Mit viel Vorschusslorbeer pries das Rathaus das Projekt „Würzburg integriert!“ einst lautstark als finanziellen Heilsbringer. Als es nur wenig später auf der neuen Datenbahn nicht wie gewünscht lief, avancierte das komplexe Konstrukt zur Geheimsache – und ist es bis heute geblieben. Informationen für die Presse gibt es nur auf Nachfrage – erst recht nach dem Scheitern des Projektes.
Darüber informierte das Rathaus in knappen vier Zeilen. Und erst als nach einem Main-Post-Bericht schon bekannt war, dass die Stadt über eine halbe Million Euro an Arvato überweisen muss. Dass das finanzielle Desaster weitaus größer ist, weil die Stadt über 815 000 Euro ihrer Kosten abschreiben muss, räumen die Verantwortlichen wieder erst auf Nachfrage der Zeitung ein.
Ganz auf dieser Schweige- und Vertuschungslinie agieren die meisten Stadtratsfraktionen. Die Redaktion hat allen Fragen zum Arvato-Projekt gestellt. Geantwortet hat nicht einmal die Hälfte.
Laut Gemeindeordnung hat der Stadtrat die Aufgabe, die Verwaltung zu überwachen. Doch mit dem Millionen-Flop „Würzburg integriert!“ will der Großteil des Stadtrats offenbar nichts mehr zu tun haben. Und zur Wahlkampfzeit erst recht nicht mit der Frage, ob man vielleicht nicht besser aufgepasst hätte. Dabei möchte der Wähler schon wissen, was die Volksvertreter mit seinem Geld anstellen. Geheim geht nicht!
Dem mag sich offenbar auch die öffentliche Hand nicht verschließen: 75 Arbeitsplätze hätte die Stadt WÜ abbauen wollen für ein Projekt mit zumindest zweifelhaftem Nutzen.
Gleichzeitig herrscht insbesondere bei den Ländern als Trägern der "Bildungshoheit" eine ziemliche Funkstille, wenn es um zeitgemäße Konzepte zur Ausbildung des Nachwuchses geht (oder man haut seinen Staatsbürger/innen so Dinge wie das G8 um die Ohren, während Erfolgsmodelle in/ aus anderen Ländern als Teufelszeug gelten).
Und dann wird sich allenthalben über "Fachkräftemangel" beklagt (im Endeffekt auch auf Gebieten, wo es eigentlich niemand erwartet hätte - z. B. Hausärzte).
Irgendwas ist hier faul im Land. Ob wir es noch erleben, dass man endlich Nägel mit Köpfen macht statt immer nur (halbherzig) untaugliche "Prestigeprojekte" anzuschieben???
Weniger wäre hier oftmals mehr. Beispiel: Spare einen Behördengang indem ein Formular einfach heruntergeladen oder telefonisch auf dem Postweg angefordert werden kann.
Als IT-Fachmann sage ich man braucht auch keine Informatik studiert zu haben um zu erkennen woran derartige Projekte häufig vorab zum scheitern verurteilt sind. Wenn z.B. Arbeitsplätze wegrationalisiert werden sollen und man ist auf die Zusammenarbeit derer angewiesen die wegrationalisiert werden sollen dann sollte klar sein daß hier Widerstände zu erwarten sind.
Meine Eindrücke und Erfahrung in derartigen Prestige-Projekten sind:
- sie gehen vielfach am Bedarf vorbei
- Kosten werden kleingerechnet
- sie sind zu ambitioniert, die Konsequenzen werden nicht durchdacht.