Die Stadtverwaltung ließ die 120 Tauben auf dem Dach der Galeria Kaufhof einfangen und nach Darmstadt bringen. Kosten: 7000 Euro, pro Vogel 58 Euro. Nutzen: Zweifelhaft, da Tauben vermutlich in die 92 Kilometer Luftlinie entfernte Heimat zurückfliegen.
Umwelt- und Ordnungsreferent Wolfgang Kleiner begründet in einem Brief, der der Redaktion vorliegt, die Umsiedelung zwischen Januar und Juli mit der „massiven Taubenproblematik an der Seitenfassade Hahnenhof am Falkenhof“.
Dabei handle es sich „um vier Tauben, die die Seitenfassade permanent besiedeln und diese durch Kotabsetzung massiv verunreinigen“, schreibt Kleiner. Rund 30 Tauben würden außerdem im Eingangsbereich des Kaufhofs leben.
Als „nachhaltige Alternativlösung“ zur Vergrämung beschreibt Kleiner das Projekt „Stadttauben Umsiedlung“. Im Auftrag der Stadt betrieb die Darmstädter Firma Kleinlogel sechs Monate lang einen „Fangschlag“ auf dem Dach der Galeria Kaufhof, lockte Vögel an und transportierte sie in die Nähe von Darmstadt. Dort seien sie vier Wochen lang gefüttert und dann frei gelassen worden.
Laut Stadt kostete die Aktion rund 7000 Euro, ihr Anteil betrage etwa die Hälfte. Die Galeria Kaufhof hat sich beteiligt. Die Geschäftsführung will zum Thema nichts sagen. Auch Referent Kleiner äußert sich auf Anfrage dieser Redaktion nicht direkt und lässt Rathaussprecher Georg Wagenbrenner erklären: „Nach dem vorläufigen Abschluss des Projektes Ende Juli hat sich die Situation im gesamten oberen Markt deutlich verbessert.“ Anliegende Geschäftsleute hätten sich für das Engagement von Stadt und Galeria Kaufhof bedankt.
Tierschutzorganisationen bezweifeln diesen Erfolg. Als „langfristig betrachtet erwiesenermaßen vollkommen wirkungslos“ bezeichnet das Bündnis Bayerischer Tierrechtsorganisationen (BBT) die Verschickung von Tauben. Der Bestand lasse sich so nicht reduzieren. Denn: „Die monogamen Tiere fliegen zu ihrem Partner zurück nach Würzburg“, sagt Robert Derbeck vom BBT. Außerdem würden entfernte Alttiere im Schwarm automatisch durch mehr Jungtiere ersetzt werden.
Die Aktion sei tierschutzrechtlich nicht erlaubt und Tierquälerei: „Falls Muttertiere eingefangen werden, verhungern ihre Jungen.“ Laut Derbeck zeuge die Maßnahme von „fehlender fachlichen und juristischer Kompetenz.“ Dagegen erklärt die Stadt, dass sowohl das Veterinäramt von Würzburg als auch das von Darmstadt die Aktion als tierschutzrechtlich konform eingestuft hätten. In Rüsselsheim sei sie erfolgreich umgesetzt worden.
Auch der Verein „Menschen für Tierrechte“ kritisiert Kleiner. Susanne Pfeiffer: „Niemand kontrolliert, wie viele Tauben langfristig wieder zurückfliegen. Insofern ist das eine Verschwendung von Steuergeld.“ Und wenn tatsächlich Vögel in Darmstadt blieben, sei das erst recht problematisch: Die Stadt hat selbst ein Taubenproblem. Nächste Frage: „Wer garantiert, dass die eingefangenen Tauben nicht getötet werden?“
Antworte der Stadt: „Die Firma Kleinlogel hat nachdrücklich versichert, dass keine Tauben getötet werden.“ Auf Nachfrage der Main-Post will die Schädlingsbekämpfungsfirma Kleinlogel nicht über das Projekt sprechen und verweist auf ihren Auftraggeber.
Im Januar hatte Referent Kleiner den Bau- und Ordnungsausschuss über sein Umsiedelungsprojekt informiert. Nachfragen hatte lediglich Stadtrat Erich Felgenhauer. Er lehnt die Sache sowohl aus Gründen des Tierschutzes als auch wegen der schlichten Tatsache ab, „dass man seinen Dreck nicht anderen vor die Tür legt“.
Jetzt hat Linken-Stadtrat Sebastian Roth das Thema noch einmal aufgerollt. Seine umfangreiche Anfrage soll der Ordnungs- und Umweltreferent an diesem Donnerstag im Stadtrat beantworten. Die Taubenpolitik Kleiners sorgte bereits in der Vergangenheit für Schlagzeilen: Von 2006 bis 2009 wurden die Vögel in seinem Auftrag mit rund 40 Kilo Getreide täglich gefüttert.
Wird es weitere Taubenumsiedelungen geben? Laut Wagenbrenner ist das möglich. „In Einzelfällen, wo besonders starke Verschmutzungen durch Taubenkot auftreten“ könnten diese eine „rasch wirksame Unterstützungsmaßnahme“ des bestehenden Würzburger Taubenkonzeptes sein.
Würzburger Taubenkonzept: In den vier Taubenhäusern im Ringpark (jeweils rund 100 Nistplätze) und Schlägen im Rathausdach (90 Plätze) und im Quellenbachparkhaus (280 Plätze) werden brütenden Vögeln Eier weggenommen und durch Gipseier ersetzt. Die Kosten für Pflege, Material und Instandhaltung der Häuser und Schläge bewegen sich laut Stadt in einem mittleren vierstelligen Bereich. 2000 bis 5000 wildbrütende Tauben gibt es laut Experten in der Stadt. Ziel des Konzeptes ist es, ihre Anzahl auf rund 1500 zu reduzieren.
Die Felsentaube (Columba livia) ist die Stammform der Haustauben. Heute gibt es in Deutschland mehr als 260 gezüchtete Taubenrassen. Die Stadttaube hat eine Körperlänge von 31 bis 34 Zentimeter und brütet zwei- bis viermal pro Jahr. Die Paare leben monogam.
In "Brehms Thierleben" heißt es: "Sinne und geistige Fähigkeiten der Felsentaube sind wohl entwickelt. Die wilde läßt sich zwar nicht leicht beobachten; bei der zahmen aber bemerkt man bald, daß man es mit klugen und verständigen Vögeln zu thun hat. Ihr Wesen ist ein Gemisch von gutem und bösem. Sie ist friedfertig und verträglich, richtiger vielleicht gleichgültig gegen andere Thiere und lebt so ziemlich in Frieden."
Und die Aktion ist richtig preiswert, wo mir im Zusammenhang mit Athen bzw. Griechenland doch ganz andere Summen in Erinnerung sind!
stadtauben sind nichts anders als flugratten. nur weil diese viecher flügel haben werden sie nicht wie die "bodengebunden" ratten vergiftet/erschlagen etc.
ich denke, diese lausigen, verzeckten und kranken tauben in den städten geheören nicht umgesiedelt, sondern getilgt. solange es immer noch leute gibt, die tauben - trotz fütterungsverbot - füttern, wird es keine natürliche auslese geben. da muss eben nachgeholfen werden. fangen und töten. das ist die lösung. eine sicher lösung.
daß Tauben u.a.schon auch mal Probleme machen,...keine Frage.
Aber es gibt auch andere Lösungen.Erprobt in europäischen Großstädten.
Ihre Wortwahl, das dahintersteckende "Denken" erschrecken mich ein wenig.
Machen Angst. (Auch wenn ich kein Buddhist bin.) Nix für ungut.
wie man von dieser empathielosen Zerstörerwut nur "ein wenig" erschreckt sein kann, erschreckt mich zutiefst. Oder sollte das Ironie gewesen sein? Ja, Wortwahl und dahintersteckendes Denken (Nichtfühlen) machen Angst. Große Angst. Aber was Täter schreiben, druckt die Main Post bedenkenlos ab, während sie die Wut der Opferschützer totschweigt. Bin ja mal gespannt, wie viele von meinen Kommentaren noch zensiert werden.