gregory's gone", einer kleinen Hommage an den Kollegen Gregory Crewdson.
Joachim Fildhaut
 |  aktualisiert: 04.09.2021 02:29 Uhr

46 Geschichten erzählt der Fotograf Horst Kistner in seiner Ausstellung "52 Years later" auf dem Kunstschiff Arte Noah. Und alle hängen miteinander zusammen. Allerdings fällt es dem Betrachter schwer, den Inhalt der einzelnen Augenzeugenberichte wiederzugeben. Das muss er aber auch gar nicht. Wichtig ist, dass er in die Atmosphäre eintaucht.

Und Besucher tauchen gern hier ein. Schöne junge Frauen verleiten dazu, das heißt: jeweils eine pro Bild. Wir finden uns fast immer in geschlossenen Räumen wieder, in der Beleuchtung eines Caravaggio oder mindestens eines Rembrandt. Die Figuren ziehen eine besinnliche, in sich gekehrte Miene, während sie leicht abweichende Dinge tun oder erleben. Allem Augenschein nach schreiben wir die Fünfziger Jahre.

20 Werbe- und Food-Fotografie

Diese wenigen Eigenschaften genügen, um einen typischen Horst Kistner zu schaffen. Der Künstler, vor 52 Jahren in Würzburg geboren, machte über 20 Jahre lang Werbe- und Food-Fotografie. Dann kam der große Umschwung, der sich in seiner Biografie so liest: "2013 baute er die erste Installation aus gesammelten Möbeln und fotografiert in ihr ein Model. Im gleichen Jahr hatte er die erste Ausstellung in Paris." Und er konnte seinen Brotjob an den Nagel hängen.

Von der kommerziellen inszenierten Fotografie nahm er viele Erfahrungen mit. Auch die, wie groß der Aufwand für ein einziges Bild sein kann. Manche Geschichte über die Entstehung eines Werks ist so interessant wie die Story darinnen.

Auch das Kino hat Kistner beeinflusst. Hitchcock, Lynch, Tarantino nennt er als Paten. Weil alles Visuelle im Dienst der Geschichte steht, entgeht Kistner einer großen Gefahr der inszenierten Fotokunst: der Effekthascherei. Allenfalls die Parallele eines Kugelkaktus mit dem Bauch einer Schwangeren lappt ein wenig in diese Richtung aus.

Beeinflusst vom Kino

Trotz des harten Lichts wirken viele Partien auf seinen Abzügen weich, malerisch. Das rührt fast nie von Retuschen. Dafür hat der Lichtbildner schon Stunden, bevor er den Auslöser drückte, Lampen aufgestellt und evtl. Schleier in den Lichtstrahl gehängt.

Nicht alle seine Models sind bekleidet. An mangelnder Garderobe liegt das nicht: Horst Kistner pflegt in seiner Wahlheimat Karlsruhe acht laufende Meter Kleiderschrank für seine Figuren.

Der eifrige Flohmarktbesucher bietet Abzüge seiner Arbeiten ab 160 Euro an. Die entsprechende Größe von knapp DIN A5 reicht so gerade für den Kunstgenuss. Bisher gab es bei ihm Großformate, für die Sammler um die 1500 Euro hinlegen. Doch Kistner ist weiter auf der Erfolgsspur. Noch nicht im Katalog seines Verlags, aber schon in der Würzburger Ausstellung: wirkliche Großbilder für den doppelten Preis.

Vernissage: 1. September, 19 Uhr. Finissage: 3. Oktober, 17 Uhr

 
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