zurück
WÜRZBURG
St. Stephan: Am Sonntag wird mit dem Landesbischof das 1000-jährige Bestehen gefeiert
Robert Menschick
 |  aktualisiert: 26.06.2014 16:10 Uhr

Mit Würzburg verbinden die meisten vor allem den katholischen Bischofssitz. Dabei kamen aus Unterfranken auch wichtige, wenn nicht sogar die entscheidenden Impulse für die Gründung der heutigen evangelischen Landeskirche.

So hatten sich das Benediktinerabt Gerhard III. und seine Mönche sicher nicht vorgestellt: Im Revolutionsjahr 1789 ließ der Orden die romanische Basilika St. Stephan in Würzburg durch ein klassizistisches Gotteshaus ersetzen – doch bereits im Jahr 1803 wurde das Kloster samt Kirche im Zuge der Säkularisation aufgelöst. Kurz später wurde St. Stephan dann auch noch zur evangelischen Universitäts-, Militär- und Gemeindekirche. Die Kirche ist sozusagen eine Keimzelle des evangelischen Würzburgs - und auch darüber hinaus von großer Bedeutung. Am 29. Juni werden mit einem Festgottesdienst „1000 Jahre St. Stephan“ gefeiert.

Gegründet wurde die Kirche von Bischof Heinrich I. von Würzburg im Jahr 1014 als Chorherrenstift – damals noch unter dem Patrozinium „Peter und Paul“. Erst ein knappes Jahrhundert später, um das Jahr 1108, ist Stephanus als Hauptpatron nachweisbar. Die romanischen Wurzeln der Kirche sind heute noch in der dreischiffigen Krypta gut zu erkennen, das damalige Kloster florierte und expandierte, bis es 1803 geschlossen werden musste. Während die Kirche den Evangelischen zufiel, wurden im Kloster eine Schule und später ein orthopädisches Institut sowie die Regierung von Unterfranken untergebracht.

Erster evangelischer Gemeindepfarrer Würzburgs war der reformierte Feldprediger Carl Heinrich Fuchs aus Heidelberg. Am Reformationstag 1802 hatte er am Sanderrasen den ersten öffentlichen Gottesdienst gehalten. Die damalige evangelische Würzburger Gemeinde entstand durch den Einmarsch der pfalz-bayerischen Truppen am 3. September 1802 – damit endete die Zeit des Fürstbistums Würzburg und in der Stadt konnte sich wieder ein evangelisches Leben etablieren. Im Januar 1803 wurde das Toleranzedikt in der Stadt verkündet, das die Grundlage für die Gleichberechtigung der Konfessionen schuf. Fuchs wurde schließlich auch erster Gemeindepfarrer in St. Stephan. Die erste noch erhaltene Gemeindegliederliste aus dem Jahr 1806 umfasst 264 Zivilpersonen, die meisten darunter waren Dienstboten, Gesellen, Studenten und Beamte.

Würzburg sollte im evangelischen Bayern eine wichtige Rolle einnehmen – an der Universität Würzburg sollte nämlich ursprünglich, bevor Erlangen den Zuschlag bekam, der theologische Nachwuchs der Protestanten in Bayern ausgebildet werden. Insgesamt vier Theologieprofessoren wurden berufen, darunter auch der spätere bayerische „Schulreformator Friedrich Immanuel Niethammer. Eine besondere Rolle spielt Würzburg – und damit vor allem St. Stephan – auch bei der Entwicklung der evangelischen Kirchenstruktur in Bayern. Der ehemalige evangelische Dekan Professor Martin Elze schreibt dazu: „Mit guten Gründen kann man sagen: Würzburg ist die Keimzelle der jetzigen evangelisch-lutherischen Landeskirche in Bayern.“ St. Stephan sei die erste neue evangelische Gemeinde" im damaligen Kurfürstentum gewesen, dort entstand das „bayerische Konsistorium, das die Voraussetzung für die einheitlich verfasste evangelische Kirche in ganz Bayern schuf“, erläuterte Elze weiter.

St. Stephan hatte somit 1804 nicht nur den vermutlich ersten Kirchenvorstand in Bayern, es entstand auch eben jenes Konsistorium für die fränkischen Gebiete im damaligen Bayern. In Würzburg wurden erste Erhebungen über den Bestand evangelischer Gemeinden in Franken vorgenommen, es entstand der Entwurf für das erste bayerische Gesangbuch.

Wichtig sind zudem die Würzburger Vorarbeiten etwa für das Religionsedikt von 1818. Das Dokument gilt als Gründungsurkunde der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Das erklärt, warum der Tausend-Jahr-Festgottesdienst in St. Stephan kein ganz gewöhnliches Kirchenjubiläum ist. Zur Feier mit Würzburgs evangelischer Dekanin Edda Weise kommt deshalb auch Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm nach Unterfranken, in die „Wiege“ der heutigen bayerischen Landeskirche.

1000 Jahre St. Stephan

Das Jubiläumskonzert „Dies ist das Haus Gottes“ mit Werken von Hildegard von Bingen, Claudio Monteverdi und John Rutter unter der Leitung von Dekanatskantor Christian Heidecker beginnt am Samstag, 28. Juni, um 20 Uhr in der Dekanatskirche St. Stephan, Wilhelm-Schwinn-Platz, Würzburg. Karten zu 10 und ermäßigt 7 Euro sind an der Abendkasse erhältlich. Das Jubiläumsfest beginnt am Sonntag, 29. Juni, um 10 Uhr in St. Stephan mit einem Festgottesdienst mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Um 10.15 Uhr findet ein Familiengottesdienst im Rudolf-Alexander-Schröder-Haus statt. Anschließend startet das Festprogramm im Regierungsgarten hinter St. Stephan mit Kirchenzug, Luftballonstart, Sektempfang und Fest.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Robert Menschick
Benediktineräbte
Bischofssitze
Claudio Monteverdi
Edda Weise
Evangelische Kirche
Hildegard von Bingen
John Rutter
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Keimzellen
Landesbischöfe und Landesbischöfinnen
Landeskirchen
Regierung von Unterfranken
Theologieprofessoren
Unterfranken
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Warum feiern Protestanten dieses Datum?
    Der Artikel an sich zeigt es schon. 1000 Jahre gut und schön, aber an sich fängt die Geschichte ja erst 1803 an als es von den Protestanten übernommen worden ist. Klasse! Wird man auch den Bezug zur Kirche nehmen? Zur eingeleiteten Trennung? Zur katholischen Tradition der Kirche? Ich glaube es nicht dass so etas passiert.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten